Sonntag, 28. April 2013

Müde Aktionäre bei der EnBW

Bei den Hauptversammlungen der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW), die traditionsgemäss im April stattfinden, hatten sich die Teilnehmer schon an das Gesicht des Konzernchefs Hans-Peter Villis gewöhnt. Der zupackende Arbeitersohn aus Castrop-Rauxel (55) war gleichermassen beliebt bei  Aktionären und Firmenmitarbeitern. Aber im Vorjahr 2012 ging Villis die Fortüne aus. Auf Betreiben des grün-roten Hauptgesellschafters, des Lands Baden-Württemberg, wurde er am 30. September 2012 - nach Auslaufen seines ersten Fünfjahresvertrags - schlichtweg gefeuert. Der Grund: Villis hatte im Berichtsjahr 2011 einen Verlust von fast 900 Millionen Euro angehäuft. Der wirkliche Grund: Frau Merkel hatte dem Vorstandschef durch ihre Nacht- und Nebelaktion im Fukushima-Monat März 2011 seine beiden "Cash-Cows", die hochrentablen Atommeiler Philippsburg 1 und Neckarwestheim I, abgeschaltet. Die Folge: Villis musste gehen und als (Un-)Dank für seine vorausgehenden Leistungen kürzte ihm der Aufsichtsrat auch noch sein Jahresgehalt von 3,161 Millionen  auf 2,o96 Millionen Euro.

Aber Erbarmen mit Villis ist nicht angebracht. Schon in acht Jahren, als 63-jähriger Jungrentner, wird ihm die EnBW für seine fünf Jahre als CEO eine Jahresrente von 130.000 Euro überweisen. Für so einen stattlichen Betrag müssen gewöhnliche Omas viele Jahre lang Socken stricken. Und sollte Villis mit dieser Rente nicht auskommen, so kann er sich gelegentlich von seinem Vorgänger Utz Claassen einladen lassen, der für die gleiche Zeitspanne noch mehr Übergangs- und Rentengeld beim Aufsichtsratsvorsitzenden der EnBW herauszuschinden vermochte. Apropos Aufsichtsrat: dieses Gremium ist sehr generös.  Die ehemalige Grüne und jetzige Beauftragte für die Dresdener Abwässer, Gunda Röstel, sackt für ihre "Tätigkeit" als gewöhnliches AR-Mitglied pro Jahr satte 47.750 Euro ein. Ein schönes Zubrot! Die EnBW lässt eben niemand verkommen. Steht alles auf unserer Stromrechnung.


Neue Leute braucht das Land

Die Suche nach einem geeigneten Nachfolger für Villis gestaltete sich schwierig. Reihenweise gab es Absagen, wie aus Kreisen der Headhunter zu erfahren war. Schliesslich wurde man doch fündig, übrigens bei der gleichen Firma, der auch Villis entstammte. Frank Mastiaux heisst der Heilsbringer, er war beim Versorger Eon in der Sparte "Climate & Renewables" tätig und ist promovierter Chemiker. Der neue Vorstandsvorsitzende mit französischen Vorfahren zieht demnächst mit Frau, drei Kindern und Hund von Düsseldorf nach Karlsruhe um. Als Hobbysport betreibt der 49-jährige Langstreckenlauf, was ihm bei der angeschlagenen EnBW durchaus zugute kommen könnte.


Mit geballten Fäusten
Der neue Chef der EnBW,  Dr. Frank Mastiaux

Bei seiner ersten Aktionärsversammlung für EnBW am vergangen Donnerstag (25. 4.) erinnerte Mastiaux daran, dass die EnBW immer noch zu den grossen Energieversorgungsunternehmen (EVU) in Deutschland, ja sogar in Europa gehört. Im Berichtsjahr 2012 machte der Konzern 19 Milliarden Euro Umsatz und beschäftigte 20.000 Mitarbeiter. Freilich wurde er wegen Absatz- und Gewinneinbruch im Vorjahr zeitweise zum Sanierungsfall; nur durch die Kapitalinfusion aus mehreren Anleihen und einer Kapitalerhöhung - für die sich noch Villis stark machte -  schaffte man den Turnaround.

Die Aktie der EnBW hat allein im Jahr 2012 satte 20 Prozent an Wert verloren und ist jetzt für unter 30 Euro zu haben. Viele Kleinaktionäre haben ihre Anteile offensichtlich verkauft. Der Rest, zumeist ehemalige Betriebsangehörige, haben wohl resigniert. Das Kommando führen die beiden Grossaktionäre, das Land Baden-Württemberg und ein Verbund schwäbischer Landkreise, welche zusammen mehr als 90 Prozent der Aktien besitzen.

Inzwischen durchmustern firmeneigene Sparkommissare mit "Biss und Birne" alle innerbetrieblichen Kostenstellen. Bei der Bewirtung für die Aktionäre der Hauptversammlung scheinen sie schon fündig geworden zu sein. Die üblichen Plastiktragtaschen für den kiloschweren Geschäftsbericht wurden gestrichen, ebenso wie die Notizblöcke. Zur Ausgabe des säuerlichen Kartoffelsalats verzichtete der Grosskonzern auf die Würstchen und zum Kaffee gab es nur labberige Laugenbretzel. Sichtbar ermüdet von diesem Goumettraktat kauerten die wenigen Prozent private Anteilseigner ziemlich teilnahmslos und müde in ihren Sesseln und liessen die Eingangsreden des Aufsichtsratsvorsitzenden (25 Minuten) und die des Vorstandsvorsitzenden (35 Minuten) ohne eine einzige Reaktion über sich ergehen. Früher ging es bei diesen Tagesordnungspunkten immer recht temperamentvoll bis tumultuös vor. Kein Wunder, dass die HV schon um 16 Uhr zu Ende war. Alle Vorschläge des Vorstands wurden mit über 90-prozentiger Mehrheit angenommen.


