Sonntag, 20. Dezember 2015

Hospiz: Sterben in Würde

Die Umfragen beweisen es: in ihrer vitalen Lebensphase bereisen die Menschen den halben Globus - aber sterben möchten sie zuhause. Abgesehen von der bäuerlichen Landbevölkerung, ist dies heute nur noch wenigen vergönnt. Die meisten Menschen sterben in Krankenhäusern, Pflegestationen und Altenheimen. Häufig in den Operationssälen oder Intensivstationen, mit Kabeln und Schläuchen angeschlossen an blinkende Apparate. Die kurative Medizin bemüht sich dort um sie oft bis zum Lebensende. Häufig erleiden sie  einen einsamen Tod.

Aber seit einigen Jahren ändert sich das. Mehr und mehr öffnen sich die Krankenhäuser - beispielsweise die Städtische Klinik Karlsruhe oder das Vincentiuskrankenhaus - den Bedürfnissen der Schwerkranken, denen keine ärztliche Hilfe mehr Heilung verschaffen kann, die - in der Fachsprache - "austherapiert" sind. Dies geschieht durch den Aufbau von Krankenstationen, bei denen die Patienten, welche auf dem Sterbeweg sind, palliative Schmerztherapie, Pflege und Sterbebegleitung durch stationäre oder ambulante Hospizmitarbeiter erfahren. Neben diesen stationären Palliativstationen gibt es auch die "Spezialisierte ambulante Palliativversorgung" (SAPV) oder die "Brückenschwestern".

Andernorts entstehen stationäre Hospize, die in der Art von kleinen Pflegeheimen mit wenigen Zimmern die Schwerstkranken von den Krankenhäusern oder aus überlasteten Familien aufnehmen und sie bis zum Tode begleiten. In der Region Karlsruhe befinden sich solche stationären Hospize in Ettlingen oder bei Baden-Baden. Die organisatorischen Träger sind in der Regel die Caritas oder die Diakonie. Finanziert werden diese Hospize durch die Krankenkassen und durch Spenden. Jeder Versicherte hat bei Vorliegen einer entsprechenden Diagnose einen Anspruch auf Hospizleistungen.

Die Sterbebegleiter und ihre Ausbildung

Die Sterbebegleitung wird fast ausschließlich durch Ehrenamtliche  geleistet. In Baden-Württemberg gibt es rd. 6.000, in der Region Karlsruhe rd. 70 Menschen, die sich für ambulante oder stationäre Hospizdienste zur Verfügung stellen. Zu zwei Dritteln sind es Frauen jeglichen Alters, aber auch das Interesse der männlichen Bevölkerung ist im Steigen. In Karlsruhe gibt es sogar einen (emeritierten) 71-jährigen Physikprofessor und einen 30-jährigen Doktoranden der Elektrotechnik, welche sich zur Begleitung sterbender Menschen zur Verfügung gestellt haben. Im einen Fall war es das Bedürfnis im Ruhestand  noch einmal "etwas ganz anderes" für die Gesellschaft zu tun, im anderen Fall wurde ein emotionaler Ausgleich zur rationalen beruflichen Tätigkeit gesucht.

Jeder, der Neigung für diese "Arbeit" hat, kann sich ohne Scheu für den Hospizdienst bewerben. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter werden auf ihre künftige Tätigkeit sehr sorgfältig vorbereitet. Dies geschieht mit Wochenendseminaren und Vorträgen sowie mit einem Praktikum z. B. in einem stationären Hospiz oder in einer Palliativstation. Einmal im Monat treffen sich diese Mitarbeiter zu einer Art Gruppentherapie, der Supervision. Dort kann jeder von seinen Problemen aus der Begleitung oder von privaten Sorgen erzählen. Stirbt der Patient dann geht in der Regel der Hospizmitarbeiter mit zur Beerdigung und trifft sich (im Sinne einer Nachsorge) noch einige Male mit den Angehörigen.

