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Sonntag, 5. November 2017

Martin Luther: der erste Medienstar

Heute, vor genau 500 Jahren, am 31. Oktober 1517, soll Martin Luther, als 31-jähriger Augustinermönch in schwarzer Kutte, seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg genagelt haben. Mit dieser Schlüsselszene der deutschen Geschichte hat die sogenannte Reformation begonnen. Diese Lehrsätze waren aber nur einem Fachpublikum verständlich, denn Luther hatte sie noch in der damaligen Gelehrtensprache Latein verfasst. Schon deshalb konnte die "Disputatio pro declaratione virtutis indulgentiarum" kein öffentlicher Aufreger sein. Der kam erst einige Monate später, aber dann mit gewaltiger Wucht.


Die Verwendung der deutschen Sprache

Im März 1518 schrieb Luther seine etwas langatmigen lateinischen Thesen um, und zwar verkürzt und in deutscher Sprache. Das war eine Sensation, denn bis dato waren fast alle Druckwerke auf Latein erschienen. Im "Sermon von Ablass und Gnade" reduzierte er die sperrigen Thesen auf 20 knappe Absätze. Klipp und klar sagte er darin: "Du sollst vor allem deinen nächsten Armen geben, statt unnütze Ablassbriefe zu kaufen, mit deren Erlös der Papst nur die Peterskirche in Rom finanziert".

Prediger und öffentliche Vorleser verbreiteten den Leseunkundigen Luthers Ideen von der Kanzel herab oder auf dem Marktplatz. Menschentrauben bildeten sich, wo immer der Sermon in deutscher Sprache verkündet wurde. Die leicht verständlichen Formulierungen wurden zum Fanal. Luther erschloss mit ihnen eine neue gesellschaftliche Sphäre: die Öffentlichkeit. Er demokratisierte damit das Wissen um die Religion.


Die Nutzung des Buchdrucks

Für die Verbreitung des "Sermon" nutzte Luther erstmals in großem Umfang den Buchdruck, welcher Mitte des 15. Jahrhunderts von dem Mainzer Kaufmannssohn Johannes Gutenberg erfunden worden war. Diese Revolution zur maschinellen Herstellung von Büchern verbreitete sich anfangs erstaunlicherweise nur schleppend. Dafür gab es zwei Gründe. Zum einen war das Buch damals immer noch Luxusgut, das nur von Fürsten und Bischöfen für ihre repräsentativen Bibliotheken aufgekauft werden konnte. Zum anderen wurden damals fast alle Bücher in Latein verfasst, was die breite Bevölkerung als Käuferschicht ausschloss. Die typische Auflage eines Buchs lag zu jener Zeit bei 200 Exemplaren.

Luther war der erste "Schriftsteller", der die Möglichkeiten des neuen Mediums Buchdruck zu nutzen verstand. Er perfektionierte das Format, reduzierte den Preis und steigerte die Auflage. Von den 45 Werken, die er in den Jahren 1518 und 1519 veröffentlichte, hatte die Hälfte gerade mal acht oder weniger Seiten Umfang. Nach heutigem Verständnis würden wir von "Flyer" sprechen. Sie waren schnell hergestellt und konnten billig unter die Leute gebracht werden. Kaum fassbar, dass in den beiden genannte Jahren 250.000 bis 300.000 Exemplare verkauft wurden.


Die Illustration der Texte

"Ein Bild sagt mehr als tausend Worte", dieser Spruch galt schon im Mittelalter. Wie sonst wäre die aufwendige Ausmalung der Kirchen zu begreifen. Luther hatte besonderes Glück, weil der Hofmaler von Friedrich III, dem Kurfürsten von Sachsen, Gefallen an ihm gefunden hatte. Es war der berühmte Lucas Cranach der Ältere, neben Albrecht Dürer der bedeutendste deutsche Renaisssancekünstler. Fast alle Luther-Portraits, wohl um die 300 (!), entstammen exklusiv den Cranach-Werkstätten, wo auch noch seine Söhne Hans und Lukas Cranach der Jüngere mithalfen. Luther wusste um die Wirkung dieser Bilder. Er signierte und verschickte diese Portraits, wie es heute Popstars und Politiker mit ihren Fotographien tun. Der Name Wittenberg kommt bald hinzu, gewissermaßen als Qualitätssiegel und Herkunftsnachweis.

