Samstag, 27. Oktober 2018

Die schlimmsten Fehler und Irrtümer bei der Energiewende

Die sogenannte Energiewende ist das mit Abstand teuerste deutsche Projekt seit der Wiedervereinigung. Die Kosten der Eingliederung der ehemaligen DDR-Gebiete betrugen ca. 1.500 Milliarden Euro; für die Energiewende veranschlagt man rund das Doppelte. Inzwischen sind ca. 40 Prozent der vorgesehenen Investitionen und Desinvestitionen (Kernkraftwerke!) erledigt; die kostenträchtigen Nord-Süd-Gleichstromleitungen sind stark in Verzug.

In einer Zwischenbilanz lassen sich die schlimmsten Fehler und Irrtümer dieses Großprojekts bereits jetzt benennen. Dies soll im Folgenden für die Vergangenheit, die Gegenwart und die (absehbare) Zukunft geschehen. Es muss befürchtet werden, dass die Energiewende im kommenden Jahrzehnt - insbesondere aus technischen und energiewirtschaftlichen Gründen - vor die Wand läuft. Unter Hinterlassung gigantischer nichtrentierlicher Kosten!


Die Vergangenheit

Im Folgenden werden die wichtigsten  politischen und gesetzgeberischen Entscheidungen bei der Energiewende benannt und kurz analysiert.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG):

An diesem grundlegenden Gesetz, das - kein Aprilscherz! - am 1. April 2000 von der Regierung Schröder/Trittin beschlossen wurde, ist bereits der Name falsch. Der Öko-Begriff "erneuerbare Energien" ist physikalisch schlicht unsinnig, denn nach dem Energieerhaltungssatz  kann man Energie weder erschaffen noch vernichten, sondern lediglich in verschiedene Formen umwandeln. Ein weiterer beliebter Öko-Spruch "Wind und Sonne schicken keine Rechnung" stimmt zwar formal, aber diese Naturphänomene schicken auch keinen Strom.

Eine strukturelle Schwäche des EEG beruht darin, dass es bestimmte Energietechniken, wie Wind- und Solarstrom vorgibt und finanziell exzessiv fördert. Sinnvoller wäre es gewesen, die Stromeinsparziele vorzugeben und die Wahl der dafür notwendigen Techniken dem Wettbewerb zu überlassen. Außerdem zielt das EEG praktisch nur auf die Stromwirtschaft, die übrigen Sektoren Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft kommen darin praktisch nicht vor.

Auch die Vorrang-Einspeisung von Wind- und Sonnenstrom in das Netz widerspricht den elementaren Regeln des Wettbewerbs. Bei diesem System spielen die Fixkosten der erneuerbaren Energien quasi keine Rolle. Stattdessen werden die variablen Kosten zu Null eingesetzt, eben "weil Wind und Sonne keine Rechnung stellen". Auch die betrieblichen Wartungskosten fallen bei dieser seltsamen Kalkulation unter den Tisch. So war es kein Wunder, dass die Betreiber von Photovoltaik- und Windkraftanlagen immer bevorzugt ins Netz einspeisen durften, denn sie waren politisch praktisch "gesetzt".

Auch die EEG-Umlage, die garantierte Vergütung nach den Fördersätzen des EEG, stieg rasant an. Zu Beginn, im Jahr 2003, waren es noch bescheidene 0,41 Cent pro Kilowattstunde, zehn Jahre später war die Umlage auf satte 6,28 Cent/kWh gestiegen. Bundesumweltminister Jürgen Trittin prognoszierte im Jahr 2004, dass die Umlage in einem privaten Haushalt "nicht mehr als eine Kugel Eis pro Monat" kosten sollte; inzwischen kann man damit locker die Eiskarte rauf und runter essen. Parallel dazu stiegen die Zahlungsverpflichtungen inzwischen auf 20 bis 30 Milliarden Euro pro Jahr an. Kein Wunder, dass die Strompreis in Deutschland damit von 15 auf 30 Cent/kWh gestiegen ist, womit wir internationaler Spitzenreiter geworden sind.

Die hohen Subventionen bei Sonnen- und Windstrom hat in der Folge die internationale Konkurrenz angelockt und die deutsche Komponentenindustrie wirtschaftlich zerstört. Ein Beispiel dafür sind die Solarkollektoren. Ab 2010 drängte die chinesische Firma Suntec Power auf den Markt und trieb auch die prominenten deutschen Solarunternehmen in den Ruin. Die Firma Bosch musste im Frühjahr 2013 seine Kollektorwerke in Ostdeutschland schließen und alle 3.000 Mitarbeiter entlassen - inklusive Chef Franz Fehrenbach. Ähnliches geschah wenige Monate später bei Siemens. Der Konzern gab seine gesamte Solarbranche auf und setzte den Oberpfälzer Joe Kaeser (anstelle von Peter Löscher) an die Spitze.