Viele Baustellen

In seiner Grundsatzrede benannte Mastiaux die Kernprobleme des Konzerns und identifizierte die vielen "Baustellen", denen er sich in Zukunft widmen wolle. Im Prinzip rührt die Schieflage der EnBW davon her, dass der Stromabsatz dramatisch gesunken ist, wodurch sich die Gewinne stark verringert haben und nun zuwenig Geld für notwendige Investitionen vorhanden ist. Daraus resultiert ein Kostenüberhang, auch beim Personal. Der Stromverkauf brach im Berichtsjahr 2012 um fast 13 Prozent ein, das verminderte den Cashflow um 50 Prozent und den Gewinn um 4,3 Prozent. Für die Investitionen, insbesondere auf dem Feld der Erneuerbaren Energien, standen 33 Prozent weniger zur Verfügung.

Sorge bereitet der EnBW-Spitze die allgemeine Wettbewerbslage. Die Kunden wechseln immer häufiger ihren angestammten Versorger. Lag die Wechselrate bei Privatkunden vor wenigen Jahren noch bei Null, so sucht sich inzwischen jeder Vierte regelmässig einen neuen Stromanbieter. Bei den Industriekunden ist diese Quote sogar von 25 Prozent auf 100 Prozent gestiegen.

Weil die Stadtwerke und Kommunen immer häufiger ihre Stromnetze aufkaufen, kommt es zum Phänomen der Netzaufsplitterung. Die Gemeinden wittern im Netzzugang grosse Gewinnmöglichkeiten, sind aber häufig nicht in der Lage die erworbenen Netze zu pflegen und instandzuhalten, worunter die Stromstabilität leidet. Beispielhaft für eine aggressive Ankaufspolitik - man spricht sogar von "Kannibalisierung" -  sind die Stadtwerke Stuttgart, welche alles versuchen dem "Platzhirsch" EnBW die Kunden abzujagen. Ähnliches versucht der grüne Oberbürgermeister Boris Palmer für seine Stadt Tübingen.

Inzwischen ist die konventionelle Stromerzeugung kaum mehr kostendeckend. Insbesondere die Gaskraftwerke sind nicht mehr rentabel, weil ihre Jahresbetriebszeit zuweilen auf unter hundert (!)Stunden abgerutscht ist. Die EnBW nimmt deshalb jeden Kraftwerksblock unter die Lupe und überprüft ihn auf seine Wirtschaftlichkeit.

Der Ausbau der Windenergie im Land Baden-Württemberg verläuft quälend langsam. Immer wieder stoppen Landräte die Planungen, weil von der Bevölkerung oder den Naturschutzbehörden Einwände kommen. Die grün-rote Regierungskoalition will bis zum Jahr 2020 etwa 10 Prozent des Stroms aus Wind gewinnen - bisher liegt der Anteil unter einem Prozent.

Von den offshore Windparks ist "Baltic 1" mit 21 Windrädern und 50 Megawatt bereits in Betrieb. Das Projekt "Baltic 2" mit 80 Windrädern und 288 MW soll vom Netzbetreiber "50 hertz" im nächsten Jahr angeschlossen werden. Entsprechende Pläne für die Nordsee hat der EnBW-Chef kurzerhand auf Eis gelegt, als von Netzbetreiber "Tennet" keine verbindliche Zusage für den Anschluss kam. Aus heutiger Sicht werden die beiden Windparks "Hohe See" und "He Dreiht" mit je 400 MW und einer Investitionssumme  von 1,5 Milliarden Euro frühestens im Jahr 2017 in Betrieb gehen.

Der Verkauf von nicht notwendigen Beteiligungen soll 1,5 Milliarden Euro in die Konzernkassen spülen. Er läuft bislang noch etwas zäh. Im Angebot befinden sich Minderheitsbeteiligungen in Polen und Ungarn sowie beim Mannheimer Versorger MVV. Die Kölner Stromtochter "Yello" soll beim Konzern verbleiben.

Schliesslich sieht sich EnBW gezwungen, demnächst 1.350 Personalstellen abzubauen. Das soll sozialverträglich geschehen, insbesondere will man auf Altersteilzeit- und Abfindungsprogramme setzen. Für die übrigen Mitarbeiter wird in den kommenden Jahren die Erfolgsbeteiligung gesenkt werden.

Für den Rückbau der fünf Kernkraftwerke steht die auskömmliche Summe 6,5 Milliarden Euro zur Verfügung, die man aus früheren Erträgen erwirtschaftet hat. Der Abriss von Obrigheim ist bereits im Gange, Philippsburg 1 und Neckarwestheim sollen ab 2017 folgen. In Philippsburg deutet sich erheblicher Widerstand gegen den aus La Hague kommenden "Fremdmüll" an, den die Landesregierung aber bereits akzeptiert hat. Auch zur Lagerung und Bearbeitung der eigenen schwachradioaktiven Stoffe ist der Bau weiterer Zwischenläger erforderlich, was jedoch nicht ohne Einwendungen realisierbar erscheint.


