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Samstag, 17. November 2018

Ausgetrickst ?

Unter Jogi Löw als Trainer begann die Talfahrt des Karlsruher Sportclubs (KSC). In seiner kurzen Ägide vom Oktober 1999 bis zum März 2000 konnte er von 18 Spielen nur ein einziges gewinnen, worauf der Verein unrettbar der 3. Liga entgegen trudelte. Allerdings muss man dem späteren National-Coach zugute halten, dass der KSC zur damaligen Zeit nur noch über einen Rumpfcader verfügte. Folgende Auswahlspieler hatte das Präsidium in den vorausgehenden erfolgreichen Jahren bereits (zum Teil viel zu billig) verkauft: Thomas Häßler, Michael Tarnat, Dirk Schuster, Sean Dundee, Thorsten Fink, Oliver Kahn, Oliver Kreuzer, Jens Nowotny, Mehmet Scholl, Michael Sternkopf, Guido Buchwald und Bruno Labbadia.

Die meisten Spieler entstammten der "Goldenen Ära" des KSC unter dem Trainer Winfried Schäfer (1986 - 1998) und dem Präsidenten Roland Schmider (1974 - 2000). In diesem Zeitraum war der KSC über 11 Jahre lang ohne Unterbrechung in der obersten Spielklasse, also der Bundesliga und gewann unter anderem sensationell ein UEFA-Pokal-Spiel gegen den FC Valencia mit 7:0 auf dessen Platz.

Das alte Stadion taugt nicht mehr

Keine Klasse, kein Geld

Nach der Jahrtausendwende fing das Elend beim KSC an. Bis heute, also fast über zwei Jahrzehnte hinweg, war der KSC nur noch in zwei Spielzeiten (2007/08 und 2008/09) in der 1. Liga, als der unvergessliche "Ede" Becker Betreuer der Mannschaft war. Die längste Zeit (13 Saisons) torkelte der Club im Mittelfeld der 2. Bundesliga herum und vier Mal (wie derzeit) musste er sich sogar mit der 3. Liga bescheiden. --- Der Verbrauch an Trainern war entsprechend: von der Jahrtausendwende bis heute versuchten 20 Spielleiter ihr Glück im Wildparkstadion, durchschnittlich also nur jeweils ein halbes Jahr lang. Den absoluten, heute noch gültigen Ligarekord, stellte der Coach Reinhold Fanz auf. Er durfte nur sieben Tage bleiben, weil Utz Claassen, der Chef des damaligen Hauptsponsors EnBW mit ihm nicht einverstanden war. --- Entsprechend kurz waren auch die Amtszeiten der damaligen Vereinspräsidenten. Von 2000 bis 2010 agierten Detlef Dietrich, Hubert H. Raase und Paul Metzger. Gerhard Seiler, der frühere Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe, musste 2002 sogar für nur neun Monate als "Notpräsident" einspringen und konnte damit den Verein vor der Insolvenz retten. Ab 2010 kam etwas Ruhe in die Vorstandschaft. Seitdem agiert Ingo Wellenreuther, ehemals Richter am Landgericht und seit vier Legislaturperioden CDU-Bundestagsabgeordneter für Karlsruhe.

Wo keine spielerische Klasse ist, da ist bald auch die Geldkasse leer. Für den Spielercader stehen derzeit kaum mehr als 5 bis 6 Millionen Euro pro Saison zur Verfügung, die TV-Gelder liegen bei bescheidenen 1, 2 Mio Euro. Seit Jahren muss der Verein durch Zuwendungen privater Gönner ( Kölmel, Pilarsky) über Wasser gehalten werden. Trotzdem plagen ihn Altschulden in der ungefähren Höhe von 20 Mio Euro. In der vergangenen Saison hat der KSC ein "negatives Ergebnis" von 86.000 Euro erwirtschaftet.--- Auch beim Einwerben von Drittmitteln hat der KSC kein glückliches Händchen. Das Trikot zierte früher den Schriftzug der großen Karlsruher Lebensversicherung AG (Karlsruher Leben), später war der Stromkonzern EnBW der Hauptsponsor. Beide sind ausgestiegen, nun wurde ein Vertrag mit der Firma Klaiber gemacht, einem mäßig bekannten Markisenhersteller aus dem Karlsruhe Umland. Als Ausrüster der KSC-Mannschaften figuriert das regionale Unternehmen JAKO. Seine Autos (Marke: Volvo) bezieht der Verein von der dem Karlsruher Autohaus Geisser.