Vom Leben zum Tod

Etwa ein bis zwei Mal pro Woche besucht der ausgebildete Ehrenamtliche von der Hospizorganisation einen Schwerkranken oder Sterbenden manchmal über Wochen oder Monate. Die "Zuordnung" leitet dabei eine hauptamtliche Hospizmitarbeiterin nach ihrem Erstbesuch mit viel Fingerspitzengefühl für beide Seiten ein. Der erste Besuch der oder des Ehrenamtlichen mag mit einer gewissen Nervosität verbunden sein, die sich aber in der Regel bald legt. Das wichtigste für den Sterbebegleiter ist, dass er ZEIT mitbringt. Zeit, Zeit und nochmals Zeit! Das unterscheidet ihn von den Ärzten und dem Pflegepersonal, welche zumeist in einen engen, getakteten Terminplan für viele Patienten da sein müssen.

Wie man den Kontakt zum Schwerkranken findet, darüber gibt es kein Patentrezept. Manchmal genügt es schon, wenn der Hopizmitarbeiter neben dem Bett des Patienten sitzt und ihm das Gefühl vermittelt, dass er nicht allein ist und, dass er nicht nach zwei Minuten wieder verlassen wird.  Aus dieser ursprünglichen Idee der "Sitzwache" ist, ausgehend von England, die Hospizbewegung in den achziger Jahren in Deutschland entstanden. Die Gespräche im Sterbezimmer sind weder poetisch noch intellektuell. Für den Sterbebegleiter heißt es: aufnehmen, was da ist, darauf eingehen, damit arbeiten. Der Patient macht die Regeln, gibt die "Tagesordnung" vor. Es ist die Aufgabe des/der Ehrenamtlichen das zu begleiten, was er "vorfindet".

So ergeben sich die Gespräche meist von selbst und ranken häufig um banale Dinge. Oft erzählt der Kranke von Vorfällen in seinem Leben, die er nicht bewältigt hat und die er in den letzten Stunden noch sortieren und loswerden möchte. Allerdings: Sterbende brauchen ein stabiles Gegengewicht. Wer psychisch mit sich selbst nicht im Einklang ist, kann ihnen nicht frei und unbefangen begegnen. Am Lebensende spüren die Menschen Ängste und Befürchtungen des anderen recht schnell. Aber, wenn es gut läuft, profitieren von der Sterbebegleitung beide Seiten.

Sterben ist ein Prozess, der sich oft über Tage und Wochen hin zieht. Der Mensch stirbt nicht auf einen Schlag, sondern die Organe stellen meist nach und nach die Arbeit ein, häufig zuallererst das Gehirn. Danach bricht die Koordination des Körpers zusammen. Der Schriftsteller Wolfgang Herrndorf hat es einmal beschrieben als "die Mitteilung des Universums an das Individuum, dass es nicht mehr gebraucht wird". Herrndorf war knapp fünfzig, als ihn ein besonders heimtückischer Hirntumor überfiel. Dreieinhalb Jahre hat er mit diesem Krebs überlebt und unsentimental darüber geschrieben:

"Ein großer Spaß, dieses Sterben. Nur das Warten nervt".

Samstag, 12. Dezember 2015

Die WAK investiert in den Abriss

Normalerweise denkt man beim Abriss kerntechnischer Anlagen nicht an Neuinvestitionen. Diesen Weg geht die WAK GmbH jedoch - gezwungenermaßen - im ehemaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe beim Rückbau von zwei Kernkraftwerken (KNK, MZFR), einem Reaktor (FR 2) den sog. Heißen Zellen (HZ) und der Wiederaufarbeitungsanlage WAK. Die Zwischenläger für mittel- und leichtaktiven Abfall sind nämlich randvoll und neue Läger werden gebraucht. Neben dem schon lange im Zentrum existierenden Zwischenlager entstehen in den kommenden Jahren zwei neue Läger für genau diese Abfallkategorien. Der Grund für die Neubauinvestitionen ist, dass der Bund das Endlager Konrad in Niedersachsen immer noch nicht bereitstellen konnte.


