Montag, 21. Mai 2018

Personal- und Finanzprobleme bei KIT - Vorschlag zur Lösung

26 Monate suchte das KIT in überregionalen Stellenanzeigen und durch direkte persönliche Anfragen nach einem neuen Finanzchef. Die Amtszeit des bisherigen Vizepräsidenten, des Physikers Dr. Ulrich Breuer, war nach einem Veto des KIT-Senats Ende 2017 abgelaufen. Nun ist "der Neue" endlich gefunden; er will sein Amt im Sommer 2018 antreten.

Breuer war in seiner fünfjährigen Tätigkeit bei KIT weniger beliebt als geachtet. Als er 2012 seinen Dienst antrat, fand er eine Millionenlücke im Budget des KIT vor, das er - nach den Bestimmungen des öffentlichen Haushaltsrechts - durch rigide Sparmaßnahmen über mehrere Jahre hinweg abbauen musste. In einer solchen Situation kann man sich schwerlich Freunde machen und so kam es dazu, dass die geschröpften Professoren des Senats vor ca. zwei Jahren gegen seine Vertragsverlängerung votierten.

Breuer hat inzwischen zügig eine neue Stelle als Kaufmännischer Direktor beim Dresdner Forschungszentrum gefunden. Im KIT musste man die Vakanz (kommissarisch und temporär) auf mehrere Schultern verteilen - eine finanzielle Gratwanderung angesichts der Höhe des Jahresbudget.



Michael Ganß mit Präsident Holger Hanselka (KIT)


Große Aufgabe für den Neuen

Der zukünftige Vizepräsident des KIT wurde im April 2018, zur großen Erleichterung der Führungsgremien, vom Senat "mit großer Mehrheit" bestätigt. Es ist der Maschinenbauer und Diplomingenieur Michal Ganß. Der 59-Jährige war seit 15 Jahren als Kaufmännischer Geschäftsführer im Helmholtz-Zentrum Geesthacht bei Hamburg tätig. Dieses Forschungszentrum wurde 1956 gegründet und hat mittels zweier Schwimmbadreaktoren etwa 40 Jahre lang Nuklearforschung betrieben. Vor knapp zehn Jahren wurde der letzte dieser Reaktoren stillgelegt und man verlegte sich auf Küsten- und Festkörperforschung. Das Helmholtz-Zentrum gehört mit ca. 800 Mitarbeitern und einem Jahresetat von rd. 100 Millionen Euro zu den kleineren Forschungseinheiten im Helmholtzbereich und wird vornehmlich vom Bund gefördert.

Was Michael Ganß beim KIT vorfinden wird, ist eine Institution, die um mehrere Nummern größer ist als sein bisheriger Arbeitsbereich. Das KIT besitzt einen Jahresetat  von 850 Millionen Euro, beschäftigt ca. 9.500 Mitarbeiter, darunter etwa 350 Professoren. Durch den Zusammenschluss von Forschungszentrum und Technischer Universität ist das KIT in seiner Struktur auch wesentlich komplexer geworden. Die Finanzierung erfolgt immer noch getrennt über Bund und Land und die Geldströme dürfen nicht vermischt werden. Die Verschlankung der Infrastruktur, was Breuer nur teilweise gelungen ist, steht nun als dringliche Aufgabe vor dem Nachfolger Michael Ganß. Dafür hat dieser, angesichts seines fortgeschrittenen Alters, vermutlich nur eine einzige Amtszeit zur Verfügung.


Häufiger Wechsel auf der Präsidialebene

Charakteristisch für die eher kurze 12-jährige Geschichte des KIT ist ein häufiger Wechsel auf der Präsidialebene bzw. (hierarchisch gleichrangig) des Vorstands. Nur selten wurden die zumeist 6-jährigen Amtszeiten sowie die ebenso langen Verlängerungen ausgenutzt. Das Kommen und Gehen der Topmanager in der KIT-Geschichte soll in Kürze dargestellt werden.