"Ein neues Stadion muss her"

Die Spielstätte des KSC ist das Wildparkstadion, mit ca. 35.000 Plätzen idyllisch im stadtnahen Hardwald gelegen. Die Stadt Karlsruhe als Eigentümerin hat diese Immobilie immer wieder den Erfordernissen angepasst, etwa durch den Einbau von Flutlichtanlagen, Videowänden und einer imposanten Zuschauertribüne. Die geringen Mietzahlungen hielten das KSC-Präsidiums und seine verschiedenen Fan-Clubs nicht davon ab, immer wieder aufs Neue weitere Modernisierungen zu verlangen. Eine solche Kampagne lief um das Jahr 2007, als durch einen massiven Umbau ein Großteil der Zuschauerplätze überdacht werden sollte. Der damalige Oberbürgermeister Reinhard Fenrich ließ sich auf diese Umbauwünsche ein und kalkulierte einen Investitionsbedarf von 60 Millionen Euro, woran sich der Club mit 10 bis 20 Prozent beteiligen sollte. Der KSC winkte jedoch ab und verwies auf seine angeblich desolate Finanzlage. Damit war das Gemeinschaftsprojekt zunächst gestorben.

Ein neues "Spiel" ergab sich ab 2013 mit neuem Spitzenpersonal, nämlich dem SPD-Oberbürgermeister Frank Mentrup und dem damaligen KSC-Präsidenten Ingo Wellenreuther. Obwohl sich die Finanzlage des Vereins kaum nennenswert gebessert hatte, ging Wellenreuther aufs Ganze und forderte den Neubau eines Stadions - entweder an der gleichen Stelle oder an alternativen Standorten. Ein halbes Dutzend solcher Bauplätze wurden im Stadtrat diskutiert und kalkuliert; sie beliefen sich allesamt auf über hundert Millionen Euro und schienen damit unfinanzierbar zu sein.

In dieser verfahrenen Situation kam dem KSC und seinen Anhängern ein anderes öffentliches Projekt zur Hilfe: das Staatstheater. Es meldete einen Sanierungsbedarf in der gigantischen Höhe von 350 Millionen Euro an und war damit drei Mal so teuer wie das Fußballstadion. In der Folge entwickelte sich eine muntere mediale Debatte in Leserbriefen und Internetblogs. Sie führte zu dem Ergebnis, dass die Öffentlichkeit bald davon überzeugt war, dass für das sportliche Image der Stadt mindestens genau so viel getan werden müsse, wie für das kulturelle - auch wenn die Finanzierung aus verschiedenen Quellen erfolgt. Aus dieser argumentativen Zwickmühle konnten sich die Stadtoberen in der Folge nicht mehr befreien, sodass am 18. November 2016 die Verträge für das neue Stadion am Wildpark unterzeichnet wurden: von der Stadt Karlsruhe als Bauherrin und dem KSC als zukünftigen Mieter. Die Stadtverwaltung war ausgetrickst.


Endlich! Das neue Stadion

Mittlerweile wurde Ende Oktober 2018 der Nutzervertrag für das neue Stadion zwischen der Stadt Karlsruhe und dem KSC notariell abgesegnet. Nach dem anschließenden "ersten Baggerbiss" durften die Fans die Plastikschale ihres geliebten Sitzes abmontieren und kostenlos nach Hause abschleppen. Durch ausladende Business- und Logenplätze auf der Haupttribüne versucht der KSC künftig viel Geld "nebenher" zu verdienen. Das ist auch notwendig, denn das neue Stadion kostet insgesamt satte 123 Mio Euro.  Während der vertraglich vereinbarten Pachtdauer von 35 Jahren will der KSC davon der Stadt 74,5 Mio zurückzahlen. Dieser Kalkulation liegt zugrunde, dass der Club in einem Betrachtungszeitraum von 10 Jahren ein Jahr in der 3. Liga spielt, sieben Jahre in der 2. Liga und zwei Jahre in der 1. Bundesliga. Na, ja!

