Sonntag, 25. März 2018

Wann kommen die Autos mit Brennstoffzellen-Antrieb?

Seit vielen Jahrzehnten forschen große Autokonzerne an der Brennstoffzelle als alternativen Antrieb. Aber die Idee kommt nicht so recht voran. Im Gegenteil: alle Welt setzt derzeit auf das "rein elektrische" Auto mit dem Batterieantrieb. Wasserstoff als Eingangsgas für die Brennstoffzelle scheint "out" zu sein. Dabei lässt sich Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen relativ leicht herstellen und obendrein gut speichern. Und der Strom der Akku-Autos kommt immer noch zum großen Teil aus "schmutzigen" fossilen Quellen.

Doch halt! Im Umfeld der Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang hat die südkoreanischen Autofirma "Hyundai" eine Miniserie von fünf Geländewagen, (sprich: SUV), aufgelegt, die allesamt durch eine Brennstoffzelle angetrieben werden. Die Autos mit der Bezeichnung "Nexo" waren während der Spiele mehrere Wochen störungsfrei in Betrieb. Wenn sie im Sommer an die normale Kundschaft ausgeliefert werden, können sie fahrerlos ein-und ausparken und auf der Autobahn selbstständig Abstand und Spur halten. Die Reichweite zwischen den Tankstopps beträgt derzeit 550 Kilometer; in 9,2 Sekunden beschleunigt der SUV von Null auf 100 km/h. Den Verkaufspreis wollen die Koreaner unter 60.000 Euro halten.


                                                               Hyundai Nexo

Die Brennstoffzelle und ihre Tanks

Die Brennstoffzelle eines Autos ist eine galvanische Zelle, zumeist eine Wasserstoff-Sauerstoff-Brennstoffzelle. Die Brennstoffzelle ist kein Energiespeicher, sondern ein Wandler. Erfunden wurde sie bereits 1838, also vor knapp zweihundert Jahren, von dem Deutschen Christian Friedrich Schönlein, wobei dieser zwei Platindrähte mit Wasserstoff bzw. Sauerstoff umspülte und dabei zwischen den Drähten eine elektrische Spannung registrierte.

In Fahrzeugen kommt heutzutage praktisch nur noch die sog. PEM (=Polymer-Elektrolyt-Membran) -Brennstoffzelle zum Einsatz. Eine Membran trennt die vom Wasserstoff (H2) umspülte Anode von der Kathode mit dem Sauerstoff (02).  An der Anode trennen sich die Wasserstoffmoleküle in Ionen und Elektronen. Die Ionen wandern durch die PEM zur Kathode und verbinden sich dort mit dem  Luftsauerstoff zu Wasser - der einzigen und ökologisch problemlosen Emission. Weil die Membran für die Elektronen undurchlässig ist, müssen sie auf ihrem Weg zur Kathode einen Umweg über eine Leitung gehen. Die "wandernden" Elektronen führen dann zu einem Stromfluss, der direkt von den Elektromotoren des Autos zum Antrieb genutzt wird.

Derzeit gibt es in Deutschland nur 43 Tankstellen, an denen Wasserstoff getankt werden kann. Bis Ende 2018 soll sich die Zahl verdoppeln. Beim Nexo strömen in fünf Minuten 6,3 Kilogramm Wasserstoff in drei große Karbontanks, die unter dem Kofferraumboden und dem Rücksitz montiert sind. Angesicht der bislang raren Tankstellen in Deutschland relativiert sich die oben genannte beträchtliche Reichweite des Nexo.


Erfahrungsgewinn beim Betrieb von Omnibussen

Um Erfahrungen beim Alltagsbetrieb von Fahrzeugen mit Brennstoffzellen zu sammeln, nahm das "Karlsruher Institut für Technologie" (KIT) im Jahr 2013 zwei Omnibusse in Betrieb. Damit wurde ein fahrplanmäßiger Linienverkehr zwischen den beiden ca. 15 km entfernten  Standorten Nord und Süd des KIT aufgebaut, wodurch täglich ca. 800 Mitarbeiter und Studenten befördert werden. Am Campus Nord (früher Forschungszentrum Leopoldshafen) wurde eine Wasserstofftankstelle eröffnet, die in der Lage ist, 80 Kilogramm Wasserstoff pro Tag abzugeben, was in etwa drei Busladungen entspricht.