Dunkle Geschäfte in Russland

Breiten Raum in der öffentlichen Diskussion nimmt seit Jahren die sog. Bykov-Affäre ein. Der russische Lobbyist Andrej Bykov schloss vor knapp zehn Jahren mit der EnBW einen Beratungsvertrag ab und der Konzern war so unvorsichtig, dafür ca. 250 Millionen Euro im Vorhinein zu überweisen. Angeblich hat der Russe seine zugesagten Leistungen nur teilweise erbracht, weswegen die EnBW 120 Millionen zurückfordert. Über verschiedene Gerichte gelang dies bisher nur teilweise, wobei Bykov bis jetzt überhaupt kein Geld zurücküberwies.

Gleichzeitig hat die EnBW vier eigene hochrangige Manager aus der Vorstandsebene verklagt, weil sie bei der Abfassung der Verträge angeblich Fehler gemacht haben sollen. Einer der Beklagten  war der Technik-Vorstand Hans-Josef Zimmer. Zur Verwunderung der allermeisten Aktionäre bekleidet Zimmer aber seit Anfang 2012 wieder seinen alten angestammten Posten - und das, obwohl die EnBW weiterhin zwei Klagen gegen ihn aufrecht hält! Das verstehe wer kann.

Die beklagten Verträge reichen zurück bis in die Zeit des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Utz Claassen. Bei einer kürzlichen Gerichtsverhandlung in Mosbach bemühten sich die Anwälte des Konzerns, die Verantwortung für diese fragwürdigen Geschäfte vom damaligen Vorstandschef Claassen möglichst fernzuhalten. Tatsache ist, dass Claassen im Jahr 2005 in Russland - und im Beisein von Bykov -  den hohen Orden des Heiligen Nikolaus erhalten hat.

Die Frage muss erlaubt sein:
was war die Gegenleistung von Utz?

Sonntag, 21. April 2013

Grosse Reaktoren, grosse Sorgen

Als der Europäische Druckwasserreaktor - unter dem Kürzel EPR - anfang dieses Jahrtausends auf den Markt kam, war er das Flagschiff der beiden Reaktorfirmen Siemens und Framatome. Der EPR sollte die neue Reaktorgeneration III begründen. Die gegenwärtigen Kernkraftwerke wurden als Generation II abgestuft, die Reaktoren der Generation I waren zum grössten Teil bereits stillgelegt und zurückgebaut worden. Gerühmt wurden die besonderen Sicherheitseigenschaften des EPR:  seine Resistenz gegen Kernschmelzen, die vorzügliche Nachwärmeabfuhr, der erhöhte Schutz gegen Erdbeben und Flugzeugabsturz u. a. m.

Es erschien nur folgerichtig, dass sich Siemens und der französische Reaktorhersteller Framatome zusammenschlossen, um den Weltmarkt optimal nutzen zu können. Das Gemeinschaftsunternehmen hiess fortan AREVA, seine Chefin war die französische Physikerin Anne Lauvergeon, geboren 1959. Den Namen Areva hatte sie angeblich entdeckt, als sie einen Katalog spanischer Klöster durchblätterte. AL, wie man sie bald nannte, war eine "Power-Frau" und in den Society-Listen wurde sie mehrere Jahre lang als die "mächtigste Frau Frankreichs" geführt.


Das Abenteuer Olkiluoto-3

Für den deutsch-französischen EPR, der mit einer bis dato nicht gekannten Leistung von 1.600 Megawatt angeboten wurde, fand sich bald ein Interessent. Es war das finnische Energieversorgungsunternehmen TVO, welches auf der Halbinsel Olkiluoto bereits zwei kleinere Kernkraftwerke betrieb und dort als drittes den EPR dazugesellen wollte. Im Jahr 2003 wurde man sich handelseinig: der EPR, unter der Bezeichnung Olkiluoto-3, sollte 3 Milliarden Euro kosten und 2009 an TVO schlüsselfertig zum Betrieb übergeben werden. Die interne Verabredung der beiden Lieferkonsorten sah vor, dass die Franzosen in erster Linie den nuklearen Teil, die Deutschen den konventionellen Part (also den Turbogenerator etc.) bearbeiten und beistellen sollten.

Aber das Projekt stand unter keinem guten Stern. Von Beginn an gab es Verzögerungen und Mehrkosten, u. a. weil der Beton für die Grundplatte nicht den Spezifikationen entsprach und weil Probleme beim Schweissen der Rohrleitungen auftraten. Das reduzierte Tageslicht im hohen Norden führte zu geringerer Effektivität, was man teilweise dadurch ausgleichen wollte, dass man den polnischen Arbeitern auf der Baustelle nur den Hungerlohn von zwei Euro pro Stunde zubilligte. Schliesslich kündigte Siemens an, aus dem Areva-Konzern - nicht aus dem Projekt Olkiluoto -  aussteigen zu wollen. Wegen der Einbeziehung der Brennstofffirma Cogema in die Areva war Siemens plötzlich vom 50 %-Partner zu einem Minoritätspartner geworden, mit entsprechend geringerem Einfluss auf das Gesamtprojekt.