Luthers Flugschriften gibt Lukas Cranach ein unverwechselbares Erscheinungsbild: ein dekorativer Rahmen und ein aufwendig gestalteter Holzschnitt auf dem Titelblatt. Der Holzschnitt bietet einen entscheidenden produktionstechnischen Vorteil: Die Illustration lässt sich zusammen mit dem Text in einer Druckform umsetzen. So können Bild und Text - anders als beim Kupferstich -in einem einzigen Arbeitsgang gedruckt werden. Der Name des Autors, (früher nie prominent auf dem Titel), wird immer stärker hervorgehoben, ebenso wie der Name der Stadt Wittenberg. Zwischen den Jahren 1520 und 1526 erscheinen etwa 11.000 Flugschriften mit einer geschätzten Gesamtauflage von elf Millionen Exemplare. Honorare kassierte Luther für seine Erzeugnisse übrigens niemals; er wollte sich nicht dem Vorwurf aussetzen, dass er seine Ideale "verkaufe". Luther reichte sein (relativ bescheidenes) Professorengehalt, aufgebessert durch die Zimmervermietung seiner Frau ("der Lutherin") an Studenten der hiesigen Universität.


Die Luther-Bibeln

Als über den standhaften Luther 1520 in Worms die "Reichsacht" verhängt wurde, ließ ihn sein Beschützer Kurfürst Friedrich, genannt "der Weise", auf der Rückreise aus Sicherheitsgründen abfangen und auf die Wartburg verbringen. Unter dem Tarnnamen "Junker Jörg" ließ sich Martin Luther Haare und Bart wachsen und litt unter großer Langeweile. Es soll sein Freund Philipp Melanchton gewesen sein, der Luther zur Übersetzung des Neuen Testaments der Bibel überredete. Luther hatte in seinem Asyl lediglich die lateinische Bibelübersetzung "Vulgata" zur Hand und einige griechische Texte von Erasmus. Trotzdem war das Werk in nur 11 Wochen vollendet. Als er Anfang März 1522 wieder nach Wittenberg zurückkehren durfte, hatte er das fertige Manuskript im Gepäck. Das Neue Testament wurde zu einer bibliophilen Kostbarkeit. Meister Cranach stattete allein die Apokalypse mit 11 ganzseitigen Holzschnitten aus und pünktlich zur Leipziger Buchmesse im September 1522 lag es in der hohen Anfangsauflage von 3.000 Exemplaren vor und kostete nur einen Gulden. Noch im Dezember des gleichen Jahres wurde schon eine verbesserte Auflage nachgedruckt.


Die Lutherbibel 1534

Das Alte Testament der Lutherbibel war ein Gemeinschaftswerk. Etwa ein Dutzend Mitarbeiter waren daran beteiligt, insbesondere Kenner der hebräischen Sprache. Die besondere Aufmerksamkeit galt der sachkundigen Übersetzung des 1. Buch Mose. Die Lutherbibel wurde in die regionale frühneuhochdeutschen Sprechsprache übertragen. Die Gebrüder Grimm bezeichneten später Luther als den Wegbereiter des Neuhochdeutschen. Die Gesamtausgabe des Alten Testaments lag im Jahr 1534 vor und wurde wieder opulent grafisch ausgestattet von der Werkstatt Cranach. Heutige Marketingexperten würden von "Corporate Identity" sprechen, welche Lukas Cranach d. Ä. als "Chefdesigner" dem Werk angedeihen ließ. Von Anfang an wurde die Lutherbibel ein "Bestseller" bei den mittel- und norddeutschen "Protestanten".

Am 18. Februar 1546 starb Martin Luther 63-jährig in seiner Geburtsstadt Eisleben an einem Herzleiden. Der Erfolg der Reformation bedeutete zugleich die Spaltung der römischen Christenheit.
Heute zählt man ca. 800 Millionen protestantisch-evangelische Gläubige. 

Sonntag, 8. September 2013

"Strictly Kosher"

Rechtzeitig zum jüdischen Neujahrsfest (am 5./6. September) konnte man in einem Karlsruher Supermarkt koschere Lebensmittel kaufen. Im "Scheck-In" werden eine ganze Reihe von Nahrungsmittel angeboten, die den Stempel des Rabbiners der Jüdischen Kultusgemeinde tragen und deshalb den strengen jüdischen Speisegesetzen entsprechen, also "koscher" sind.  Die ca. tausend jüdische Mitbürger in Karlsruhe und Umgebung müssen zukünftig zum Einkaufen also nicht mehr nach Strassburg oder Frankfurt fahren.

