Samstag, 25. Februar 2012

Unseriös

Nun ist es also raus: die Physiker am Genfer Kernforschungszentrum "CERN" haben keine Elementarteilchen produziert, die sich schneller als das Licht fortbewegen. Ein halbes Jahr lang haben sie die wissenschaftliche Welt mit der Vermutung elektrisiert, Neutrinos wären von Genf ins 730 Kilometer entfernte Gran Sasso in Italien mit einer Geschwindigkeit gereist, die um 0,002 Prozent grösser gewesen sei, als die Lichtgeschwindigkeit. (Ca. 299 792  Kilometer pro Sekunde).

 Die Neutrinos wurden im Rahmen des Forschungsprojekt "Opera" am Super Proton Synchrotron beim CERN erzeugt, indem man energiereiche Protonen auf eine Graphitfolie schoss. Im Untertagelabor des Gran-Sasso-Massivs hat eine zweite Gruppe von Wissenschaftlern die Zeit gemessen, welche die Kernteilchen für ihre Reise von den Alpen in die Abruzzen gebraucht haben. Angenommen wurde, dass die Neutrinos sich langsamer als Licht bewegen würden. Die Messungen indes erbrachten das Gegenteil: die Neutrinos waren - scheinbar - schneller!

Hier muss man mit der Kritik ansetzen. Statt ihre Messapparaturen genau zu überprüfen, gingen die (meist italienischen) Physiker sehr schnell an die Öffentlichkeit, z. B.  an die britische BBC und an die amerikanische New York Times. Dort kreierten sie Schlagzeilen, wie "Die spezielle Relativitätstheorie von Albert Einstein ist widerlegt". Zu einer Veröffentlichung ihrer neuen Theorie in einer seriösen wissenschaftlichen Zeitschrift fehlte ihnen wohl der Mut, vielleicht wurden sie dort auch abgewiesen. Nun mussten sie zugeben, dass ihre Messapparatur nicht in Ordnung war: ein banaler Stecker soll es gewesen sein, der die falschen Messdaten hervorgerufen hat. Das Ganze ist peinlich hoch drei. Bevor man Heroen der Physik, wie Albert Einstein, vom Sockel stürzt, hätten die Forscher  etwas länger nachdenken sollen und mehr Kritik gegenüber dem eigenen Tun üben sollen.

Denn Messungen an Neutrinos sind nicht trivial, sondern gehören zu den schwierigsten Aufgaben in der Experimentalphysik. Die Neutrinos wurden schon 1930 theoretisch von Wolfgang Pauli vorhergesagt, aber erst 1956 wirklich durch Messung verifiziert. Ihre Masse ist sehr, sehr gering, zudem gibt es nicht nur eine einzige Art von Neutrinos, sondern deren drei. Zur Verwirrung trägt weiterhin bei, dass sich diese Elementarteilchen ständig ineinander umwandeln. Von der Sonne erreichen uns in jeder Sekunde viele Milliarden Neutrinos, welche die Erde praktisch ohne Wechselwirkung durchdringen. Auch explodierende Sterne (Supernovae) setzen riesige Mengen an Neutrinos frei. Bei der Supernova1987A, die vor 25 Jahren in der Magellanschen Wolke explodierte, konnte man übrigens feststellen, dass die Neutrinos -  ebenso wie die Lichtteilchen -  zur gleichen Zeit auf der Erde ankamen. Wären die Theorien der Opera-Forscher richtig gewesen, dann hätten die Astronomen beide Teilchensorten zeitverschoben gemessen.


Voreilige Verlautbarungen

Blickt man die letzten vier Jahre zurück, dann ist es nicht das erste Mal, dass die Forscher am CERN und im Gran Sasso voreilig "hurra" geschrien haben. Ankündigungen von (angeblichen) Durchbrüchen in der Physik in der Weltpresse scheinen dort die Regel zu sein. Ich möchte nur drei solcher Fehlmeldungen nennen, die später korrigiert werden mussten. Im August 2008 wurde am CERN die Inbetriebnahme des weltgrössten Beschleuniger, des Large Hadron Collider (LHC),  verkündet. Es dauerte nur einen Monat, bis diese hochgepriesene Maschine einen gravierenden Störfall erlitt, der eine mehrjährige Reparatur erforderlich machte. Die Ursache waren schlampig durchgeführte Qualitätskontrollen.