Die Bauarbeiten sollen im Frühjahr 2022 abgeschlossen sein. Währenddessen wird der Spielbetrieb stets aufrecht erhalten. Zwei Hilfstribünen hinter den Toren sollen dies gewährleisten und 15. 000 Plätze zur Verfügung stellen.

Hip, hip, hurra!

Sonntag, 1. Juli 2018

0 : 2 - Totalschaden

Das Aus unserer Nationalmannschaft noch in der Vorrunde, ist ohne Frage die größte Blamage der deutschen Fußball-Geschichte. Es ist ein Bankrott, den niemand vorhersagen konnte. Aber: so hochverdient wie die Mannschaft 2014 noch Weltmeister wurde, so hochverdient ist dieses Ausscheiden. Wir sind nicht mit Pech aus dem Turnier geschieden. Wer gegen Mexiko und Südkorea verliert, der hat vieles falsch gemacht! Fußball-Deutschland liegt in Schockstarre.

Wie sehnlichst haben die Fans ein weiteres "Sommermärchen" á la 2006 herbeigesehnt! Schon um der gegenwärtigen depressiven Stimmung im Land etwas entgegen zu wirken. Die Flüchtlingsdiskussion hat tiefe Wunden geschlagen; nun könnte sie sogar zur Auflösung der größten deutschen Partei führen - vielleicht sogar der Europäischen Union EU. Und das vor dem Hintergrund eines brutalen Streits der Weltmächte, allen voran der USA mit ihrem erratischen Führer Donald Trump.


Die Spiele


Das Fiasko der deutschen Nationalmannschaft war vor einem Jahr noch nicht voraus zu sehen. Im Gegenteil: Die WM-Qualifikation beendete der Titelverteidiger makellos: zehn Spiele, zehn Siege. Danach gewann die Mannschaft in Russland sogar noch den Fifa-Confederations-Cup, wobei Mexiko mit 4:1 geschlagen wurde.

Aber dann folgte bei den Vorbereitungsspielen (auf Freundschaftsbasis) ein unerwarteter Einbruch. Gegen Spanien spielte die DFB-Elf im März 2018 nur 1:1; im gleichen Monat verlor man in Berlin gegen Brasilien 1:0. Im Juni 2018 setzte es sogar eine 1:2-Niederlage gegen Österreich - die erste in 32 Jahren! Und an 8. Juni gab es noch einen schmeichelhaften Sieg gegen Saudi-Arabien; nur Timo Werner und der Saudi Hawsawi (per Eigentor) treffen für Deutschland.

Dann folgte das WM-Turnier am 17. Juni mit einem krassen Fehlstart. Mexiko gewann 1:0 und entlarvte die taktischen Schwächen des Weltmeisters. Mats Hummels sprach von "Rissen im Mannschaftsgefüge". --- Am 23. Juni stand Deutschland in Sotchi gegen Schweden praktisch schon vor dem Aus. Ein Sonntagsschuss von Toni Kroos in der 95. Minute machte dann aber wieder Hoffnung. --- Das Ende kam gegen Südkorea am 27. Juni. In einer blamablen Vorstellung verlor Deutschland 2:0.







"Die Wahrheit liegt auf dem Platz"  (Otto Rehhagel)



Die Spieler

Die deutsche Nationalmannschaft war zu 60 Prozent aus älteren, erfahrenen Spielern zusammengesetzt und zu 40 Prozent aus jüngeren - eine Mischung, die durchaus Sinn machte. Leider stellte sich beim Turnier heraus, dass die meisten älteren Spieler (u. a. Khedira, Özil, Reus, Gomez, Müller) weit unter ihrer Bestform agierten und diese Defizite von den jüngeren (u. a. Kimmich, Süle, Werner, Brandt) nicht kompensiert werden konnten. Insbesondere Sami Khedira, der als Antreiber im Mittelfeld gedacht war, spielte ausgesprochen schwach. Auch Thomas Müller, Torschützenkönig bei den vergangenen beiden Weltmeisterschaften, gelang nichts, nicht einmal ein einziges Goal. War es die Folge der Überanstrengung bei den Bayern nach 50 Saisonspielen?