Interessant ist, dass diese Produkte nicht auf einer speziellen Aktionsfläche präsentiert werden, sondern in den normalen Regalen zu finden sind; koschere Kekse befinden sich also unter den sonstigen Keksen. Angeboten werden u. a. Schokoladekuchen, Wein, Milch und Oliven, aber auch Gummibärchen, die mit zertifizierter Gelatine hergestellt sind. Im Tiefkühlbereich gibt es abgepacktes Fleisch und Wurst, wobei letzterer - siehe unten - garantiert kein Pferdefleisch zugesetzt ist.


Erlebnisse in Florida

Aus bekannten Gründen sind die jüdischen Speisegesetze dem deutschen Normalbürger auch heute noch nicht recht geläufig. Total unbekannt waren sie mir selbst, als ich vor gut 50 Jahren in den USA zu einem Post-Doc-Aufenthalt weilte. Im Winter 1962 besuchte mich ein deutscher Bekannter in Washington D. C. und wir beschlossen, eine Urlaubswoche im sonnigen Florida zu verbringen. Telefonisch buchte ich ein Hotel in Miami Beach, bei dem wir nach abendlichem Flug spät ankamen und sofort ins Bett fielen.

Am nächsten Morgen hatten wir tüchtig Hunger und suchten eilig den Frühstücksraum auf. Als ich beim Tischkellner "ham and eggs" bestellte, blickte ich in seine erstarrten Augen und etwas verdattert machte er mir klar, dass ham (also Schinken) nicht verfügbar sei, wohl aber Steak. Also revidierte ich meine Order zu "steaklet and milk-coffee", was den Kellner noch mehr aufstöhnen liess. "We are strictly kosher", erklärte er mir und verwies auf ein entsprechendes Schild am Eingang des Restaurants. Ich hatte es in der Eile leider übersehen, sonst wäre mir klar gewesen, dass ich mich in einem der vielen jüdischen Hotels in Miami befand, die zur Wintersaison vorzugsweise von jüdischen Touristen aus New York gebucht werden. Mein Bekannter hatte die Warnung "Strictly Kosher" übrigens gelesen, war aber aufgrund seiner defizitären Englischkenntnisse der Ansicht, dass es sich dabei um den Namen des Restaurantsbesitzers handele!

Nun, trotz dieses fundamentalen Missverständnisses gleich zu Beginn, verlief unser Urlaub durchaus zufriedenstellend. Die etwa hundert Hotelgäste - allesamt Juden - betrachteten uns zwei Deutsche ungefähr wie Eskimos in der Sahara und da wir hinreichend jung waren (beide in den Zwanzigern) konnte uns auch keine Mitschuld an den unsäglichen Taten der Nazis angelastet werden.


Viele sonderbare Vorschriften

Wieder zurück in Washington kam ich öfters in Kontakt mit jüdischen Wissenschaftlern und lernte allmählich deren rigide Speisegesetze kennen, die ihren Ursprung in den fünf Büchern Mose haben. Nicht alle Juden halten sich an diese Vorschriften, den sog. Kaschrut, aber die Orthodoxen sehr wohl. Zusammengefasst unterscheiden sie zwischen erlaubten und unerlaubten Tieren, verbieten den Blutgenuss und teilen die Lebensmittel auf in die drei Kategorien "fleischig", "milchig" und "neutral".

Nach dem dritten Buch Mose sind koschere (und damit essbare) Tiere solche, die zweigespaltene Hufe haben und Wiederkäuer sind, also Rinder, Schafe, Ziegen Damwild etc. Schweinefleisch - und damit auch der genannte ham - ist nicht koscher, da Schweine zwar gespaltene Hufe haben, aber nicht Wiederkäuer sind. Auch Pferde sind nicht koscher - obwohl sie Wiederkäuer sind - denn sie besitzen keine gespaltenen Hufe. Geflügel ist in der Regel koscher, ebenso wie die Fische. Ausgenommen ist hier der Aal, weil er (angeblich) keine Schuppen aufweist. Wegen des strengen Blutverbots werden die Tiere geschächtet, damit das Blut möglichst vollständig ausfliesst. Als weitere Regel gilt, dass fleischige Speisen nicht gleichzeitig mit milchigen Speisen verzehrt werden dürfen, weswegen auch meine Bestellung von Steak und Milchkaffee nicht ausgeführt werden konnte.