Das Kernkraftwerk Olkiluoto-3 als Fotomontage
(Links der EPR, rechts zwei ältere Kernkraftwerke)

Im Jahr 2008 musste die Projektleitung den Betriebsbeginn des EPR von 2008 auf 2012 verschieben; die Kosten waren von 3 Milliarden Euro auf 5,5 Milliarden angestiegen. Und die schleppende Projektabwicklung ging weiter. Im Jahr 2011 verschob Areva den Betriebsbeginn nochmals auf 2013, die Projektkosten hatten sich um eine weitere Milliarde erhöht. In Paris setzte daraufhin die Nationalversammlung einen Ausschuss ein, der sich mit den Ursachen  dieser Kosten- und Terminüberschreitungen befassen sollte. Der Betreiber TVO verklagte das Konsortium vor dem internationalen Schiedsgericht in Paris auf eine Schadenssumme von zunächst 1,8 Milliarden Euro und behielt sich weitere Aufstockungen vor. Nun war auch das Ende der charismatischen Anne Lauvergeon gekommen. Da dem französischen Staat mehr als 80 Prozent der Areva gehören - und er damit auch in vorderster Front für deren Risiken einzustehen hat - feuerte Nicolas Sarkozy die Dame und ersetzte sie durch den knochentrockenen Manager Luc Oursel.

Die Tragödie um Olkiluoto-3 ist damit jedoch noch nicht beendet. Seit einiger Zeit wird zwischen Areva und TVO heftig über das Reaktorschutzsystem gestritten. Der Lieferant sah dafür ein modernes digitales System vor, der Betreiber hält dieses aber für störanfällig und verlangt die Installierung eines analogen Reservesystems. Ein Kompromiss ist auf dem heiklen Gebiet der Reaktorsicherheit nicht erkennbar, insbesondere weil der Betreiber TVO in dieser Frage auch noch von der örtlichen finnischen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde unterstützt wird. Unterdessen schwellen die Terminverzögerungen und Mehrkosten weiter an. Nach derzeitigem Stand wird das Kernkraftwerk erst nach dem Jahr 2016 betriebsbereit sein; die Kosten werden bei mindestens 8,5 Milliarden liegen - möglicherweise bei über 10 Milliarden, wenn man die verschiedenen Rechtsstreitigkeiten einbezieht.


Flamanville: Tragödie 2. Teil

Als sich die Probleme mit dem EPR in Finnland andeuteten, beschloss der französische Betreiber EdF, ebenfalls ein Staatsunternehmen, im Jahr 2005 eine Serie dieser Kernkraftwerke im eigenen Land zu bauen. Der erste EPR, als "show-piece" gedacht, sollte bei der normannischen Gemeinde Flamanville errichtet werden, welche sich 20 Kilometer südlich der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague befindet. Als Preis war zwischen Areva und EdF  3,3 Milliarden Euro vereinbart worden; das sogenannte Projekt Flamanville-3 sollte 2012 in Betrieb gehen. Das Kernkraftwerk war mit 1.650 MW sogar leistungsstärker als Olkiluoto-3.

Im November 2007 schloss der italienische Versorger ENEL mit EdF eine Vereinbarung über eine 12,5-prozentige Beteiligung am Bau von gleich sechs EPR in Frankreich ab. Zusätzlich plante die italienische Regierung unter Ministerpräsident Berlusconi den Bau von vier bis fünf eigenen EPR im Land. Dieses Vorhaben wurde jedoch durch eine Volksabstimmung verhindert.

Aber selbst in Frankreich entwickelte sich der Bau des EPR Flamanville-3 nicht wie geplant. Auch hier stiegen die Kosten sukzessive an und der Termin für den Betriebsbeginn musste immer weiter hinausgeschoben werden. Ende 2012 gab EdF bekannt, dass ihr Musterrreaktor erst 2016 in Betrieb gehen werde und mindestens 8,5 Milliarden Euro kosten wird. Also ein ähnliches Desaster wie in Finnland!

Die Konsequenzen dieser Verlautbarung waren weitreichend. An der Pariser Börse sank der Kurs der EdF-Aktie auf einen Tiefststand und der italienische Partner Enel beschloss spontan, aus dem Betreiberkonsortium auszusteigen. Gleichzeitig verlangte er die Rückzahlung seiner geleisteten Investitionen. Vor diesem Hintergrund stoppte die französische Regierung den Bau eines weiteren EPR, der ebenfalls in der Normandie (bei Penly) geplant war. Doch damit nicht genug: auch das britische EVU, welches am Standort Hinkley Point zwei EPR durch Areva errichten lassen wollte, sagte diese Projekte ab. Zum Glück soll der Bau der beiden chinesischen EPR-Kraftwerke in Taishan "nach Plan" verlaufen, aber China ist eben eine andere Welt.