Mesut Özil und Ilkay Gündogan hatten zusätzlich mit einem - selbstverschuldeten - Handikap zu kämpfen. Kurz vor der türkischen Präsidentenwahl stellten sie sich in London dem Fernsehen für eine PR-Show mit dem Präsidentschaftskandidaten Erdogan. Dabei übergaben sie ihre signierten WM-Trikots. Dieses Treffen mit dem osmanischen Autokraten kam in Deutschland (nicht nur bei den Fans) ausgesprochen schlecht an. Denn just zum gleichen Zeitpunkt wurde in Istanbul dem "WELT"-Journalisten Deniz Yücel der Prozess gemacht, nachdem er vorher (ohne Anklage!) ein Jahr in türkischer Untersuchungshaft verbringen musste. Der Staatsanwalt wirft Yücel "Terrorpropaganda" vor und verlangt eine Gefängnissstrafe von 18 Jahren (!). Bei der WM spielten Özil und Gündogan ausgesprochen schwach. Es dürfte ihre letzter Auftritt im Nationaldress gewesen sein.


Der Trainer

Wenn eine Mannschaft so krachend verliert, dann kann der Spitzenmann nicht schuldlos sein. Das ist der Trainer Joachim ("Jogi") Löw. Sein Anstellungsvertrag wurde vom DFB-Chef Reinhard Grindel noch kurz vor der WM bis zum Jahr 2022 verlängert; die Jahresbezüge sollen bei 4,5 Millionen Euro liegen. Im Falle eines Rauswurfs steht also eine Abfindung von ca. 20 Mio zur Debatte. Aber Löw darf nicht sakrosankt sein. Er hatte die Verantwortung für die Zusammenstellung des Kaders. Die "Jugend" hat er zwar oft gelobt, ihr aber zu wenig vertraut. Im Spiel gegen Mexiko zeigte Löw auch  deutliche Schwächen beim Coaching - übrigens nicht zum ersten Mal. Bei einer kürzlichen Umfrage sprachen sich zwei Drittel dafür aus, Löw aus seinen Vertrag zu entlassen.

Aber Jogi hat auch mächtige Befürworter. In erster Linie seinen Chef Grindel, der ihn unbedingt halten möchte. Und in den Medien melden sich immer mehr Unterstützer, deren Fußballexpertise nicht zu bezweifeln ist. Zum Beispiel der ex-Nationalcoach Rudi Völler sowie der neue Bayern-Trainer Niko Kovac. Für letzteren ist Jogi der Richtige um den Umbruch zu gestalten, der jetzt auf alle Fälle kommen muss. Kovac verweist insbesondere auf die Lebensleistung von Löw mit dem Triumph in Brasilien und, dass er sechs Mal bei Welt- und Europameisterschaften das Halbfinale erreichte.

Joachim Löw will sich nächste Woche erklären. Warten wir´s ab.


Der Manager

Der smarte Manager Oliver Bierhoff hat in den vergangenen vier Jahren seit dem Titelgewinn in Rio offensichtlich die Erdung verloren. Immerhin, der DFB goutiert das wohl und hat seinen Kontrakt bis 2024 verlängert. Dabei ist Bierhoff für die falsche Quartierwahl im kargen Watutinka vor den Toren Moskaus verantwortlich, welches den Charme einer Sportschule der 60er Jahre ausstrahlt. Sotchi wäre weitaus besser gewesen.