Der Beschleuniger war kaum (bei Teillast) wieder in Betrieb, als in Genf ein Raunen um das sogenannte Higgs-Teilchen einsetzte. Dies ist ein von den Theoretikern vorhergesagtes Kernteilchen, welches den übrigen Elementarteilchen gewissermassen ihre Masse verleiht. Die Diskrepanzen in der sogenannten Standardtheorie der Kernphysik würden damit verschwinden. Noch haben die CERN-Physiker das Higgs-Teilchen nicht so glasklar nachgewiesen, sodass sie ihre Ergebnisse in den Zeitschriften Science oder Nature  publizieren können - aber immer wieder wird in der Weltpresse die Vermutung gestreut, dass unter den riesigen akkumulierten Datenmengen das Higgs-Teichen bereits "versteckt" sein könnte. Die berühmte Nadel im Heuhaufen, allerdings noch nicht wirklich gefunden.

Auch die italienischen Forscher im Gran-Sasso-Labor können bisweilen das Wasser nicht halten. Vor einigen Jahren verkündeten sie die Entdeckung des "Neutralino", eines Teilchens, das zur sogenannten Dunklen Materie gehört und welches von den String-Theoretikern heftig gesucht wird. Auch diese Pressemeldung musste später zurückgezogen werden. Angeblich hatten "Nebeneffekte" die Messungen negativ beeinflusst.

All diesen Hurra-Rufen ist gemeinsam, dass mit ihnen Durchbrüche in der Physik verbunden gewesen wären. Die Entdeckung der Überlichtgeschwindigkeit, des Higgs-Teilchens und des Neutralinos würden mit dem Nobelpreis der Physik honoriert, das kann man mit ziemlicher Sicherheit annehmen. Vielleicht ist es dieses lockende Ziel, welches die Forscher frühzeitig, nein allzu frühzeitig, "hier" rufen lässt. Im Kampf um diese ultimative Ehrung ist wohl manchem jedes Mittel recht.

Was lernen wir daraus? Nun, Physiker sind eben auch nur Menschen, bisweilen sogar unseriöse.

Sonntag, 19. Februar 2012

Auch Bundesrichter wollen befördert werden

Am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe gibt es Zoff. Einige Richter streiten sich mit ihrem Ober-Chef und das schon seit fast einem Jahr. Jetzt ist es öffentlich geworden und in den Zeitungen steht zu lesen, was Monate vorher nur unter Kundigen gemurmelt worden ist. Dabei haben - von aussen betrachtet - die Richter am BGH keinen üblen Job. Der Bundesgerichtshof ist nämlich im wesentlichen ein Revisionsgericht. Das bedeutet, dass er selbst keine Beweisaufnahmen machen muss. "Tatsache" ist, was von den unteren Gerichten, also den Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten bereits an "Beweisen" eruiert worden ist.

Der BGH beschränkt sich im wesentlichen darauf, die juristische Beurteilung eines Falles nachzuprüfen. Wenn er feststellt, dass die Vorinstanz einen rechtlichen Fehler gemacht haben sollte, dann verweist er den Fall zur erneuten Verhandlung zurück. Ein praktisches Beispiel aus meiner simplen Sicht als Physiker, als juristischem Laien: Nehmen wir an, das Amtsgericht Karlsruhe verurteilt einen Ladendieb zum Tode durch Erhängen, dann wird dieses Urteil vom BGH aus zumindest zwei Gründen kassiert. Erstens, weil es doch etwas zu harsch ist und zweitens, weil die Sanktionierung Tod durch den Strang in Deutschland bereits seit einiger Zeit abgeschafft worden ist.



Der Bundesgerichtshof in winterlichen Ambiente

Bei dem oben genannten Streit geht es aber nicht um juristische Finessen, sondern um die organisatorische Einordnung einzelner Richter, genauer gesagt um ihre Beförderung beziehungsweise Abstufung. Im wesentlichen ist der BGH wie folgt organisiert: er besteht aus 12 Zivilsenaten und 5 Senaten für strafrechtliche Dinge. Jeder Senat hat vier Richter und einen Vorsitzenden (Zwei weitere Richter stehen "in Reserve"). Über den Senaten schwebt der Präsident. Seit dem Jahr 2008 ist es Professor Dr. Klaus Tolksdorf, der 8. Präsident in der 62-jährigen ruhmreichen Geschichte des BGH.

Präsident Tolksdorf scheint ein scharfes Regiment zu führen. Wer ihm nicht passt, den befördert auch nicht. Das ist im Prinzip sein gutes Recht und und so hat er - als die Neubesetzung des Vorsitzes im 2. Strafsenat anstand - Thomas Fischer, den kommissarischen Vorsitzenden dieses Senats und Bewerber für den Vorsitz, erst einmal auf die Seite gerückt und abgelehnt. Tolksdorf scheint Fischer für eine Art Querulanten zu halten und will ihn nicht befördern. Fischer wiederum, der ein juristisches Ass zu sein scheint und einen wichtigen Kommentar zum Strafrecht verfasst hat, lässt sich das nicht gefallen. Er ging wegen des schlechten Zeugnisses zum Verwaltungsgericht und bekam dort recht.