Die beiden Wasserstoff-KIT-Shuttle

Die Betankung der sog. "KIT-Shuttle" dauert im Schnitt 20 Minuten. An 200 Arbeitstagen werden ca. 160.000 Passagiere pro Jahr befördert. Die Fahrleistung der Busse im Jahr 2016 betrug 92.000 Kilometer. Die Erfahrungen mit der Tankstelle und dem Linienbetrieb sind sehr gut. Das Vorhaben wird vom baden-württembergischen Umweltministerium mit 3,2 Mio Euro pro Jahr gefördert. Künftig soll vermehrt Wasserstoff aus erneuerbaren Energien verwendet werden.


Historisches und Aktuelles

Die Forschung an Brennstoffzellen wurde im ehemaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe (KfK) bereits zu Anfang der 1990er Jahre betrieben. Nicht ohne Erfolg, denn ein LKW mit diesem Antrieb drehte damals vielbeachtet seine Runden im Zentrum und (dank einer Straßenzulassung) auch außerhalb.  Sinnigerweise wurde der ganze Aufwand finanziert aus dem - thematisch weit entfernt liegenden - Schnellbrüterbudget des Blogautors. Als Experimentatoren und Promotoren sind die Herren Dorner, Schretzmann, Kessler und Hennies zu nennen. 

Enge Kontakte gab es damals zur Firma Mercedes-Benz, die 1994 mit NECAR 1 das erste Brennstoffzellenauto der Welt präsentierte. Der Prototyp ist heute noch im Mercedes-Museum in Stuttgart zu besichtigen. Bald waren alle großen Autohersteller (GM, Ford, Fiat, Nissan, VW, BMW) an diesem Thema dran - aber nach kurzer Zeit setzten sie doch lieber auf den billigeren Diesel. In diesem Jahr will Mercedes - vielleicht - endlich den oft angekündigten GLC F-Cell auf den Markt bringen. Vielleicht als Kleinstserie.

Mittlerweile haben in Asien bereits drei Marken Wasserstoffautos in ihrem Portfolio:
Honda mit dem Clarity, Toyoto mit dem Mirai und Hyundai mit dem Nexo.
Die deutschen Entwicklungschefs mögen den verlorenen 25 Jahren nachtrauern.
Die Asiaten haben ihre modernen Antriebe im Verkaufsprospekt -
das Mercedes-Brennstoffzellenauto steht im Museum.



Sonntag, 18. März 2018

"Wer Trump zum Freund hat...

...braucht keinen Feind mehr".
Das gilt sicherlich für unsere neu ernannte Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Donald beim ersten Medientreff (vor einem Jahr im Weißen Haus) den sonst üblichen Handschlag verweigerte. Außerdem warf ihr damals der Präsident vor, dass Angela ihre NATO-Rechnungen nicht ausreichend bezahle. Was in dieser öffentlich geführten Anschuldigung unterging war, dass man  - nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion - die russische Bedrohung durchaus geringer einschätzen konnte und, dass Deutschland die Aufbauinvestitionen in der früheren DDR (immerhin 2 Billionen Euro) allein stemmen musste.

Inzwischen hat Strongman Donald ein neues Fass aufgemacht. Er möchte Handelskriege führen, denn diese, so twittert er, "seien leicht zu gewinnen". Nämlich durch die Dekretierung von Zöllen, besser gesagt von: Strafzöllen. Zunächst sollen durch die Verteuerung der Stahl- und Aluminiumimporte die angeblich bedrohten Arbeitsplätze in Trumps Mainland geschützt werden. Das sind nach seiner Rechnung 140.000 Jobs im sog. Rustbelt. Dass damit gleichzeitig an 6,5 Millionen Arbeitsplätzen die Autos, Waschmaschinen und sonstige Dinge des täglichen Gebrauchs teurer produziert werden, geht in der aktuellen Diskussion unter. Die EU-Kommission in Brüssel will "Revanche" üben, indem sie erhöhte Zölle auf die Harley-Davidson-Motorräder aus Wisconsin und den bekannten Whiskey aus Kentucky legt. Na, ja.


Die deutschen Luxuskarossen

Besonderen Ärger verursachen bei Trump die in den USA überall umher fahrenden "deutschen Luxuskarossen" von Daimler-Benz, Audi, BMW und besonders Porsche. In der sogenannten Uruguay-Runde der Welthandelsorganisation WTO war 1994 einvernehmlich beschlossen worden, dass die USA 2,5 Prozent Zoll auf importierte Autos verlangen dürfen, die EU hingegen 10 Prozent auf solche, die von den USA kommen. Inzwischen sieht man sehr selten amerikanische Cadillacs auf deutschen Straßen und man könnte problemlos - ohne medialen Radau - die Zollsätze einfach angleichen.