Viel wird darüber gerätselt, warum die Projekte Olkiluoto und Flamanville terminlich und kostenmässig so stark aus dem Ruder laufen konnten. Einige Beobachter halten den Bau von Kernkraftwerken mit einer Leistung von 1.600 MW und darüber für technisch und genehmigungstechnisch so anspruchsvoll, dass sie nur schwer in den Griff zu kriegen sind. Andere verweisen darauf, dass durch die fast 20-jährige Pause im Bau von Kernkraftwerken bei Framatome und Siemens (bzw. Areva)  viel Ingenieur-Expertise verloren ging, die jetzt in den Planungsbüros und auf der Baustelle fehlt.


Klein, aber fein

Die Errichtungs- und Finanzierungsprobleme der grossen Kernkraftwerke mit einer Blockleistung von 1.600 MW und darüber haben die Vorzüge der kleineren Nuklearkraftwerke wieder in den Fokus gerückt. Insbesondere in den USA interessieren sich die EVU rege für Anlagen unter 300 MW. Sie sind zum "Schnäppchenpreis" von unter 500 Millionen Euro zu haben, ihr Bau soll nur 2 bis 3 Jahre dauern. Häufig werden sie bereits vormontiert geliefert; die abgebrannten Brennelemente sind sicher in der Reaktorhülle gelagert, worin auch der Dampferzeuger integriert ist. Das Sandia Laboratorium in Albuquerque hat bereits einen Reaktor konstruiert, dessen Urankern mit flüssigem Natrium gekühlt wird und der sich in einer Art austauschbaren Kartusche befindet.

Es ist kaum zu glauben, aber selbst der Microsoftbegründer Bill Gates hat sich den kleinen  Kernkraftwerken verschrieben. Die von ihm finanzierte Firma TerraPower arbeitet am sogenannten Laufwellenreaktor. Bei diesem Reaktortyp wandert die Kernspaltungszone langsam durch einen länglichen Reaktorkern - vergleichbar mit der Flamme im Docht einer Kerze.  Aus dem abgereichertem Uran wird Plutonium erzeugt, welches aber sofort wieder - unter Energieerzeugung - verbrannt wird. Eine solche "Welle der Kernspaltung" soll über einen Zeitraum von 50 bis 100 Jahren kontinuierlich Strom erzeugen können, u. zw. ohne, dass Kernbrennstoff nachgeladen werden muss! Noch existiert der Laufwellenreaktor nur im Supercomputer. An der Realisierung arbeitet aber schon Gates Unternehmen TerraPower in Kooperation mit dem japanischen Konzern Toshiba.

Ein Spruch aus den siebziger Jahren scheint Wiederauferstehung zu feiern:
"Small is beautiful".

Sonntag, 14. April 2013

KIT: Dafür stand Rudolf Greifeld

Das KIT, eine Fusion aus Technischer Hochschule und dem (ehemaligen) Kernforschungszentrum Karlsruhe hat Probleme mit einem ihrer Ehrensenatoren. Diese Liste verdienter Persönlichkeiten umfasst knapp zweihundert Namen, darunter auch - den inzwischen gestrichenen - Robert Ley, der in der NS-Zeit Führer der Deutschen Arbeitsfront war. Neuerdings befasst sich eine eigens eingerichtete Kommission mit dem vor 44 Jahren zum Ehrensenator ernannten Dr. Rudolf Greifeld. Ihm wird u. a. vorgeworfen, während der Besetzung von Frankreich im Zweiten Weltkrieg als Wehrmachtsangehöriger in der Kommandantur der Stadt Paris gearbeitet zu haben. Greifeld, seit langem verstorben, war ehedem Geschäftsführer des Kernforschungszentrums Karlsruhe und dort für die Verwaltung zuständig. Im Folgenden werden einige Stationen seiner Vita aufgezählt, die den damaligen Rektor der Technischen Hochschule Karlsruhe, Professor Heinz Draheim, veranlasst haben, Greifeld 1969 die Würde des Ehrensenators zu verleihen.

Schwierige Standortsuche

Dr. Rudolf Greifeld, von der Ausbildung her Jurist, wurde 1956 vom Land Baden-Württemberg als Geschäftsführer der neugegründeten Kernreaktor Bau- und Betriebsgesellschaft mbH berufen. Er war zuständig für die gesamte Verwaltung dieser Gesellschaft, also insbesondere für die Fachgebiete Personal, Bau, Finanzen, Recht und Infrastruktur. Bis zu seiner Verabschiedung (mit Bundesverdienstkreuz) im Jahr 1974 standen ihm nacheinander die drei technisch-wissenschaftlichen Geschäftsführer Gerhard Ritter (1956-60), Walter Schnurr (1960-70) und Otto Haxel (1971-74) zur Seite. Für den gesonderten Geschäftsbereich Versuchsanlagen war Josef Brandl verantwortlich.


Wegzeichen beim Reaktorstandort Leopoldshafen

Zu Greifelds ersten Aufgaben gehörte die Bereitstellung des Standorts für den geplanten Forschungsreaktor FR 2. Anfangs war dafür ein Gelände in Maxau vorgesehen, das sich aber bald als zu grundwassernah herausstellte. Schliesslich endete die Suche im Hardtwald, wo die Landkreisgemeinde Leopoldshafen gerne bereit war, entsprechende Grundstücke abzugeben. (Die Nachbargemeinde Linkenheim blieb bis heute skeptisch und leistete - vergeblich - Widerstand).   Greifeld gelang es jedoch, die wichtige atomrechtliche Standortgenehmigung für den Reaktor FR 2 zu erhalten, sodass dieser im Dezember 1962 in Betrieb gehen konnte.