Der Anlagenrückbau sowie der Lagerbetrieb
im ehemaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe
samt voraussichtlicher Erledigung

Ein neues Format der Information

Am 19. November 2015 wurde im Bürgerhaus der Gemeinde Linkenheim-Hochstetten  eine Informationsveranstaltung zu den geplanten Lagererweiterungen abgehalten. Sie kam bei den ca. 150 Besuchern sehr gut an, weil sie exzellent vorbereitet war. Eine große Anzahl bereits vorher eingereichter Fragen waren samt Antworten an den Schautafeln der Saalwände schon direkt ablesbar. Dazu kamen ein halbes Dutzend "hand-outs", auf denen in Wort und Bild auf die Planungen der WAK im Detail Bezug genommen wurde. Schließlich waren für die wichtigsten Themenfelder kompetente Fachleute aufgeboten, die an "Besprechungsinseln" auf zusätzliche, persönliche Fragen der Besucher eingehen konnten. Die Bautechnik, das Genehmigungsverfahren, der Strahlenschutz und die Entsorgung standen dabei im Vordergrund. Manche ortsbekannte Kernenergiegegner waren aber gerade mit diesem Präsentationsformat unzufrieden. Kein Wunder, konnten sie doch ihre (altbekannten und schon hundert Mal beantworteten) Fragen nicht mehr so wirkungsvoll und lautstark im Plenum coram publico artikulieren.

Die Zwischenläger für radioaktives Material sind im ehemaligen Kernforschungszentrum seit Ende der 1970er-Jahre mehrfach erweitert worden. Sie betragen derzeit 77.400 Kubikmeter für schwachradioaktive Abfälle, die in 77.500 Fässern und 13.500 Behältern verpackt sind. Ein Teil der Fässer sind an der Innenseite korrodiert. Sie werden ständig beobachtet und gegebenenfalls ausgetauscht. Das Lager für mittelradioaktive Abfälle ist auf ein Volumen von 700 Kubikmeter ausgelegt. Beide Lagergebäude sind nahezu vollständig gefüllt.

Zusätzlich zu den bereits bestehenden Zwischenlägern soll ein neues Lagergebäude für schwachradioaktive Abfälle errichtet werden. Es wird folgende Dimensionen haben: 120 m lang, 23 m breit, 22 m hoch. Die Wanddicke beträgt 0,8 m. Zusammen mit den bestehenden Lagerkapazitäten wird damit ein Bedarf von 98.000 Kubikmeter abgedeckt. In direkter Nähe wird ein weiteres Lager für mittelradioaktive Abfälle errichtet. Seine Dimensionen sind: 40 m lang, 39 m breit, 11 m hoch. Die Wanddicke beträgt 1,8 m. Das neue Lager hat das gleiche Volumen wie das bereits bestehende, nämlich 700 Kubikmeter. Die beiden Gebäude sollen bis 2020 betriebsbereit sein und werden ca. 60 Millionen Euro kosten.

Das Endlager Konrad, ein Trauerspiel

Die beschriebenen neuen Läger wären nicht notwendig, wenn es das deutsche Bundesendlager "Konrad" geben würde. Der sogenannte Schacht Konrad, benannt nach einem früheren Manager, ist ein stillgelegtes Eisenerz-Bergwerk bei Salzgitter in der Nähe von Braunschweig. Im Jahr 1975 traf man den Beschluss, Konrad zum Endlager für radioaktive Abfälle mit geringer Wärmeentwicklung in tausend Metern Tiefe umzubauen. (In Gorleben war die Lagerung des hochradioaktiven Atommülls vorgesehen). Wegen vieler Einwendungen dauerte das Planfeststellungsverfahren fast 20 Jahre. Nach weiteren fünf Jahren juristischer Streitigkeiten vor den Gerichten wurde die Genehmigung im März 2007 letztinstanzlich bestätigt. Seitdem wird am Umbau des Bergwerks gearbeitet, wobei die Einlagerungstermine immer wieder hinausgeschoben werden. Derzeit glaubt man, die ersten Fässer im Jahr 2022 in Konrad deponieren zu können; festlegen möchte sich das Bundesamt für Strahlenschutz jedoch noch nicht. Die gesamten Planungs- und Baukosten sind mittlerweile bei fast drei Milliarden Euro angelangt.


Das Endlager Konrad in der Draufsicht

Inzwischen lagert ein Großteil der deutschen schwach- und mittelradioaktiven Abfälle - oberirdisch(!) - im Zwischenlager des früheren Kernforschungszentrums, jetzt KIT Campus Nord. In unmittelbarer Nähe bewegen sich ständig 4.000 Mitarbeiter, neuerdings sind noch 1.100 Migranten hinzu gekommen. Die Strahlenschutzrisiken für diese Personen werden praktisch negiert, bei Konrad hingegen werden ständig neue Einwendungen vorgebracht zum Risiko der Reststrahlung in einem Kilometer Tiefe. Welch eine irrsinnige Diskussion!