Für den deutschen Exportüberschuss in die USA sind zu einem Viertel die dort beliebten deutschen Autos verantwortlich. Knapp 500.000 Fahrzeuge exportieren deutsche Hersteller pro Jahr nach Amerika - weit mehr, nämlich rund 800.000 Fahrzeuge stellen sie an US-Standorten für den dortigen Markt oder für Drittländer her. So hat BMW in Spartanburg ca. 10.000 Jobs geschaffen, eine weitere Großinvestition von mehr als 600 Millionen Dollar ist in der Planung. BMW-Chef Harald Krüger selbst war es, der den US-Präsidenten vor einigen Monaten darauf hingewiesen hat. Damals lobte Trump, Krüger mache "einen unglaublichen Job"! Aber was sind solche Aussagen wert, wenn er einige Monate später schon zur nächsten Attacke ansetzt?


China trumpft auf: die "Neue Seidenstraße"

Die Entfremdung zwischen den Vereinigten Staaten und Europa bzw. Deutschland kommt zur Unzeit. Unter dem Stichwort Neue Seidenstraße baut China in gigantischem Umfang seine Infrastruktur aus. Dieses Transport- und Logistiknetz soll sich in Kürze bis nach Europa erstrecken unter dem Slogan: ein Gürtel, eine Straße. Die chinesische Strategie strebt ein dichtes Geflecht eurasischer Verkehrs- und Handelsverbindungen bis nach Westeuropa an und bietet dafür ein Investitionsvolumen von 900 Milliarden US-Dollar auf. Zugleich drängt es die teilnehmenden Länder mit dem Mammutprojekt in die Schuldenfalle. China, dessen erste Handelsdelegation bereits 150 Jahre vor Christus nach Europa aufgebrochen war, wird über die neue Seidenstraße in wenigen Jahren die USA als größte Wirtschaftsmacht der Erde ablösen.



Das Logistiksystem "Neue Seidenstraße"

In Hamburg, auf einem Areal von 42 Hektar, wollen die Chinesen  einen vollautomatischen Computerterminal bauen, was in der Hansestadt für blanke Unruhe sorgt. Man blickt nach Griechenland, wo eine chinesische Gesellschaft den Hafen von Piräus bereits zum alleinigen Management übernommen hat. Und nach Ungarn, wo Victor Orban eine Zwei-Milliarden-Euro Eisenbahnstrecke "geschenkt" bekommen soll. Zwischenzeitlich hat sich ein chinesischer Staatskonzern sogar in das deutsche Stromnetz "50Hertz" eingekauft und Daimler-Benz wird durch das Angebot eines Großinvestors aus Peking bedrängt.

Mit seinem ambitionierten Projekt der Neuen Seidenstraße hat China längst einen Keil in die EU getrieben, insbesondere, weil Trumps erratisches Agieren hier eine politische Lücke lässt.  Wilde Blüten treibt derweil der Opportunismus unter den europäischen Managern. Wenn Daimler-Chef Dieter Zetsche sich wegen eines harmlosen Dalai-Lama-Zitats vor Peking in den Staub wirft und Siemens-Chef Joe Kaeser im chinesischen Staatsfernsehen euphorisch der Seidenstraße huldigt, dann erinnert das an den Kotau von Staatsbeamten vor dem allmächtigen China-Kaiser. Und wenn Peking das europäische Land Norwegen total vom wirtschaftlichen Zugang ausschließt, weil es dem Systemkritiker Liu Xiaobo den Friedensnobelpreis verliehen hat, dann entspricht das nicht unserem westlichen Wertekatalog.

All die genannten internationalen Probleme sollten BK Angela Merkel veranlassen, POTUS(=President of the United States) Trump baldmöglichst einen Besuch abzustatten - auch wenn dieser nicht vergnügungssteuerpflichtig sein sollte. Und nicht im 177-seitigen Koalitionsvertrag aufgelistet ist.

Sonntag, 11. März 2018

Käfer und Vögel als Verhinderer von Großprojekten.