Dr. Manfred Popp, der Vorstandsvorsitzende des ehemaligen Forschungszentrum und Co-Vorsitzende des neuformierten KIT, verließ 2006 - bereits nach wenigen Monaten(!) - seine Position und verabschiedete sich in den Ruhestand.
Prof. Horst Hippler, Gründungspräsident des KIT, verließ vorzeitig im Mai 2012 - unmittelbar vor Verlust des Elitestatus - seine Position und ließ sich zum Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz wählen.
Prof. Eberhard Umbach, nach der formellen Fusion des KIT im Oktober 2009 zu dessen Präsidenten ernannt, verabschiedete sich bereits im Oktober 2013 in den Ruhestand.
Dr. Peter Fritz, Vizepräsident und Nuklearexperte, schied im Jahr 2013 als 61-Jähriger aus dem Präsidium aus.
Dr. Elke Luise Barnstedt, Vizepräsidentin für Personal und Recht von Anfang 2011 an, verabschiedete sich im Dezember 2016 vorzeitig in den vorgezogenen Ruhestand.
Dr. Ulrich Breuer, Vizepräsident des KIT für Wirtschaft und Finanzen von 2012 an, wurde vom Senat die Verlängerung seines Dienstvertrags verweigert und schied im Dezember 2017 aus dem Präsidium aus.

Der jetzige Präsident des KIT, Professor Dr. Holger Hanselka, ein Maschinenbauer, kam von der Fraunhofer-Gesellschaft und trat 2013 sein Amt an. Seine Wiederwahl - für die er kandidieren will - steht also im nächsten Jahr an. In einem Zeitungsinterview bekannte sich Hanselka erstaunlich offen dazu, dass er nicht die übliche Vertragsverlängerung von 6 Jahren, sondern lediglich eine solche von 4 Jahren anstrebe. Die verbleibenden 2 Jahre wolle er "genießen", denn insgesamt 10 Jahre für dieses Amt bei KIT seien anstrengend genug. Falls die Gremien dem zustimmen, wird man also schon mittelfristig wieder nach einem Präsidenten suchen müssen.


KIT-Vision:  Filettieren oder Eindampfen

Seinen ursprünglichen Erwartungen konnte das KIT bislang nicht gerecht werden. Die Gründungsväter haben "wissenschaftlichen Mehrwert, eine schlankere Verwaltung und mehr finanziellen Spielraum" versprochen. Nichts davon ist eingetreten. Stattdessen hat man durch den Zusammenschluss von FZK und TU einen Koloss, um nicht zu sagen ein organisatorisches Monstrum geschaffen, das kaum zu managen ist, viel Geld verschlingt und aus der Sicht vieler Institute und Fakultäten nicht notwendig wäre. Schuld daran ist unter anderem das KIT-Gesetz, welches bindend vorschreibt, dass die Geldströme von Bund und Land nicht miteinander vermengt werden dürfen, sowie die über viele Jahre gewachsenen "verschiedenartigen Kulturen" von FZK und TU.

Angesichts dieser unerfreulichen Situation, in welche nichts ahnende bis naive Organisationslaien die beiden frühen eigenständigen Partner gedrängt haben, sollte man die Trennung von FZK und TU ernsthaft in Erwägung ziehen. Es wäre sozusagen die Filettierung des KIT , ein organisatorischer Reset, welcher die ursprünglichen und inhärenten Kräfte der beiden Einheiten wieder freilegen würde. Allerdings wäre dafür die komplette Abschaffung des 2009 beschlossenen KIT-Gesetzes erforderlich. Daran ist jedoch schwerlich zu glauben, denn die Politiker scheuen es, ihre eigenen Gesetze zu annullieren und sich damit der Kritik der Opposition und den Medien auszusetzen.