Mit Penetranz inszenierte der Manager seit einigen Jahren die deutsche Fußball-Nationalmannschaft als "DIE MANNSCHAFT", so, als gäbe es keine herausragenden Mannschaften in Handball, Basketball oder anderen Sportarten. Die Ähnlichkeit zur Platzierung von Coca Cola im Markenartikelbereich liegt da ganz nahe. ---
Mit Mercedes begann Bierhoff außerdem die "Mission Titelverteidigung" in einer aufwendigen Broschüre unter der Überschrift "Best neVer rest". Das V in "neVer" ist gleichzeitig eine römische 5 und zielt auf den 5. Titelgewinn. Nun, daraus wurde nichts. Stattdessen hat sich der Manager weit entfernt von den Zuschauern und Fans, für welche der Fußball immer noch in erster Linie der Entspannung dient.

Deshalb lasst uns die kommenden 14 Tage genießen:
bis zum 15. Juli 19 Uhr sind wir immer noch
Weltmeister im Fußball!




Samstag, 17. Februar 2018

Warum ist das Eis so rutschig?

Bei der gegenwärtigen Winterolympiade mag sich mancher die Frage stellen, warum Schlittschuhe und Schier so gut gleiten. Und die Antwort scheint naheliegend: So wie Öl die Reibung des Autogetriebes verringert, so fördert eine dünne Wasserschicht auf der Eisoberfläche das Gleiten der Schier und der Schlittschuhe. Diese Antwort ist im Prinzip richtig, führt aber schon zur nächsten Frage:

Woher kommt diese Wasserschicht, welche das Gleiten ermöglicht?


Druckschmelzen

Eine Antwort auf diese Frage wird heute noch in manchen gymnasialen Physiklehrbüchern angeboten - ist aber falsch. Dort behauptet man zuweilen: Weil sich das Gewicht des Eisläufers nur durch die sehr schmalen Kufen auf das Eis überträgt, ist der Druck auf das Eis so hoch, dass es lokal aufschmilzt. Damit entsteht ein dünner Wasserfilm, auf dem die Kufen (bzw. Schier oder Schlitten) dann leicht zu gleiten vermögen. Diese Druckaufschmelzung ist auch bei Gletschern bekannt, welche durch ihr eigenes Gewicht eine Schmiere geschmolzenen Wassers auf dem darunter liegenden Felsgestein erzeugen, auf der sie dann ins Tal gleiten.

Was bei Gletschern funktioniert, muss aber auf das Eislaufen noch lange nicht zutreffen. An der Universität lernt man bei den Anfängervorlesungen in Physik, dass man bei diesem Problem die Gleichung von Clausius-Chapeyron anwenden sollte. Sie stellt den Zusammenhang zwischen dem Druck auf das Eis und der Verminderung des Schmelzpunktes her. Demnach erzeugt ein Eisläufer mit 75 Kilogramm Gewicht und dessen Schlittschuh-Kufen eine Auflagefläche von 6 Quadratzentimeter haben, auf dem Eis einen Druck von 12 bar. Dieser würde, gemäß Clausius-Chapeyron, den Schmelzpunkt des berührten Eises aber nur um knapp ein Zehntel Grad verringern. Das ist zur Herstellung einer Wasserschicht jedoch viel zu wenig, denn schon bei Eistemperaturen von wenigen Grad unter Null wäre Eislaufen dann nicht mehr möglich. (Selbst ein Pferd auf Kufen käme nicht ins Gleiten). Im Übrigen stünde man bei der Druckschmelzung schon bei Stillstehen nach kurzer Zeit in einer Wasserpfütze, was erfahrungsgemäß nicht der Fall ist.


Schmelzen durch Reibung

Heute weiß man, dass die Reibungswärme den wesentlichen Beitrag zur Bildung der Wasserschicht liefert. Die Schlittschuh- bzw. Rodelkufen erzeugen auf dem Eis Reibungswärme, bringen die Oberfläche des Eises zum Schmelzen und generieren dadurch einen dünnen Wasserfilm. In Experimenten konnte tatsächlich nachgewiesen werden, dass die Reibung an der Schnittstelle Kufe/Eis das überfahrene Eis zum Schmelzen bringt. Ein typischer Eisläufer verflüssigt mit der Reibungswärme bis zu 12 Kubikmillimeter Eis entlang seiner Kufe und erzeugt dadurch einen Wasserfilm von 0,04 Millimeter Dicke. Vermutlich ist dieser Film nach kurzer Zeit sogar noch dünner, weil das Schmelzwasser, wegen des Gewichts des Schlittschuhläufers, seitlich herausgedrückt wird und damit nicht zum Gleitprozess beiträgt.