Was im Prinzip noch einfach klingt, bereitet im täglichen Umgang erhebliche Probleme. Für einen orthodoxen Juden muss alles koscher sein - sogar die Möbelpolitur. Den Rabbinern obliegt es, diese Produkte zu beurteilen und zu zertifizieren. Gegen gutes Geld, selbstredend. Gläubige Juden in einen christlichen Haushalt einzuladen ist praktisch nicht möglich, da sie sogar koschere Lebensmittel auf einem "Normalteller" nicht essen dürfen. (Kein Wunder, dass koschere Sternelokale im Guide Michelin kaum auftauchen). In einer koscheren Küche gibt es darüberhinaus getrenntes Geschirr und Töpfe für fleischige und milchige Speisen. In der Spülmaschine müssen sie in verschiedenen Einsatzkörben gewaschen werden (mit einem Leergang dazwischen), damit sich nichts vermischt. Zu trennen sind ebenfalls die Handtücher und die gesamte Küchenwäsche.

Gemäss einer weiteren Essvorschrift dürfen sich Fleisch und Milchprodukte nicht im Magen mischen. Zwischen fleischig und milchig - in dieser Reihenfolge - müssen in der Regel sechs Stunden liegen. Aber diese Vorschrift wird unterschiedlich gehandhabt: deutsche Juden haben sich auf drei Stunden geeinigt, holländische sogar auf nur 72 Minuten! Massgeblich ist die Meinung des jeweiligen Rabbiners.

Ganz rigide sind die Gesetze zum Pessach-Fest, das alljährlich an den Auszug aus Ägypten erinnert. Während dieses sieben Tage dauernden Festes ist es nicht erlaubt "Gesäuertes" zu geniessen. Kein Krümel an Getreide darf im Haus sein, egal in welch verwandelter Form. Reiche Juden leisten sich deshalb eigens eine Pessach-Küche, die für den Rest des Jahres nicht benutzt wird, ja sogar abgeschlossen ist. Dabei werden sogar die Türritzen verklebt, damit ja nichts Unerlaubtes hineindringt.

Im täglichen Leben befolgen keinesfalls alle Juden diese alten Speisevorschriften. Die sogenannten säkularen Juden essen das Gleiche wie jeder Europäer oder Amerikaner. Das gilt insbesondere für die Jugend. Während meines USA-Aufenthalts hatte ich einen jüdischen Bekannten, der aus einer orthodoxen Familie stammte. Jedes Mal, wenn er mich aufsuchte, inspizierte er meinen Kühlschrank und verzehrte mit besonderem Genuss die dort lagernden Schinken-Sandwiches. Einmal waren sie gerade ausgegangen und er stellte enttäuscht fest:

"No ham to-day, Bill?"











Mittwoch, 9. Juli 2008

Wie gottesgläubig sind Naturwissenschaftler?

"Sire, diese Hypothese brauche ich nicht", sagte Laplace, als Napoleon sich erkundigte, wie der berühmte Mathematiker ein Buch schreiben konnte, ohne Gott zu erwähnen. Demgegenüber ist bekannt, dass Newton, der Entdecker der Schwerkraft, tief religiös war, ebenso wie Kepler - und auch Galilei. Bei Darwin ist das eher zu bezweifeln, denn Evolution und biblische Genesis sind ziemlich diskrepant.

Die Fachzeitschrift "Nature" veröffentlichte 1998 eine Umfrage unter den Mitgliedern der US-National Academy of Science zu deren religiöser Einstellung. Demnach glaubten nur 7 % der Befragten an einen "persönlichen Gott". Das ist fast das genaue Gegenteil vom Profil der amerikanischen Bevölkerung, die mit über 90 % an ein übernatürliches Wesen glauben. Amerikanische Naturwissenschaftler sind also weitaus weniger gottgläubig als der übrige Teil der Bevölkerung.

Ähnlich ist die Situation in Grossbritannien. Bei einer vergleichbaren Umfrage der Royal Society bekannten sich nur 3,3 % der Fellows zu der Aussage: "Ich glaube an einen persönlichen Gott"; 78,8 % lehnten diese These ab. Interessanterweise gab es unter den Biologen noch mehr Atheisten als unter den Physikern.