Die Stilllegung der Kernkraftwerke

Den ersten Schlag gegen die deutschen Kernkraftwerke (KKW) führte im Dezember 2001 der Bundesumweltminister Jürgen Trittin. Mit seinem "Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung" reduzierte er die Gesamtlaufzeit der KKW auf 30 bis 35 Volllastjahre (VLJ). (International waren damals bereits 40 bis 50 VLJ üblich.) Außerdem zwang Trittin die Energieversorgungsunternehmen (EVU) die kleineren KKW Stade und Obrigheim sofort stillzulegen.

Die EVU leisteten damals nur geringen Widerstand. Offensichtlich hofften sie auf eine zukünftige konservative Regierung, welche die Laufzeitlimitierung in ihrem Sinne wieder aufheben würde. Dies geschah tatsächlich im Herbst 2009, als die Christdemokraten und Liberalen eine schwarz-gelbe Koalitionsregierung bilden konnten. Trittins Laufzeitlimit wurde für die noch betriebenen 17 KKW auf 40 Jahre angehoben. In den USA wurden inzwischen atomrechtliche Genehmigungen für eine Laufzeit von 40 Jahren erteilt - mit ein zusätzlichen Option für weitere 20 Jahre. In Schweden hob der Reichstag im Juni 2010 ein früheres Gesetz zum Ausstieg aus der Kernenergie komplett auf..

Das änderte sich radikal, als es am 11. März 2011 in der japanischen Region Fukushima zu einem Monstererdbeben mit einem nachfolgenden Tsunami kam. An den vier dortigen zerstörten Kernkraftwerken gab es zwar keine strahlenbedingte Todesfälle, aber die anschließende Wasserwelle forderte 20.000 Tote. In Deutschland war Angela Merkel, die frühere Befürworterin der Kernenergie zu einer strikten Gegnerin geworden. Als Bundeskanzlerin ordnete sie die sofortige Stilllegung der acht Kernkraftwerke Biblis A+B, Neckarwestheim I, Brunsbüttel, Isar I, Krümmel, Philippsburg 1 und Unterweser an. Die restlichen neun KKW sollten nach Stufenplan bis zum Jahr 2022 ebenfalls abgeschaltet werden. Am 30. Juli 2011 wurden die sogenannten Ausstiegsgesetze im Bundestag - mit nur wenigen Gegenstimmen - beschlossen.

Es nützte wenig, dass die hundert Experten der Reaktorsicherheitskommission (RSK) nach zweimonatiger Beratung im April 2011 einen 115-seitigen Bericht zu den Vorgängen in Fukushima vorlegten. Darin kamen sie zu der Feststellung, dass ein ähnlich schwerer Unfall an deutschen Reaktoren nicht möglich sei. Zum einen, weil die geologischen Verhältnisse dies nicht zulassen würden, zum anderen, weil die deutschen KKW gegen Störfälle viel besser ausgelegt seien. Diese Prüfergebnisse wurden von den politischen Entscheidungsträgern und den Medien jedoch weitgehend ignoriert.

Stattdessen setzte die Bundeskanzlerin eine sogenannte "Ethikkommission" ein, um ihren Ausstiegsplänen eine argumentative Basis zu verleihen. Dieser Kommission gehörten keine Fachleute der Kernkraftwerksbetreiber an, wohl aber hohe Würdenträger aus der katholischen und evangelischen Kirche. Der Münchener Kardinal Reinhard Marx gab den Ton vor, indem er schlicht die Kernkraft zum "Teufelszeug" erklärte. Im Mai 2011 legte die Ethikkommission ihren Abschlussbericht vor und die Bundeskanzlerin konnte zufrieden sein. Darin stand zu lesen: "Der schnellstmögliche Ausstieg aus der Kernenergie ist ethisch gut begründet; im besten Fall kann der Zeitraum für den Ausstieg sogar noch verkürzt werden."