Kunst auf Kufen

Oberflächenschmelzen

Druck und Reibung können jedoch nicht die einzige Erklärung für das rutschige Eis sein. Es muss noch einen dritten Beitrag geben. Das merkt man, wenn man sich beim ersten Betreten der Eisfläche auf den Hosenboden setzt:  die schmierende Schicht auf dem Eis scheint unabhängig von Gewicht, Temperatur und Bewegung zu sein. Denn das Eis ist - auch ohne äußere Einwirkungen, wie Kufen und Schier - von einem dünnen, flüssigen Film überzogen. Den darf man sich nicht wie eine Pfütze vorstellen, sondern es handelt sich um eine Wasserschicht, die nur wenige Moleküllagen dick ist.

Zur Erklärung sei folgendes gesagt: während die Wassermoleküle im Eisinneren regelmäßig angeordnet und gegeneinander fixiert sind, verlieren sie an der Oberfläche (also an der "Luft") ihren Zusammenhalt. Sie befinden sich zwar auf dem darunter liegenden Eiskristallgitter - sind aber beweglich. Dieser Wasserfilm ist also eine Phase mit ungeordneten, leicht verschiebbaren Molekülen. Er verleiht dem Eis seine Rutschigkeit. Mit komplizierten Apparaturen (Röntgendiffraktometer, Synchrotronstrahlenquellen etc.) haben die Physiker erst in den letzten Jahren diese Schicht erforscht. Sie ist nur wenige Nanometer (nm) dick, wobei 1 nm einem millionstel Millimeter entspricht. Ab minus 38 Grad verliert diese Oberflächenschicht allerdings ihre Beweglichkeit und hemmt damit das Schlittschuhlaufen.

Glücklicherweise ist es in Pyeonchang nur minus 20 Grad kalt.
Deshalb gilt die Prognose: Schi und Rodel gut!

Sonntag, 16. Juli 2017

KSC, oh weh!

Bereits drei Spiele vor Saisonende war im Mai 2017 das Schicksal des Karlsruher Fußballclubs KSC besiegelt: von 31 Spielen hatte der badische Zweitligist nur vier gewonnen, dafür 17 verloren. Dabei gelangen lediglich 22 Treffer. Immer wurden die Matches mit den "Big Points" verloren, immer wenn es doppelt zählte, versagten der Mannschaft die Nerven. Die Statistik zeigt es deutlich: Karlsruhe hat von allen Zweitligavereinen die schlechteste Offensive und die schlechteste Defensive. Der letzte Platz in der Tabelle ist also "verdient".

Nach dem Abstieg in die 3. Liga muss der Busfahrer des KSC ab August neue Fahrziele in sein Navi einprogrammieren. Denn die Gegner heißen dann Aalen, Wehen, Lotte und Unterhaching - statt wie bislang Hannover, Lautern, Stuttgart und Nürnberg. Und der KSC muss sich auf eine neue Gangart einstellen; die 3. Liga ist nämlich stärker geworden, allein schon durch die Ost-Vereine. Mit Hacke-Spitze-Eins-Zwei-Drei ist da nichts zu machen. Es geht dort sehr robust zu. Man hat kaum Zeit dafür den Ball anzunehmen, schon wird man vom Gegner heftig attackiert.