Es gibt aber noch eine weitere Möglichkeit, um aus der gegenwärtigen vertrackten Situation herauszukommen. Ich möchte sie als Eindampfen des KIT bezeichnen. Dafür wäre eine Sortierung aller Aufgaben und Abläufe des KIT erforderlich - je nachdem ob diese vom Forschungszentrum allein, oder von der Universität allein, oder: nur im Zusammenwirken von FZK und TU, also vom KIT, erledigt werden können. Diese thematische Aufspaltung würde mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben, dass allenfalls für 10 Prozent der jetzigen Aufgaben ein inniges Zusammenwirken von FZK und TU erforderlich wäre. Ausgedrückt in Geld sind dies ca. 85 Millionen Euro pro Jahr.

Dies vorausgesetzt, sollte man die früheren Gesellschafter FZK und TU wieder aufleben lassen und ihnen ihre Selbstständigkeit zurückgeben. Der Rest wäre eine Fusionsgesellschaft KIT-neu, für die weiterhin die KIT-Gesetze gelten würden - allerdings in leicht novellierter Form. Die gemeinsamen Aufgaben würden in einem Anhang dieses revidierten Gesetzes festgelegt und jährlich neu (unter enger Mitwirkung des Senats) beschlossen. Im Prinzip würde man sich damit dem Jülicher Kooperationsmodell "JARA" annähern, allerdings die Bezeichnung KIT beibehalten.

Wer könnte diese Umorganisation lancieren und auf den Weg bringen? Nun, nicht in erster Linie der Präsident. Sein Arbeitsvertrag sieht vor, das KIT in seiner gegenwärtigen Form zu leiten; eine Initiative von seiner Seite würde zuviel unerwünschten medialen Wirbel verursachen. Auch der Aufsichtsrat wäre in der Anfangsphase wohl nicht das optimale Gremium. Seine wirkmächtigsten Mitglieder, die Abgesandten von Bund und Land, kämen mit den Vorschlag eines KIT-neu wohl kaum über die Staatssekretärsebene hinaus. Nein, das Ganze sollte klug von einigen Senior-Mitgliedern und renommierten Professoren des Senats "eingetütet" und vorsichtig den Entscheidungsträgern in Bund und Land schmackhaft gemacht werden. Der richtige Zeitpunkt für ein solches Vorgehen wäre vermutlich kurz nach der gegenwärtig laufenden Exzellenzinitiative, wo KIT hoffentlich einige ihrer Projekte ("Cluster") durchbekommen wird - aber wohl kaum den 2012 verlorenen Titel "Eliteuniversität".

Das "Eindampfen" des KIT und seine Umwandlung in FZK, TU sowie KIT-neu könnte mit geringem Aufwand an Management und rechtlichen Veränderungen vollzogen werden und hätte außerdem den Charme, dass die aufwändige externe Suche nach geeignetem Führungspersonal (bei Beginn) überflüssig wäre. Denn das Leitungspersonal könnte mühelos und effizient aus dem bereits vorhandenen Fundus von Präsidenten, Vizepräsidenten, Bereichsleitern und Vorständen rekrutiert  werden. Das Management von KIT-neue könnte in Personalunion durch Führungspersonen oder Prokuristen der beiden Hauptgesellschaften FZK und TU geschehen.

Also:  Glückauf!

Samstag, 12. Mai 2018

Quo vadis, EnBW?

Das Gute vorweg:
Das Energieversorgungsunternehmen EnBW zahlte seinen Aktionären wieder eine Dividende. Mit 50 Cent pro Aktie fiel sie zwar nicht üppig aus, aber im Vorjahr lag diese Rendite noch bei Null. Das hat manchen Teilnehmer der diesjährigen Hauptversammlung (HV 18) wohl bewogen, beim Caterer-Mittagessen gleich doppelt zuzuschlagen. (Angebot: Wiener Würstl mit Kartoffelsalat und Softdrink).

Genauer betrachtet war der Sponsor für die diesjährige Dividende zum großen Teil der ehemalige Finanzminister Wolfgang Schäuble. Er hatte im Vorjahr die EnBW noch mit einer Kernbrennstoffsteuer von 1,44 Milliarden Euro belegt, die er - auf Veranlassung des Bundesverfassungsgerichts - aber wieder herausrücken musste. Daraus wurde im Wesentlichen die besagte Dividende finanziert.