Das Großprojekt "Stuttgart 21" (kurz: S 21) ist wohlbekannt. Sein Kernstück ist der Umbau des Kopfbahnhofs Stuttgart in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof. Die Zulaufstrecken sollen in Tunnel verlegt und die freiwerdenden Gleisflächen der Stadt als Grundstücke für die Bebauung zur Verfügung gestellt werden. Die Bauarbeiten begannen im Februar 2010; die geplante Inbetriebnahme (mehrfach verschoben) soll um das Jahr 2025 erfolgen. Die Kosten sind inzwischen von vier auf acht Milliarden Euro angestiegen.

Zu dem finanziellen und terminlichen Mehraufwand hat unter anderem die Situation im nahen Schlossgarten beigetragen. Ca. 200 Bäume standen im Weg, um jeden Einzelnen wurde heftig gerungen. Schließlich einigte man sich darauf, ca. 120 Bäume zu fällen und weitere 68 mit einer Rundspatenmaschine zu versetzen - unter Negierung des Erfahrungsspruchs: "Einen alten Baum verpflanzt  man nicht". Hinzu kam die händische Umsiedlung von dort hausenden Eidechsen, wovon jede Kosten von 8.600 Euro verursachte.

Ein riesiges Öko-Problem tauchte jedoch auf, als die Gegner des Bauprojekts S 21 in der Nähe von zu fällenden Bäumen Indizien des seltenen "Juchtenkäfers" entdeckt haben. Wohlgemerkt: nicht den Käfer selbst, sondern Kotpillen, welche - nach Expertenmeinung - ihm zugeordnet werden konnten. Der Juchtenkäfer ist eine von 350.000 Käferarten, etwas größer als der Maikäfer und streng geschützt. Bei Besiedlung von Bäumen mit diesem Insekt sind umfangreiche Sonder-Genehmigungsverfahren vor dem Weiterbau erforderlich. Bei S 21 war dies ein Planänderungsverfahren und eine zusätzliche EU-Genehmigung. Dem Bauherrn hat dies 20 Millionen Euro gekostet und die terminliche Neugestaltung des kritischen Pfads erzwungen, was zwei Jahre dauerte.


Eine verräterische Bierflasche

Die hitzige Diskussion der Befürworter und Gegner des Projekts S 21 wegen vermeintlicher Präsenz von Juchtenkäfern zog sich volle vier Jahre hin. Vor einigen Wochen gab es einen medialen Knall, dem folgender Vorfall zugrunde lag: Bei Baumfällarbeiten im Stuttgarter Schlosspark entdeckten Arbeiter in einer hohlen Robinie (Laubbaum) eine Bierflasche. Sie war gefüllt mit Kadavern, Flügeln und Kotpillen von sogenannten Rosenkäfern. Der Kot von Rosenkäfern gilt unter Insektenforschern (Entymologen) als Hinweis darauf, dass umliegende Bäume auch von Juchtenkäfern bewohnt sein können. Nach Artenschutzregeln dürften sie nicht geschlagen werden.

Juchtenkäfer (Osmoderma eremita), weiblich
(Länge ca. 2 bis 3 cm)

Die Projektleitung S 21 setzte ein Gutachterteam ein, welches bald zu folgendem Ergebnis kam: Ein Unbekannter könnte den Kot woanders aufgesammelt und an der S 21-Baustelle verstreut haben, um die Baumfällungen zu stoppen. Im Zuge dieser "Arbeiten", wobei auch immer wieder (publizitätsträchtig) die angeblich zu schützenden Bäume beklettert wurden, könnte dieser Person die Flasche versehentlich  in den tiefen Hohlraum des Baumes gerutscht sein, aus der er sie nicht mehr bergen konnte. Nach Ansicht des obersten Käferexperten der Uni Göttingen im Untersuchungsteam ist die Menge des gesammelten Kots so groß, dass sie nicht von einer Käferpopulation am Standort erzeugt werden konnte. Außerdem waren in der Nähe auch keine Bäume mit den typischen Juchtenkäfer-Höhlen zu finden.

Aufgrund dieser Fakten geht die Bundesbahn davon aus, dass es nie Juchtenkäfer am Standort gab, sondern dass die Käferteile - aus Gründen der Täuschung - von anderswo dorthin verbracht wurden. Der Konzern hat deshalb "Strafanzeige gegen Unbekannt" gestellt. Die Projektverhinderer - wie könnte es anders sein - weisen den Verdacht der Manipulation weit von sich. Vermutlich wird die Anzeige nicht zur Identifikation des Täters führen. In diesem Fall würden die genannten Mehrkosten für S 21 wohl beim Steuerzahler verbleiben.