Erwähnenswert ist auch die Recherche des "Mensa Magazine". ("Mensa" ist eine Vereinigung von Menschen mit hohen Intelligenzquotienten.) Es kam zu dem Ergebnis: "Je höher die Intelligenz oder das Bildungsniveau, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand religiös ist oder irgend eine Form von Glaubensüberzeugung hat".

Obwohl es eine Vielzahl noch lebender Astrophysiker gibt, sind nur ganz wenige ausserhalb ihrer wissenschaftlichen Community bekannt. Stephan Hawking, der britische Kosmologe, ist wohl einer von ihnen. Das hängt zum Teil mit seiner extremen körperlichen Behinderung zusammen, zum Teil auch mit seinen regelmässig erscheinenden populär-wissenschaftlichen Büchern, welche für Laien aber keineswegs so leicht zu lesen sind. Ganz besonders ist sein Name verknüpft mit der Erforschung der esoterisch anmutenden "Schwarzen Löcher", womit er sich seit mehr als dreissig Jahren beschäftigt. Der Nobelpreis konnte ihm noch nicht verliehen werden, denn die experimentelle Verifikation seiner Gedankenwelt ist sehr schwierig.

Hawking wird gelegentlich unterstellt, er sei gottgläubig; das ist aber sicherlich nicht der Fall. Meist bezieht man sich auf sein Buch "Eine kurze Geschichte der Zeit - die Suche nach dem Ursprung des Universums". Es endet mit der dramatischen (oder hinterlistigen?) Formulierung: "...denn dann würden wir Gottes Plan kennen" und wird deshalb ständig falsch interpretiert .
Wer jedoch die sieben weiteren Textstellen in diesem Buch genau liest, bei dem auf "Gott" Bezugzgenommen wird, kann nicht zu der Überzeugung kommen, dass Hawking wirklich religiös im Sinne der Bibel ist.

Der Physiker par excellence ist Albert Einstein. Obwohl bereits 1955 verstorben, scheint ihn heute noch jedes Kind zu kennen - wenn auch nur wenige Erwachsene seine Theorien vom Universum verstehen. Mit der frech herausgestreckten Zunge hat er es sogar bis zur Pop-Ikone geschafft. Zeit seines Lebens und sogar noch danach versuchten die bekannt aggressiven Vertreter der verschiedenen Religionen und Sekten in Nordamerika ihn für sich zu reklamieren. Das hing zum Teil damit zusammen, dass Einstein das Wort "Gott" immer wieder mal in seinen Vorträgen und Publikationen verwendete. Berühmte Einstein-Zitate sind zum Beispiel: "Gott würfelt nicht" oder "Hatte Gott eine Wahl, als er das Universum schuf?", oder "Gott ist raffiniert, aber boshaft ist er nicht".

Übersehen wurde dabei, dass Einstein den Begriff Gott in einem eher metaphorischen, bisweilen poetischen Sinn verwandte. Im Grunde war er Pantheist wie Goethe oder Spinoza, dessen Philosophie er offen bewunderte: "Ich glaube an Spinozas Gott, der sich in der gesetzlichen Harmonie des Seienden offenbart und nicht an einen Gott , der sich mit den Schicksalen und Handlungen der Menschen abgibt."

Trotzden liessen die amerikanischen, werbeerprobten Glaubensfunktionäre nicht locker in ihrem Bemühen, Einstein als einen der Ihren zu gewinnen. Schliesslich riss ihm die Geduld und er tat den weithin publizierten Ausspruch: "Der Gedanke an einen persönlichen Gott ist mir völlig fremd und kommt mir sogar naiv vor." Damit war Einstein bei den allermeisten Amerikanern "unten durch". Ein Rechtsanwalt schrieb ihm, dass er jetzt verstehe, warum Hitler die Juden aus Deutschland vertrieben habe. Und der Gründer einer biblischen Sekte in Oklahoma setzte noch eins drauf, indem er Einstein empfahl: "Gehen Sie dorthin, wo Sie hergekommen sind."

Beenden möchte ich diesen Blog (und damit auch die ganze Blog-Serie über das Universum) mit einem unsterblichen Satz des britischen Mathematikers und Philosophen Bertrand Russel. Als dieser einmal gefragt wurde, was er sagen würde, wenn er nach seinem Tod tatsächlich Gott gegenüber stünde und erklären müsse, warum er nicht an ihn geglaubt habe, lautete seine Antwort:

"Keine ausreichenden Anhaltspunkte, Gott, keine ausreichenden Anhaltspunkte."

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