Traditionsverein und Fahrstuhlmannschaft

Der KSC bezeichnet sich gerne als "Traditionsverein", Im Gegensatz zu solchen von der Wirtschaft gesponserten Vereinen wie Leverkusen oder gar Wolfsburg. Schon 1894 gründeten einige Mitglieder der Karlsruher Turngemeinde (denen der Wunsch nach einer eigenen Fußballabteilung versagt worden war) den Verein Karlsruher FC Phönix. Aus ihm ging nach einigen Fusionen, u. a. mit dem VfB Mühlburg, im Jahr 1952 der Karlsruher Sport Club KSC hervor, welcher heute ca. 7.300 Mitglieder besitzt. Die Erfolge konnten sich sehen lassen: der FC Phönix wurde 1909 Deutscher Fußballmeister und der KSC errang 1955 und 1956 zwei Mal den Deutschen Pokal - gegen Schalke 04 und den Hamburger SV! Und mit Horst Szymaniak stellte der KSC Ende der 1950er und Anfang der 1960er Jahre erstmals einen auch heute noch bekannten Spieler für die deutsche Nationalmannschaft.

Zwischen 1975 und 1986 festigte der KSC seinen Ruf als "Fahrstuhlmannschaft". In dieser Zeitspanne spielte der KSC jeweils sechs Jahre in der 1. Bundesliga und sechs Jahre in der 2. Liga, wobei der Verein nicht weniger als neun Trainer "verschliss". Mit der Verpflichtung von Coach Winfried Schäfer begann die "Goldene Epoche" des KSC von 1986 bis 1998. Mit den jungen Spielern Oliver Kahn, Mehmet Scholl, Oliver Kreuzer, Thorsten Fink und anderen mehr kickte man durchgehend volle 11 Jahre lang in der 1. Bundesliga. Ein Höhepunkt war das UEFA-Cup-Spiel gegen den spanischen Verein FC Valencia, das (nach einem 1:3 im Hinspiel) beim Rückspiel wie im Rausch mit 7:0 gewonnen wurde. Nach dem Abgang des Erfolgstrainers Schäfer stürzte der KSC - unter Joachim Löw (!) - in die damalige drittklassige Regionalliga ab. Das viele Geld, welches der Verein durch den Verkauf der oben genannten Klassespieler an den FC Bayern München eingenommen hatte, wurde zum Ankauf inferiorer Kicker verplempert, wodurch der Verein (bis heute) in finanzielle Schräglage geriet.

Zwischen der Saison 1999/00 und 2016/17 spielte der KSC zwei Jahre in der 1.Bundesliga, 14 Jahre in der 2. Liga und zwei Jahre in der 3. Liga. Dabei beschäftigte er 14 verschiedene Trainer. 


Spieler und Trainer

Zur wichtigsten Personalkategorie eines Fußballvereins gehören die Spieler und die Trainer. Bei deren Auswahl hatte der KSC in der vergangenen Saison - womit wir uns jetzt beschäftigen wollen - keine glücklich Hand. Es fing schon damit an, dass der Club einen Spielerkader im Umfang von 35(!) Kickern aufbot, was für einen Zweitligaverein sehr üppig ist, insbesondere angesichts seiner ständigen Finanznöte. Darunter befanden sich leider auch keine Führungsspieler vom Kaliber eines Hakan Calanoglu, des türkischstämmigen Freistoßspezialisten, welcher früher den KSC stark machte und der jetzt beim AC Mailand spielt.

Stattdessen war die KSC-Truppe in der Saison 2016/17 ein buntes Völkchen mit schwer zu merkenden Namen, wie: Dimitris Diamantakos, Jordi Figueras, Ylli Salahi, Boubacar Barry, Valentino Vujinovic, Malik Kaarameht, Florent Muslija, Nataniel Amamoo, Hiriki Yamada und anderen mehr. Etwa 85 Prozent dieser Spieler werden den KSC in die Drittklassigkeit nicht begleiten. Auf die denkbar krasseste Weise schied der häufig verletzte Spanier Manuel Torres aus. Er befand schlicht: "Ich habe die 3. Liga nicht verdient" und absentierte sich ohne Ablöse. Ein gewisses Mitgefühl kann man mit dem ex-Paderborner Moritz Stoppelkamp empfinden, der etwas Einmaliges im deutschen Profifußball zustande brachte: für ihn endete die dritte Spielzeit (in Folge!) mit dem Abstieg!