Lange Zeitskalen

Die Nichtverfügbarkeit des Endlagers Konrad ist im Kern die Ursache dafür, warum es so schrecklich lange dauert, bis die eingangs genannten Bauwerke bis hin zur Grünen Wiese abgerissen sind.

Der Technische Geschäftsführer der WAK, Professor Manfred Urban, hat bei der Linkenheimer Informationsveranstaltung "entschuldigend" darauf hingewiesen, dass er noch im Kindergarten war, als WAK, KNK etc. gedanklich auf die Schiene gelegt wurden. Legt man die in der obigen Grafik vermerkten Rückbautermine (mitte der zwanziger Jahre, einschliesslich noch zu erwartender Verzögerungen) zugrunde, so wird der Professor den Abriss der ihm anvertrauten Projekte in seiner Berufszeit wohl kaum mehr erleben - außer, die Bundesregierung erhöht das Rentenalter exzessiv, was angesichts der sich abzeichnenden Finanzprobleme nicht ganz ausgeschlossen ist.

Aber auch die direkten Abkömmlinge (Söhne, Töchter) der heute dort arbeitenden Mannschaft wird in Rente sein, wenn die Abfallfässer zur Gänze abtransportiert sind. Allenfalls jemand aus der Enkelgeneration könnte in den Genuss kommen, den Komplettabriss und die Verfrachtung nach Konrad stolz der regionalen Bevölkerung präsentieren zu dürfen. Vermutlich ist dieser Projektleiter in spe heute noch nicht geboren.

Aber gemach! Diese langen Zeitskalen bergen nicht nur Mehrkosten, sondern auch potentielle Ersparnisse. Radioaktives Material hat nämlich die gute Eigenschaft mit der Zeit abzuklingen und "ungefährlicher" zu werden. Bereits jetzt strahlen die Fässer des hiesigen Zwischenlagers - verglichen mit 1990, dem Zeitpunkt der Stilllegung der WAK -  nur noch mit halber Intensität, wobei Cäsium und Strontium als Leitnuklide betrachtet werden. Und nach zwei weiteren Halbwertszeiten wird die anfängliche Aktivität sogar auf fast ein Zehntel abgeklungen sein.

Damit eröffnet sich die Möglichkeit, ab dem Jahr 2060 das radioaktive Material nicht mehr in teuer abgeschirmten Containern nach Niedersachsen zu verfrachten, sondern möglicherweise preiswert als DHL-Pakete oder gar via Amazon.

Sonntag, 6. Dezember 2015

Finnland genehmigt weltweit erstes Endlager

Die klugen und bedächtigen Finnen haben etwas geschafft, wovon wir Deutsche, in unserer aufgeregten Art, noch meilenweit entfernt sind: sie besitzen ein genehmigtes Endlager für hochradioaktiven Atommüll.

Vor ca. 40 Jahren begannen sie - ähnlich wie die Deutschen - mit Grundlagenversuchen zu diesem Thema. Drei geologische Formationen wurden genauer ins Visier genommen: Salz, Ton und Granit. Alle drei sind geeignet zur Aufnahme des hochradioaktiven Abfalls aus Kernkraftwerken, besitzen aber spezifische Vor- und Nachteile. Salz ist gut wärmeleitend und Hohlräume verschließen sich leicht. Es ist die Formation in Gorleben. Ton ist nicht wasserlöslich, deshalb setzen Frankreich und die Schweiz auf dieses Wirtsgestein. Das Kristallgestein Granit ist sehr stabil und wurde in Finnland ausgewählt. Ähnliche geologische Granitformationen befinden sich in Deutschland in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Bayern, sie sind aber oft mit Rissen behaftet.