EnBW-Chef Frank Mastiaux bei der HV- 2018


Dramatischer Rückgang bei der Stromerzeugung

Vor der Energiewende war die EnBW in Deutschland das drittgrößte EVU, welches 5,5 Millionen Kunden mit Strom (sowie Gas und Wasser) zuverlässig versorgte. Dazu trugen etwa zwei Dutzend Kraftwerke bei, fünf davon große Kernkraftwerke, der Rest basierend auf Kohle, Gas, Wasser und der Pumpspeichertechnologie. Das frühere Standbein "Erzeugung" soll in Zukunft - nach den Strategievorstellungen des CEO Frank Mastiaux - eine immer geringere Rolle spielen. Die Kernkraftwerke werden, aus politischen Gründen, im Jahr 2022 in Gänze abgeschaltet sein und als längst abgeschriebene "Gelddruckmaschinen" keine Rolle mehr spielen. 

Aber auch die Kohlekraftwerke stehen im Visier. Anlagen, welche den Umwelt- und den Rentabilitätsstandards nicht mehr genügen, werden bei der Netzagentur zur Stilllegung angemeldet. Bei einem Drittel der Steinkohlekapazität ist dies bereits geschehen. Mastiaux: "Wir gehen davon aus, dass die Kohlekraftwerke auf das politisch gewollte Aus zusteuern". Aktuell betreibt die EnBW noch acht Kohlekraftwerke mit 4.200 Megawatt (MW) sowie zwei Gaskraftwerke und zwei Kernkraftwerke. Vor der Energiewende hatte der Konzern ein Erzeugungsporfolio von 15.500 MW. In dieses trübe Bild passt, dass die EnBW inzwischen auch ihre Großkunden wie Daimler, Deutsche Bahn etc. verloren hat, welche ihren Strom nun selbst und billig an der Deutschen Strombörse in Leipzig für 2 bis 3 Cent/kWh ordern. Ach ja, bei den Erneuerbaren Energien Wind und Sonne sind inzwischen 1.700 MW installiert, die bei niedriger Verfügbarkeit und zu nicht planbaren Zeiten gelegentlich etwas Strom liefern.


Auf der Spur der Subventionen?

Der Strategiewechsel, welchen der Vorstand der EnBW plant, ist dramatisch und wird das Image des Konzerns erkennbar verändern. Bis zum Jahr 2020 soll der Gewinnbeitrag bei der Branche "Erzeugung und Handel" um volle 80 Prozent zurückgehen. Demgegenüber soll dieser Beitrag bei den "Erneuerbaren Energien"(EE) um 250 % und bei den "Netzen" um 25 % ansteigen. Das traditionelle Geschäftsmodell wird also fast ganz wegfallen, während die subventionierten Bereiche EE und Netze massiv hochgefahren werden. Einige Teilnehmer bei der HV 18 fragten sich bereits, ob der Konzern damit die "süßen Trauben" der staatlichen Subventionen pflücken möchte, anstelle die "harten Nüsse" der traditionellen Stromerzeugung zu knacken.

Auch bei der E-Mobilität will sich die EnBW stärker engagieren und plant dafür die Ausweitung des Tankstellennetzes entlang der Autobahnen. Die Belastung des Stromnetzes (im privaten Bereich) durch viele gleichzeitige abendliche Ladevorgänge stellt die Netzstabilität vor große Herausforderungen und soll in praxi in den Ostfildern untersucht werden.

Schließlich will man sich bei EnBW weiterhin im Bereich Smart Home betätigen. Allerdings ist das ein hartes Brot, denn in der Haustechnik liegen zwischen Hersteller und Kunden noch der Großhandel und das Handwerk. Viele propagierte Anwendungen haben bislang erst den Charakter einer "netten Spielerei", denn nicht jeder Kunde möchte vom Bett aus - via Smartphone - die Dusche bedienen oder den Herd einschalten. Das "intelligente Haus" wird sich wohl erst dann durchsetzen, wenn sein Nutzen hoch und die Kosten vertretbar sind.