Die Energieerzeuger hätten es in der Hand gehabt, den politisch gewollten Ausstieg aus der Kernenergie zu verhindern, oder zumindest zu verzögern. Dafür hätte eine einfache Klage gegen die Stilllegungsanordnung der Länder genügt. Juristisch wäre es den EVU dann gestattet gewesen, ihre Anlagen weiter zu betreiben. Um dies zu verhindern, hätten die Behörden ihre Stilllegungsverfügungen mit Sofortvollzug ausstatten müssen. Dafür hätten sie aber eine saubere sicherheitstechnische Begründung beilegen müssen. Angesichts des seriösen RSK-Gutachtens (siehe oben) wäre ihnen das aber kaum gelungen. Nun, die EVU wagten in dieser turbulenten Zeit nicht die Konfrontation mit den Ministerien, vermutlich auch mit Rücksicht auf die kerntechnikfeindliche Stimmungslage in der Bevölkerung.


Die Gegenwart

Massiver Verzug bei den Stromleitungen

Das derzeit drängendste Problem bei der Energiewende ist der Ausbau der Stromtrassen von Nord- nach Süddeutschland. Vier Trassen sind dafür vorgesehen; von West nach Ost sind dies: der Korridor A von Emden nach Philippsburg, der Südlink von Brunsbüttel nach Stuttgart (bestehend aus zwei parallelen Leitungen) sowie der Südostlink von Magdeburg nach Landshut. Von diesen insgesamt 7.700 Kilometern Neubau oder Netzverstärkung sind aktuell 1.750 km genehmigt, aber erst 750 km wirklich gebaut. Nicht ganz schuldlos an dieser Misere  sind die vier Netzbetreiber Amprion, TransnetBW, Tennet und 50Hertz. Sie arbeiten - vertragsgemäß! - auf der Basis cost plus fee und machen immer ihren Gewinn, egal wie lange das Projekt sich hinzieht. Deswegen werden sie demnächst bei schuldhaften Verzögerungen mit einem Strafgeld bis zu 10 Millionen Euro belegt; bislang waren es nur schlappe 100.000 Euro.

Die Kosten für die genannten Stromautobahnen werden auf 20 Milliarden abgeschätzt. Mit ihrer Fertigstellung rechnet man frühestens im Jahr 2025. Inzwischen legen sich die (zumeist betroffenen) Landwirte nicht nur bei den Freileitungen, sondern auch bei der Erdkabelverlegung quer, welche 5- bis 10-fach höhere Kosten verursacht. Die Bauern sind mit der üblichen einmaligen Entschädigung für die Nutzung ihrer Grundstücke nicht mehr einverstanden, sondern verlangen eine jährliche Summe auf ihr Konto. Bei den Netzbetreibern hat man dafür den schönen Namen "Bauernmaut" erfunden.


Der Streit um die Braunkohle

Seit Monaten tobt ein Streit um den Hambacher Forst. REW möchte dort ein Wäldchen roden, wurde aber - quasi in letzter Minute - vom Verwaltungsgericht gestoppt. In der Essener Zentrale ist man trotzdem zuversichtlich, dass der Konzern schließlich obsiegen wird. Denn die Argumente der Baumschützer sind dünn. Wo waren sie, als in den deutschen Mittelgebirgen (Schwarzwald, Fichtelgebirge) ein vielfach größerer Baumbestand geschlagen wurde, um Zufahrtstraßen und Standorte für die dort geplanten Windmühlen bereit zu stellen?

Eine vom Bundesumweltminister Peter Altmaier eingerichtete "Kohlekommission" soll den Streit nun schlichten. Innerhalb von nur sechs Monaten soll dies Gremium bis Weihnachten einen Endbericht vorlegen, aus dem unter anderem hervorgeht, wie lange man in Deutschland noch Braunkohle baggern will und welche Nachfolge-Beschäftigung es für die 10 bis 20.000 freigesetzten Kumpels gibt. Bereits jetzt werden Jahreszahlen für die Beendigung der deutschen Kohleförderung durchgestochen. Die Grünen und Greenpeace wollen dies bereits 2030 erreichen, der Co-Vorstand der Kohlekommission, Ronald Pofalla, tendiert eher zu 2040. Die RWE hält das alles für Zahlenspielerei, so lange keine belastbaren Ergebnisse der Energiewende (Netz, Grundlast) vorliegen. Der Gewerkschaftsvorsitzende Michael Vassiliadis unkt sogar, dass südlich der Main-Linie noch viele Jahre lang kein Steinkohlekraftwerke abgeschaltet werden kann. ---
Und das in Kretschmann´s own country!