Bau des Kernforschungszentrums

Ab April 1957 leitete Greifeld den Bau des Kernforschungszentrums auf der Leopoldshafener Gemarkung ein. Innerhalb von nur neun Jahren (bis 1966) wurden auf einer Fläche von 164 Hektar  (entsprechend ca. 200 Fussballfeldern) 17 Hektar Strassen gebaut und 50 voluminöse Gebäude hochgezogen. Darunter befanden sich 15 wissenschaftliche Institute, ein Dutzend Speziallaboratorien und mehrere verbunkerte Gebäude für Reaktoren geringer Leistung, wie SNEAK und STARK. Darüberhinaus entstanden die notwendigen Infrastruktureinrichtungen wie Kantinen, Wasserwerke, Feuerwehren, Bibliotheken u. a. m.

Die von Bund und Land bewilligten Finanzmittel beliefen sich - kumuliert - bis September 1966  auf 722 Millionen DM. Sie wurden etwa hälftig zur Finanzierung der Investitionen und des Betriebs der Labors und der Reaktoren verwendet. Zur Bewältigung dieser Aufgaben konnte sich Greifeld auf tüchtige Prokuristen für die Fachgebiete Recht (Ziegler), Finanzen (Neck), Beschaffung (Krieg, später Tebbert), Bau (Sommer, später Sesemann) und Personal (Schaible), abstützen.

Personalentwicklung und Arbeitsergebnisse

Ein grosses Problem war in der Frühzeit des Kernforschungszentrums die Anheuerung von sachkundigem Personal zum Betrieb der Institute, Labors und sonstigen Einrichtungen. Auch hierfür trug Greifeld, im Zusammenwirken mit seinen technischen Kollegen, eine besondere Verantwortung. Vor dem Hintergrund der damaligen Personalnot war es als Erfolg zu werten, dass es innerhalb von zehn Jahren gelang, einen kompetenten Personalstab von 3005 Mitarbeitern für die Institute, die Infrastruktur und die Verwaltung zu gewinnen. Das Durchschnittsalter der Arbeiter und Angestellten betrug  35 Jahre; ein Viertel der Mitarbeiter waren Frauen.


Das Geschäftsführer-Trio Greifeld, Schnurr und Brandl (v. l.)

Bis zum Jahr 1966 wurden im Kernforschungszentrum insgesamt 1.896 wissenschaftlich-technische Arbeiten veröffentlicht. Greifelds Mitarbeiter subsummierten daraus 424 Patente und 31 Gebrauchsmuster. Das führte in der Konsequenz zu 17 inländischen und drei ausländischen Lizenzverträgen.

Von den internationalen Kooperationsverträgen, an denen Greifeld als gelernter Jurist an vorderster Stelle mitgewirkt hat, seien  nur drei genannt: Der SEFOR-Vertrag mit amerikanischen Industriepartnern zur Sicherheit des Schnellen Brüters, der EURATOM-Vertrag zur Beschaffung des Brennstoffs für den Reaktor SNEAK und der deutsch-französische Vertrag zur Errichtung des Höchstflussreaktors in Grenoble.


Kooperation mit der TH Karlsruhe

In der Führungsebene des wissenschaftlichen Bereichs legte Greifeld besonderen Wert auf die Verknüpfung mit den benachbarten Universitäten, insbesondere der Technischen Hochschule Karlsruhe. Im Folgenden werden die Institutsleiter genannt, welche (Stand 1966) im Kernforschungszentrum tätig waren:

F. Baumgärtner, Direktor des Instituts für Heisse Chemie, o. Professor an der Universität Heidelberg.
E. W. Becker, Direktor des Instituts für Kernverfahrenstechnik, o. Professor an der Technischen Hochschule Karlsruhe.
K. H. Beckurts, Direktor des Instituts für Angewandte Kernphysik, apl. Professor an der Technischen Hochschule Karlsruhe.
H. Böhm, Institutsleiter am Institut für Material- und Festkörperforschung, Privatdozent an der Technischen Hochschule Karlsruhe.
A. Catsch, Direktor am Institut für Strahlenbiologie, o. Professor an der Technischen Hochschule Karlsruhe.
A. Citron, Direktor am Institut für Experimentelle Kernphysik, o. Professor an der Technischen Hochschule Karlsruhe.
W. Häfele, Direktor des Instituts für Angewandte Reaktorphysik, Leiter des Projekts Schneller Brüter, Honorar-Professor an der Technischen Hochschule Karlsruhe.
H. Kiefer, Leiter der Schule für Kerntechnik, Privatdozent an der Technischen Hochschule Karlsruhe
A. Schoch, Direktor am Institut für Experimentelle Kernphysik, o. Professor an der technischen Hochschule Karlsruhe.
D. Schulte-Frohlinde, Leiter des Instituts für Strahlenchemie, Privatdozent an der Technischen Hochschule Karlsruhe.
W. Seelmann-Eggebert, Direktor des Instituts für Radiochemie, o. Professor an der Technischen Hochschule Karlsruhe.
D. Smidt, Direktor des Instituts für Reaktorentwicklung, o. Professor an der Technischen Hochschule Karlsruhe.
F. Thümmler, Institutsleiter am Institut für Material- und Festkörperforschung, o. Professor an der Technischen Hochschule Karlsruhe.
K. Wirtz, Direktor des Instituts für Neutronenphysik und Reaktortechnik, o. Professor an der Technischen Hochschule Karlsruhe.
K. G. Zimmer, Direktor des Instituts für Strahlenbiologie, o. Professor an der Universität Heidelberg.