 Zwischenzeitlich geriet Tolksdorf in Nöte, weil der 2. Strafsenat keinen Vorsitzenden hatte, was nach Gesetz und Ordnung nicht sein darf. Schlitzohrig ernannte Tolksdorf daraufhin den Vorsitzenden des 4. Senats in Personalunion auch zum Chef des (verwaisten) 2. Senats. Jetzt brach das Theater aber erst richtig los und der vorher interne Streit wurde öffentlich. Bundesjustizministerium und Verwaltungsgerichte prüfen derzeit, ob so eine Doppelbesetzung überhaupt rechtens ist. Wenn nicht, dann könnten die zwischenzeitlich ergangenen Urteile der Strafsenate auch noch vom Bundesverfassungsgericht gekippt werden. Die Verteidiger - als Elite der deutschen Rechtsanwälte - positionieren sich schon in diese Richtung.

Und wer bleibt bei diesem Streit auf der Strecke? Hoffentlich nicht die armen Angeklagten, die im Gefängnis auf ein baldiges Urteil warten.

Samstag, 11. Februar 2012

Sinnsprüche (1)

Altern -
ist die einzige bekannte Methode
um länger zu leben.
(Liv Ullmann)

*

Für angenehme Erinnerungen
muss man im Voraus sorgen.
(Paul Hörbiger)

*

Entferne dich von den Dingen,
bevor die Dinge sich von dir entfernen.

*

Wer sich sorgfältig auf ein Gespräch vorbereitet,
verhindert es.
Für Verhandlungen gilt das Gegenteil.
(Johannes Gross)

*

Olympische Spiele
sind eine wundervolle Gelegenheit,
um Zwietracht unter jenen Nationen zu stiften,
die sonst keine Berührungsflächen haben.
(G. B. Shaw)

*

Nichts bewahrt uns so gründlich vor Illusionen,
wie der allmorgentliche Blick in den Spiegel.
(Aldous Huxley)

*

Eine selbstbewusste Gesllschaft
kann viele Narren ertragen.
(John Steinbeck)

*

Wenn es morgens um 6 Uhr an der Tür klingelt
und ich kann sicher sein,
dass es der Milchmann ist -
dann weiss ich, dass ich in einer Demokratie lebe.
(Winston Churchill)

*

Mächtige verstehen einander immer -
mögen sie noch so verfeindet sein.
(Clemenceau)

*

Weniger die Tatsachen,
als die Meinungen der Menschen über die Tatsachen
sind von entscheidender Bedeutung.
(Epiktet)

*


Ein alter Freund ist besser
als zwei neue.
(Russisches Sprichwort)

*

Es wird nie soviel gelogen
wie vor der Wahl,
während des Krieges
und nach der Jagd.
(Bismarck)

*

Der Weg zum papierlosen Büro
ist fast genau so weit,
wie zum papierlosen Klo.
(Heinrich von Pierer)

*

Wenn du einem Freund zehn Dollar borgst
und er lässt sich nicht mehr bei dir sehen,
dannn ist das Geld gut angelegt.
(Paul Getty)

*

Erwarte nie etwas zurück!
Börsenhändler investieren das Geld anderer Leute solange -
bis es weg ist.
(Der Spiegel)

*

Ab einem gewissen Alter merkt man,
dass das, was man für die Generalprobe gehalten hat,
schon die Vorstellung war.
(Peter Ustinow)

*

Nicht wünschen,
was unerreichbar oder wertlos ist.

*

Geld,
das du besitzt, macht dich frei.
Geld,
dem du nachjagst, macht dich zum Knecht.

*

Ich erhoffe nichts,
ich fürchte nichts,
ich bin frei.

*

Beamte,
wenn sie umfallen,
fallen manchmal quer.

*

Man kommt zur Welt.
Man stirbt.
Fertig!
(Roald Dahl)

*

Wenn Karrieren
schwindelnde Höhen erreichen,
ist der Schwindel
häufig nicht mehr nachzuweisen.

*

Schlechte Argumente bekämpft man,
indem man ihre Darlegung nicht stört.
(Alec Guiness)


*

Um eine gut improvisierte Rede zu halten,
braucht man mindestens drei Wochen.
(Mark Twain)

*

Alle Menschen sind unsterblich -
solange sie leben.

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Angaben gemäß § 5 TMG:

Dr. Willy Marth
Im Eichbäumle 19
76139 Karlsruhe

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