Die Zukunft

Die Stilllegung der restlichen Kernkraftwerke

Man braucht kein Prophet zu sein, um die nahe Zukunft der deutschen Stromversorgung vorherzusagen. Die kommenden 5 bis 7 Jahre sind durch frühere (Fehl-) Entscheidungen bereits "eingetütet". Zum Beispiel die endgültige Stilllegung der restlichen neun Kernkraftwerke durch die von Merkel veranlassten Ausstiegsgesetze im Sommer 2011. Dies sind die KKW: Grafenrheinfeld (1.354 Megawatt - endgültige Abschaltung 2015), Gundremmingen B (1.344 MW - 2017), Philippsburg 2 (1.468 MW - 2019), Gundremmingen C (1.344 MW - 2021), Grohnde (1.430 MW - 2021), Brockdorf (1.480 MW - 2021), Isar 2 (1.485 MW - 2022), Emsland (1.400 MW - 2022), und Neckarwestheim II (1.400 MW - 2022).

In den kommenden vier Jahren bis 2022 werden also weitere rd. 10.000 MW Grundlast - politisch gewollt - vom Netz gehen. Wo ist der Ersatz? Sicherlich nicht bei Photovoltaik und Windkraft, denn diese liefern nur Zappelstrom und das noch nicht einmal zu planbaren Zeiten. Außerdem stehen die großen Nord-Süd-Gleichstromtrassen frühestens im Jahr 2025 zur Verfügung. Bleibt nur die Kohle. Aber sie soll im Moment durch die Kohlekommission "frühestmöglich" aus dem Netz genommen werden. Und die 10 bis 15 Kohlekraftwerke, welche man zur Produktion von 10 Gigawatt benötigen würde, sind längst nicht mehr vorhanden, sondern stillgelegt und abgerissen.

Vor diesem Hintergrund ist es denkbar, dass die Bundesregierung - ähnlich wie vor zehn Jahren die Schweden - zurückrudert und ihren Ausstiegsbeschluss für die noch produzierenden sieben KKW kassieren muss. Dafür wäre Eile geboten, denn für den Weiterbetrieb dieser KKW über 2022 hinaus benötigen die EVU einen zeitlichen Vorlauf von mindestens zwei Jahren. In diesem Zeitraum müssten die Lieferverträge für den Urankauf, die Anreicherung und die Brennelementfertigung abgeschlossen und exekutiert werden. Das begleitende Geschrei der Kernenergiegegner könnte man sich leicht vorstellen.


Fazit

Die Planung der deutschen Energiewende wurde von der Politik nicht seriös vorbedacht. Zu vieles wurde "aus dem Bauch heraus" entschieden, um einem gewissen, lautstarken Klientel zu gefallen. Dabei hatte man die sichere Stromversorgung des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu wenig im Auge. In allernächster Zeit wird man korrigierend eingreifen müssen, um black-outs zu verhindern.














Sonntag, 7. Oktober 2018

Exzellenz - made in Germany

Oktober ist die Zeit der Ernte. Im Allgemeinen  - und auch bei den Nobelpreisen, die in diesem Monat verkündet werden. Entsprechend meiner Ausbildung interessieren mich vor allem jene im Fachgebiet Physik. Leider wurde ich dieses Jahr (wiederum) enttäuscht, denn kein Deutscher war unter den Nominierten. Ausgezeichnet wurden zwei Physiker und eine Physikerin:  Donna Strickland aus Kanada, sowie der US-Amerikaner Arthur Ashkin und der Franzose Gérard Mourou. Für ihre Arbeiten auf de Lasergebiet, wo Deutschland durchaus Chancen zuzubilligen waren.


Eine lange Zeit der "Dürre"

Deutschland galt (vor der NS-Zeit und dem 2. Weltkrieg) als das Spitzenland der physikalischen Forschung. Seither wurden wir meilenweit überholt von den USA und seit vollen 11 Jahren fiel kein einziger Physikpreis mehr an Wissenschaftler unseres Landes. Peter Grünberg vom Forschungszentrum Jülich war mit seiner Entdeckung des "Riesenmagnetowiderstandes" im Jahr 2007 der letzte Laureat. In dieser Zeitspanne von 2008 bis 2018, also in 11 Jahren, wurden 30 Physiknobelpreise vergeben,  wobei drei Preise pro Jahr nach den Statuten möglich sind. Sie gingen an:  USA (14 Mal), Großbritannien (5), Japan (5), Belgien (1), Frankreich (2), Kanada (2) und Russland (1). Kein Preis ging nach Deutschland; die physikalische Welt ist an uns vorbei gezogen.