Greifeld erhält das Bundesverdienstkreuz
(vom Aufsichtsratsvorsitzenden Haunschild)

Besonderer Erwähnung würdig sind die Entwicklungsarbeiten von Gerhard Krüger am Forschungsreaktor FR 2. Krüger, damals Abteilungsleiter im Institut von Beckurts, installierte 1966 das Datenverarbeitungssystem MIDAS, welches (mit Hilfe von Kleinrechnern) die Messdaten von acht Reaktorexperimenten gleichzeitig aufnehmen und verarbeiten konnte. Ab 1971 wirkte Krüger als Informatikprofessor und Dekan an der TH Karlsruhe, wo er später auch das Institut für Telematik begründete.

Bilanz

Vergleicht man die Ergebnisse nach der Gründung des Kernforschungszentrums und nach der Gründung des KIT, so ist folgendes festzustellen: Das Kernforschungszentrum wurde zwischen 1956 und 1966, also innerhalb von nur zehn Jahren, praktisch aus dem Nichts zu einem international hochgeschätzten Forschungszentrum ausgebaut. Rudolf Greifeld hat dabei in vorderster Front mitgewirkt und sich grosse Verdienste erworben. Beim KIT ist nach sieben Jahren (2006 bis 2013) die innere Fusion immer noch nicht gelungen, stattdessen ist ein bürokratisches Monstrum entstanden. Vom angestrebten Vorbild, dem amerikanischen MIT, ist man meilenweit entfernt. Noch nicht einmal ein vom Aufsichtsrat akzeptiertes Organigramm hat man bislang zustande gebracht. Stattdessen ging mittlerweile sogar der Exzellenztitel verloren und die beiden Präsidenten haben offensichtlich die Flucht angetreten.

Gegen den ehemaligen Geschäftsführer Rudolf Greifeld hat man bei KIT ein Verfahren eingeleitet. Eine im Herbst 2012 eingerichtete Ethikkommission soll sich mit seinen angeblichen NS-Verstrickungen im besetzten Paris befassen. Ob sie an jene von Globke, Filbinger oder ex-Staatssekretär Weizsäcker heranreichen, bleibt festzustellen. Eigens zugezogene Historiker sollen dies klären. Es ist zu hoffen, dass das KIT bei der etwaigen Aberkennung der Ehrensenatorwürde die gleiche Sorgfalt walten lässt wie bei der Zuerkennung vor mehr als vier Jahrzehnten. Auch der Ehrenschutz des 1984 Verstorbenen ist dabei zu beachten, wie das Bundesverfassungsgericht 1971 in seinem "Mephisto-Urteil" (Klaus Mann / Gustav Gründgens) verlangt hat.

Auf die Ethikkommission warten aber noch weitere Aufgaben. Zumindest zwei ehemalige Honoratioren der Technischen Hochschule Karlsruhe haben keine blütenreine Weste: der NS-Parteigenosse und Wehrwirtschaftsführer Carl Wurster, sowie (im Ersten Weltkrieg) der "Vater des Giftgases" Fritz Haber.

Sonntag, 7. April 2013

Steueroasen und Piratennester

Eine Sensation bahnt sich in Europa an. Und das auf dem so öden und frustrierenden Gebiet der Bankenwirtschaft. Viele möchten dieses Wort gar nicht mehr hören, fühlen sie sich doch seit Jahren von den Bankmanagern abgezockt, die sich ihrerseits mit Millionenboni verwöhnen. Ausgelöst hat diese neue "Denke" ausgerechnet das kleine Euroland Zypern. Seit Sommer letzten Jahres bedrängte es die EU-Kommission mit dem Verlangen nach "Rettung" ihrer Banken. Dem wurde kürzlich entsprochen - allerdings auf eine ganz andere Weise, als die Zyprioten sich das vorstellten.

Schlitzohrige Levantiner

Die wirtschaftliche Situation im östlichen Mittelmeer, der klassischen Levante, war geprägt durch zwei zyprische Grossbanken (Laiki und Bank of Cyprus), deren Bilanzsumme die sonstige Wirtschaft des Inselreiches Zypern um das Achtfache übertraf. Die Realwirtschaft, basierend auf Oliven und Wein, spielte für die Staatseinnahmen praktisch keine Rolle. 20.000 Russen und 60.000 Briten  genossen - nebst 380.000 heimischen Erwerbstätigen - die beachtlichen Steuerprivilegien dieses Landes, nämlich Null Prozent Steuern auf Zinsen, Dividenden und Erbschaften, dafür aber 5 Prozent Zinsen auf Spareinlagen, welche hierzulande gerade mal ein halbes Prozent löhnen. Durch den Schuldenschnitt in Griechenland kamen auch die genannten zyprischen Banken in Schieflage und riefen um Hilfe. Erhofft wurde ein zinsbilliger Kredit von 17 Milliarden Euro.