Ein Mega-Deal am Horizont?

Hartnäckig fragten Kleinaktionäre bei der besagten HV 18 immer wieder nach, was an der Meldung der Wirtschaftszeitung "Handelsblatt" dran sei, wonach die EnBW ihre konventionellen Kraftwerke an den großen Rivalen RWE verkaufen wolle. Angeblich seien die Firmenchefs darüber schon seit Monaten im Gespräch - nur der Kaufpreis werde noch kontrovers diskutiert. Nun, Mastiaux ließ sich dazu keine Details entlocken, gab aber dennoch zu, dass man mit anderen EVU "immer wieder mal gemeinsam interessierende Themen bespreche".
Ein heißes Thema, gewiss. Denn: wenn EnBW an RWE verkaufen würde, wäre die Zukunft von 2.800 Mitarbeitern offen.


Samstag, 5. Mai 2018

Ein Waldstädter wird Chef der BASF

Die Waldstadt ist ein beschaulicher Ortsteil im Norden der Stadt Karlsruhe. Bis auf gestern - da wurde einer ihrer (früheren) Bewohner doch glatt zum Vorstandsvorsitzenden (also "obersten Chef") des weltweit größten Chemiekonzerns BASF ernannt. Wow! Wenn das keinen Blog wert ist. Zumal ich den Glücklichen - Dr. Martin Brudermüller - schon seit früher Jugend persönlich kenne.

Martin ist nämlich der Sohn des (leider vor einigen Jahren verstorbenen) Dr. Gerhard Brudermüller, einem ausgewiesenen Kernphysiker, mit dem ich jahrzehntelang beruflich eng verbunden war: Gerhard war Betriebsleiter mehrerer Kernkraftwerke, an denen ich als Projektleiter wirkte. Dass sein Filius Martin, nach anfänglichen Präferenzen für den Arztberuf, sich schließlich doch zum Studium der Chemie entschied, veranlasste den Vater einmal zu der Bemerkung, dass Martin "den schmutzigen Teil der Physik" gewählt habe. Martin konterte darauf schlagfertig, dass die "Kernspaltung immerhin von dem Chemiker Otto Hahn entdeckt worden sei". An der Karlsruher Technischen Hochschule studierte Martin in raschem Tempo Chemie bis zur Promotion, ging als "Post Doc"für ein Jahr an die kalifornische Universität Berkeley und checkte 1988, also vor dreißig Jahren, als einer der vielen Chemiker, bei der BASF in Ludwigshafen ein.



Dr. Martin Brudermüller


Viele Stationen bei der BASF

Dort wurde der junge Doktor bald der Vertriebsabteilung in Italien zugeordnet, wo er mit großem Erfolg die Chemikalien seiner Firma verkaufte. Dabei entdeckte er aber auch seine Vorliebe für italienische Weine und konnte so seiner heimischen Weinkellerei manch wertvollen Typ geben. Die BASF gehört nämlich - was nicht allseits bekannt ist - zu den zehn größten Weinhandelsunternehmen in Deutschland und verkauft jährlich etwa eine Million Liter Weine aus vielen Topregionen. In ihren Kellern lagern 2.000 verschiedene Weinsorten, die älteste aus dem Gründungsjahr der Firma in 1865.

Wieder zurück in der Mutterfirma durchlief Martin fast alle Sparten des Unternehmens. Er arbeitete in der Forschung, im Vorstandsstab und in der strategischen Planung. Später leitete er Teile der Produktion und sogar einen ganzen Unternehmensbereich. Von seinen Mitarbeitern verlangte er viel, war aber auch bereit sich selbst voll einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Brudermüller hat Spaß  am diskursiven Schlagabtausch; seine Untergebenen belegten ihn nicht zuletzt deshalb mit dem Spitznamen "John Wayne", ein Westernheld, der in schwierigen Situationen voran geht.