Naturschutz contra Windkraft

Auf dem Gebiet der Erneuerbaren Energien passiert es nicht selten, dass die Zielvorstellungen Wirtschaftlichkeit und Naturschutz einander diametral gegenüber stehen. Insbesondere bei der Windkraft erbringen gute Standorte nicht selten 50.000 Euro Pachteinnahmen pro Jahr und Windrad, während der gleiche, hektargroße Acker bei landwirtschaftlicher Verpachtung kaum mehr als 700 Euro löhnt. Vor allem um windhöffige Lagen wird heftig gerungen, denn die Leistung eines Windrads steigt oder fällt - aus physikalischen Gründen - mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit. Bei doppelter Windanströmung steigt die Leistung also auf das Achtfache, umgekehrt fällt sie bei halber Windgeschwindigkeit auf ein Achtel, also 12,5 Prozent. Da inzwischen in Deutschland bereits 40.000 Windräder installiert sind, gibt es nur noch wenige ergiebige "Filetstücke".

Haben sich die privaten oder kommunalen Investoren mit dem Projektentwickler endlich geeinigt, dann wird der Bau des Windparks meist energisch voran getrieben, denn auch hier gilt: Zeit ist Geld. Doch vor Baubeginn müssen noch die Genehmigungen erlangt werden und mit ihnen all die erforderlichen Gutachten. Insbesondere das Umweltgutachten ist da nicht selten der Stolperstein, denn die Tierwelt in der Umgebung der Windräder muss optimal geschützt werden. Stellt man in dieser kritischen Projektphase fest, dass Mäusebussarde, Schreiadler oder Rotmilane in den benachbarten Baumkronen hausen, dann ist das für die Geldgeber der "maximale Unfall GAU", denn das Habitat dieser Vögel darf per Gesetz nicht gestört werden.




Rotmilan (Milvus milvus)
(Flügelspannweite ca. 1,80 bis 2 m)

Früher hatten die Tiere keinen Einfluss auf die Planung und den Bau von Windparks. Heute können die Vögel - via Artenschutzregelung - den Bau dieser Stromanlagen verhindern. Also müssen sie, aus der Sicht mancher Leute, verschwinden. Dann tauchen sie in den Gutachten nicht mehr auf und der Genehmigung steht nichts im Wege. Die relativ "humanste" Methode ist das "Vergrämen" der Vögel. Durch Lärm versucht man die Rotmilane und Habichte zu verscheuchen, was insbesondere bei Beginn des Brutgeschäfts noch erfolgreich sein kann. Zeigt diese Störung keine Wirkung, dann werden die Großvögel vergiftet oder gar erschossen. Zuweilen wird auch ein Baum mit Steigeisen bestiegen und der Horst auf die Erde gekippt. Eine Radikalmethode ist das Fällen der Bäume mit Brutpaaren. Obwohl dies häufig mit schweren Maschinen (Harvester) geschieht, welche eigentlich auswertbare Reifenspuren hinterlassen, wird kaum jemals ein Täter gefasst. Das Schweigen der Dorfgemeinschaft, insbesondere in manchen Gemeinden von Mecklenburg-Vorpommern, erinnert an mafiöse Strukturen.


Der Artenschutz ist ein scharfes Schwert

Schon seit langem wissen die Bauherren und ihre Gegner, welch scharfes Schwert der Artenschutz ist. Ganz gleich, ob das Große Mausohr (eine Fledermausart), der Blauschwarze Moorbläuling (ein Schmetterling oder die halberwachsene Raupe eines Nachtkerzenschwärmers (ein Falter) entdeckt wird - die Konsequenzen sind still stehende Bagger. In Hamburg hat der Schierlings-Wasserfenchel (eine krautartige Sumpfpflanze) die Elbvertiefung verhindert und in Stuttgart-Fellbach ging ein Investor pleite, weil plötzlich Wanderfalken seinen Hochhausturm bezogen.

Zu empfehlen wäre eine größere Portion an Gelassenheit auf beiden Seiten. Die vor 35 Jahren aufgenommene Klage der Musikband Gänsehaut ("Karl, der Käfer, wurde nicht gefragt, man hat ihn einfach fortgejagt") ist längst in ihr Gegenteil verkehrt worden.

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