Das Ergebnis zäher Verhandlungen sah ganz anders aus. Die Banken wurden dazu verdonnert, einen Teil ihrer Schulden (7 Milliarden Euro) selbst zu berappen. Dies führte zunächst zur Insolvenz der Bank Laiki und zur Verkleinerung der Bank of Cyprus auf das Niveau einer grösseren Sparkasse. Darüberhinaus - und das war neu - wurden auch die Aktionäre und Grossanleger (jenseits von 100.000 Euro) zur Deckung des Defizits herangezogen. Die Schwarzgelder aus Russland und Grossbritannien werden wohl um die Hälfte gekappt werden. Im Endeffekt wird  kein Gewinn für diese Bankkunden herausspringen.

Die zypriotische Regierung wehrte sich wie die Katze im Sack gegen dieses Rettungsschema, denn klarerweise werden zukünftig nur noch wenige Kunden aus Osteuropa und UK ihr illegales Geld auf dieser Sonneninsel "investieren". Trotzdem : der neue Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem, ein Holländer, hat diese Massnahme ungerührt durchgezogen und damit ein neues Kapitel in der Geschichte der Bankenrettung aufgeschlagen. In Zukunft werden also bei maroden Banken in erster
Linie die Nutzniesser zur Rettung bzw. Abwicklung herangezogen - und nicht die unschuldigen europäischen Steuerzahler.

Weitere Piratennester im Visier

Viele Kleinstaaten in Europa, an der Spitze Malta und Luxemburg, zittern seit dieser Entscheidung um ihr "Geschäftsmodell". Auch sie haben einen überdimensionierten Bankensektor. Bei Malta übertrifft er die Realwirtschaft um das Siebenfache, bei Luxemburg mit seinen vielen Briefkastenfirmen gar um das 21-fache. Sollte es dort zu Bankpleiten kommen, so könnte die "Rettung" ähnlich wie bei Zypern aussehen: vermögende Kunden würden zur Sanierung herangezogen werden und danach wohl für immer entschwinden. Kein Wunder, dass Banken, wie die deutsche Commerzbank, gegen diese Art der Abwicklung Sturm laufen. Wurde die Commerzbank doch selbst vor Jahren mit 10 Milliarden Bundesgeldern "gerettet", obwohl viele empfohlen hatten, sie bankrott gehen zu lassen. Vermutlich zu Recht, denn seit Jahren treibt diese Bank wie ein Zombie umher und kann renditemässig kein Land gewinnen. Ein Untoter in der Bankenarena.

Bankensektor ausgewählter Länder  im Vergleich zur Realwirtschaft 

Unter den Abgeordneten im Bundestag ist man ähnlich skeptisch. Vor Tagen stand in einigen Medien zu lesen: "Das Modell der Bankenrettung, bei dem der Staat Anleihegläubiger und  Grossinvestoren schützt, besitzt keine politische und gesellschaftliche Akzeptanz mehr. Zur Rettung einer Bank müssen zunächst die Eigentümer und Grossanleger herangezogen werden." Es scheint als würden, ähnlich wie vor 500 Jahren in der Karibik,  die (finanziellen) Piratennester ausgeräuchert werden.


Was ist zukünftig noch sicher?

Vor diesem Hintergrund mag sich mancher fragen: wo ist zukünftig mein Geld noch sicher? Wenn die Steueroasen Luxemburg, Malta und die Kanalinseln etc. austrocknen und Liechtenstein sowie die Schweiz in rigide staatliche Geldtransferabkommen "eingebunden" werden, dann verbleiben zur sicheren Anlage vermeintlich nur noch Immobilien und das Edelmetall Gold. Aber auch das kann eine Fehlkalkulation sein. Staaten, die am Abgrund stehen, werden alle Mittel ergreifen, um an das Vermögen ihrer Bürger zu kommen.



Wohneigentum in Europa (FAZ)

Beispiel Wohneigentum. Eine kürzliche Recherche der Deutschen Bundesbank hat überraschenderweise ergeben, dass Deutschland in Bezug auf Wohneigentum in Europa ziemlich am Ende der Tabelle liegt. An der Spitze rangieren (die eigentlich klammen Staaten) Spanien und Italien. Doch was ist für eine Regierung leichter, als die Immobilien ihrer Bürger mit einer Zwangshypothek zu belegen? Unsere Eltern haben genau dies nach dem Zweiten Weltkrieg und der anschliessenden Währungsreform erlebt: Sonderbesteuerung des Vermögens.

Und Gold? Auch hier ist Vorsicht geboten. Man denke nur an die (kapitalistischen!) USA, wo der damalige Präsident Theodore Roosevelt im April 1933  den privaten Goldbesitz verbot und sogar unter Strafe stellte. Jeder US-Bürger musste seine Goldbarren, Goldmünzen und sogar den Goldschmuck bei den staatlichen Stellen abliefern, wo dieses Edelmetall in Papierdollars umgetauscht wurde. Dieses Verbot galt fast vierzig Jahre lang und wurde erst 1971 aufgehoben.

Was tun? Die alten Römer haben es uns schon vor 2.000 Jahren gesagt: "Carpe diem"!
Die etwas freiere Übersetzung aus dem Lateinischen lautet:
"Hau dein Geld rechtzeitig auf den Kopf"!

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