Die heiss begehrte Nobelpreis-Medaille


Wie keine andere wissenschaftliche Dekoration genießen die Nobelpreise höchstes Ansehen und sind damit ein Marker für den wissenschaftlichen und kulturellen Status eines Landes. Dass auch zwischen 1933 bis 1953 kein einziger Physikpreis an deutsche Forscher vergeben wurde, hängt damit zusammen, dass von 1933 an die Quantenphysik und die Relativitätstheorie als "jüdische Physik" verdammt wurde. Stattdessen versuchte man die "deutsche Physik" zu etablieren, die weniger mathematisch war und mehr auf "Intuition" beruhte. Später stellte sich das als ziemlicher Humbug heraus und die Forschungsergebnisse der Deutschphysiker wurden vom Stockholmer Kommittee nicht als preiswürdig anerkannt.


Exzellenzinitiative, Cluster und Elite-Universitäten

Aber man kann Exzellenz - die einem durch nicht verliehene Nobelpreise entgeht - auch durch einen staatlich bzw. behördlichen Akt künstlich erzeugen. Das geschieht in Deutschland seit ca. 15 Jahren durch die sogenannte "Exzellenz-Initiative". Die etwa hundert deutschen Universitäten werden durch die Bundes- und Landesforschungsminister aufgefordert, bis zu einem gewissen Zeitpunkt Forschungsthemen (sog. "Cluster") vorzuschlagen und im Verlaufe von ca. fünf Jahren abzuarbeiten. Dafür erhalten die Unis im Falle des Zuschlags pro Jahr und Cluster ca. 6 Millionen zusätzliches Geld. Und, wenn sie besonders gut sind, den Titel "Elite-Universität" oben drauf. Insgesamt kommen etwa 50 Unis für Cluster infrage und ca. 10 für den Titel Elite-Uni.

Derzeit ist die dritte Exzellenzinitiative, beziehungsweise nach neuer Bezeichnung: Exzellenzstrategie, im Gange. Etwa 80 Cluster-Vorschläge wurden vor einem Jahr eingereicht, wovon die Gutachter ca. 60 zur weiteren Bearbeitung angenommen haben. Die endgültige Entscheidung ergeht im kommenden Sommer. Auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist mit zwei Clustern dabei, die sie allerdings nicht allein, sondern in kooperativer Hilfe mit den Unis in Heidelberg und Ulm abarbeiten wollen. (Eigentlich sind es also nur vier "halbe" Cluster). Die baden-württembergischen Unis in Tübingen (3 Cluster), Konstanz (2), Stuttgart (2) und Freiburg haben ihre Etappensiege übrigens aus eigener Kraft geschafft.

Ob es dem KIT gelingen wird, den Elite-Titel (nach 2006) zum zweiten Mal zu holen, ist bei dieser Konkurrenz also höchst fraglich. Im übrigen ist dieser Titel wissenschaftlich nur von marginaler Bedeutung. (Im Ausland zählt er rein gar nichts). Der schöne Titel "Elite" wärmt vorzugsweise die Herzen der Uni-Präsidenten und der Stadtoberen. Für die Forscher ist das Ansehen ihrer eigenen Arbeitsgruppe der einzig wichtige Gradmesser.


Fazit

Der Exzellenz-Wettbewerb mit 71 Juroren  (darunter 32 Bundes- und Landesminister) und einer mehrjährigen Vorlaufzeit ist ein hochkomplexes, bürokratisches Verfahren, das so nur in Deutschland zur Anwendung kommt. In den USA ergibt sich die Exzellenz der Elite-Universitäten, wie Harvard, MIT, Stanford und Caltech etc. schlicht aus der Anzahl ihrer Nobelpreisträger. Das MIT - Namensgeber des KIT - hat deren stolze 80!

Betrachtet man das bescheidene Abschneiden des KIT mit vier halben Clustern, dann stellt sich die Frage, ob sich der ganze Aufwand bei seiner Gründung im Jahr 2006 gelohnt hat. Damals wurde (insbesondere durch den Geschäftsführer Popp) ein ungeheurer publizistischer Hype erzeugt bei der Fusionierung der traditionsreichen Forschungsunternehmen KfK und TH zu KIT. Nun stellt sich heraus, dass dieser Riesenbetrieb von 9.000 wissenschaftlich-technischen Mitarbeiter bei der Exzellenzinitiative sogar von der kleinen, aber feinen Uni Tübingen überrundet wird.

Wie hat doch schon Goethe gesagt:
"Getretener Quark wird breit, nicht stark".