Optimaler Standort

Die heimische Firma Posiva erhielt von der finnischen Regierung die Lizenz zur Auswahl des Standorts und zum Bau des Endlagers. Nachdem man sich auf Granit als Wirtsgestein geeinigt hatte, gab es Dutzende von Gemeinden, die sich als Standort für das Endlager anboten. Den Zuschlag erhielt die 6.000-Einwohner-Gemeinde Eurajoki . Der Ort für das geplante Endlager heißt Onkalo. Er befindet sich 230 Kilometer nordwestlich von Helsinki auf einer Halbinsel, wo bereits zwei Siedewasserreaktoren in Betrieb sind und ein dritter (EPR-Art) geplant ist. Die Transportwege zum künftigen  Endlager sind deshalb optimal kurz. Im Rahmen eines Erkundungsprojekts wird hier seit 2004 gebohrt und gesprengt. Die Grubengänge sind mittlerweile fast fünf Kilometer lang und reichen bis in eine Tiefe von 450 Meter Tiefe. Man kennt also die Ausdehnung und die Eigenschaften der Granitformation recht genau.


Luftbild der finnischen Halbinsel Olkiluoto:
Im Hintergrund sind zwei Kernkraftwerke zu sehen;
das bebaute Areal im Vordergrund gehört zum Endlager Onkalo.




Politische Unterstützung, Langfristüberlegungen

Bevölkerung und Politik waren in allen Projektphasen fest eingebunden. Die finnische Regierung hatte schon frühzeitig ihre Zustimmung zum Endlagerprojekt signalisiert. Im Jahr 2001 ratifizierte auch das finnische Parlament dieses Vorhaben mit 159 zu 3 Stimmen. Im Februar 2015 bestätigte die finnische Sicherheitsbehörde STUK die atomrechtliche Sicherheit des beantragten technischen Konzepts. Um das Jahr 2020 herum soll mit den ersten Einlagerungen begonnen werden.


Das Endlager bietet Platz für 6.000 Tonnen hochaktive Abfälle. Die abgebrannten Brennelemente werden in Spezialcontainern verstaut, welche mit Kupfer ummantelt sind. In 450 Meter Tiefe werden sie in entsprechend gebohrte Tunnellöcher geschoben. Diese sollen anschließend mit der Vulkanasche Bentonit versiegelt werden, die sofort aufquillt, falls sie in Kontakt mit Wasser kommt.


Zum oft diskutierten Problem der Langzeitrisiken haben die finnischen Endlagerforscher folgende Position: Ihrer Meinung nach lassen sich die vergangenen geologischen Veränderungen in und auf der Erde über Jahrmillionen nachvollziehen. Die Geologen analysieren diese Veränderungen der Vergangenheit und ziehen daraus Rückschlüsse über mögliche Entwicklungen in der Zukunft. So können Prognosen für unterschiedliche Gesteine und Erdschichten bis zu einer Million Jahre im Voraus erstellt werden.


Diese Forscher weisen nach, dass die geologischen Veränderungen an der Erdoberfläche wesentlich rasanter vonstatten gehen als die Vorgänge im tiefen Untergrund. Je tiefer man gräbt, desto besser lassen sich also verschiedene Gefahren wie Erosion durch Flussläufe Erdrutsche oder Eiszeiten umgehen. Beispielsweise kann man in den kommenden eine Million Jahren mit etwa zehn Eiszeiten rechnen. Eine Million Jahre ist recht kurz im Vergleich zur Entstehungsgeschichte der Erde, die sich über 4.500 Millionen Jahre erstreckt. Damit die Eiszeiten und die mit ihnen einhergehenden geologischen Veränderungen keine Gefahr für ein atomares Endlager darstellen, müssen die Abfälle tief genug unter Tage eingelagert werden. Aus den Analysen der Vergangenheit weiß man, dass Gletscher schon 250 Meter tiefe Rinnen in die Erde gefräst haben. Geht man davon aus, dass sich zukünftige Eiszeiten nicht sehr viel anders abspielen werden als vergangene, so sollte man mit einer Erosion bis zu 300 Meter Tiefe rechnen. Die Einlagerungssohle muss also tiefer liegen, was in Olkiluoto mit 450 Meter der Fall ist. Bergwerke in dieser Tiefe sind nicht problematisch; in Deutschland hat man die maximale Tiefe von Endlagerstollen auf 1.500 Meter festgelegt.


Inzwischen denkt auch das Nachbarland Schweden über ein ähnliches Endlager in Granit nach. Man darf gespannt sein, wie diese Entwicklungen in Skandinavien die öffentliche Diskussion in Deutschland beeinflussen.