Im Jahr 2006 machte Martin einen großen Sprung: die BASF übergab ihm die gesamten Asiengeschäfte mit dauerhaftem Sitz in Hongkong. Bald wurden auch andere Unternehmen auf den agilen Manager aufmerksam und er wurde zum China-Sprecher seiner Wirtschaftsparte ernannt. Bislang Mitglied des Vorstandes nominierte ihn seine Firma 2011zum Stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden. Bei der gestrigen Hauptversammlung am 4. Mai 2018 erklomm Martin Brudermüller die letzte Stufe seiner Firmenkarriere: er wurde zum Vorstandsvorsitzenden der BASF gewählt. Einer Weltfirma mit 115.000 Mitarbeitern in 80 Ländern und an über 390 Produktionsstandorten., welche einen Umsatz von jährlich 65 Milliarden Euro erzielt! Und die - ein absolutes Unikat - alle seine Vorstandsvorsitzenden seit 1865 intern besetzte, also niemanden von außen holte.

Den neuen Chef Brudermüller erwartet viel Arbeit - aber auch (grob abgeschätzt) eine Aufstockung seiner jährlichen Bezuüge von 5 auf 10 Millionen Euro.


Zukünftige Herausforderungen

Martin Brudermüller übernimmt den Chefsessel bei BASF zu einer Zeit großer Umwälzungen im weltweiten Chemiebereich. Besonders herausragend ist die Fusion der amerikanischen Konkurrenten  Dow Chemical und Du Pont zu Dow-Dupont. Dieses neu entstandene Unternehmen hätte eine überragende Marktkapitalisierung von 130 Milliarden Dollar, soll aber - auf Verlangen der mächtigen Investoren - sogleich wieder in drei noch profitablere Teile zerlegt werden. In Deutschland macht seit Monaten der Konkurrent Bayer Schlagzeilen, wegen der Übernahme von Monsanto, wodurch der weltweit größte Saatgut- und Pflanzenschutzanbieter entsteht. Schließlich ist der Aufkauf der schweizerischen Firma Syngenta durch den chinesischen Konzern Chem-China zu nennen, an der auch die BASF (vergebliches) Interesse zeigte.

Die Ludwigshafener setzten bislang mehr auf Wachstum durch eigene interne Innovationen als durch große externe Zukäufe. Allerdings werden beim genannten Bayer-Monsanto-Deal (wegen zu erwartender Kartellauflagen) wohl Teile vom Leverkusener Konkurrenten zwangsläufig an BASF fallen und dort unter "Ergänzungsakquisitionen"  in Höhe von ca. 6 Milliarden Euro verbucht werden. Abgeben möchte die BASF die früher sehr gehätschelten Erdöltöchter Wintershall und DEA, um sie an die Börse zu bringen. Den klassische BASF-Slogan "vom Bohrloch zur Spezialchemie" wird man dann wohl umdichten müssen. Im gleichen Zug möchte man die Geschäftsbeziehungen zu Gazprom und Northstream auslagern, was manchen "Dekarbonisierungsfreak" freuen wird.

Einen speziellen Wunsch haben die Aktionäre , also die Eigentümer der BASF, bereits im Vorlauf geäußert: der Aktienkurs des Unternehmens soll in Zukunft schneller steigen. In der siebenjährigen Ära des Vorgängerchefs Kurt Bock waren dies bescheidene 40 Prozent. Relativ wenig im Vergleich zum Konkurrenten Bayer, wo der Kurs im gleichen Zeitraum um das Doppelte angestiegen ist. Der neue CEO wird dies sicherlich im Blick behalten.

Aber zunächst ist in Ludwigshafen (und bei Mama M. in der Waldstadt?) erst mal feiern angesagt:
-für die Ernennung von Martin Brudermüller zum Chef der BASF, und
-zur Würdigung seines heutigen 57. Geburtstag,
das Datum, an dem ich diesen Blog ins Internet gestellt habe.



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