Auch bei den Trainern mangelte es beim KSC in der abgelaufenen Saison nicht. Es waren vier an der Zahl, die gleichwohl allesamt den Abstieg  nicht verhindern konnten. Markus Kauczinski, mit dem der Verein in der Saison 2014/15 den dritten Tabellenplatz erreicht hatte und im Relegationsspiel gegen den HSV nur ganz unglücklich verlor, machte den Anfang. Seine Ankündigung, den auslaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen, verbreitete große Unsicherheit im Club. An seine Stelle rückte der Magath-Schüler Tomas Oral. Der Präsident charakterisierte ihn später in einem Interview als "verbissen, total ehrgeizig und extrem"; die Berufung schob er dem Sportdirektor Jens Todt in die Schuhe, der bald darauf zum HSV wechseln musste.

Von dort kam Oliver Kreuzer als Nachfolger zurück, der Mirko Slomka als Trainer Nr. 3 holte. Von Mirko, oftmals geheuert und genau so oft gefeuert, erzählt man sich folgende Story: Als er in Karlsruhe ankam und den Vereinsbossen vorgestellt wurde, reichte ihm einer der anwesenden Manager aus Höflichkeit seine Visitenkarte. Der Trainer nahm sie nur widerwillig an und sagte platt: "Glauben Sie, dass ich Sie anrufen werde"? Später stellte sich schnell heraus, dass Slomka offensichtlich die Charaktereigenschaft hatte mit niemanden zu reden - außer gelegentlich mit dem Präsidenten. Er blieb in Karlsruhe während seine ganzen Amtszeit ein Fremdling. Als er aus zehn Spielen nur 8 Punkte holte (anstatt der erstrebten 30) wurde er schnell wegen Erfolgslosigkeit in die Wüste geschickt. Seine Stelle nimmt nun  Marc-Patrick Meister ein, früher Coach der U-19 bei Borussia Dortmund. Mit ihm wagt der KSC  das Abenteuer der 3. Liga.



Präsidenten und Stadien

An Präsidenten herrschte beim KSC nie Mangel. Nach dem Abgang des legendären Roland Schmieder im Jahr 2000 haben sich folgende Herren in dieser Position versucht: Detlef Dietrich, Gerhard Seiler, Hubert H. Raase, und Paul Metzger. Im September 2010 erklomm Ingo Wellenreuther diese Stufe. Er ist zwar Jurist, betätigt sich aber zumeist in der Politik. Seit 2002 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages, wo er - kein Freund der Bundeskanzlerin (!) - eher den Hinterbänklern zuzurechnen ist. Dazwischen versuchte er mehrmals sein Glück bei diversen Oberbürgermeisterwahlen, wo er aber jeweils (2007 in Mannheim und 2012 in Karlsruhe) mit deutlichem Abstand verlor.

Noch wichtiger als der Präsident ist beim KSC der Vizepräsident Günter Pilarsky, denn dieser bringt das Geld. Pilarsky ist (Edelstahl-) Schrotthändler und seine Geschäfte laufen offensichtlich bestens, denn er figuriert unter den hundert reichsten Deutschen. Der Milliardär schießt (ähnlich wie der Reeder Kühne beim HSV) immer wieder die fehlenden Millionen Euro zu, um vom Deutschen Fußball Bund (DFB) die notwendige Spiellizenz zu ergattern. Er und Wellenreuther sind offensichtlich nur als "Doppelpack" zu haben, was eine Erklärung für Ingos schon relativ lang andauernde Präsidentschaft sein könnte.




Das derzeitige Stadion des KSC;
immer noch proper



Als langjähriges Mitglied des Karlsruher Gemeinderats gelang es Wellenreuther, dieses Gremium von der Notwendigkeit eines neuen Fußballstadions zu überzeugen - obwohl die derzeitige Arena, ausgelegt für 30.000 Besucher, immer noch relativ brauchbar erscheint. Der Zeitpunkt war gut gewählt, denn der OB Mentrup und seine Crew waren damit beschäftigt für eine (der weltweit kürzesten) U-Bahnen mehr als eine Milliarde Euro auszugeben. So gesehen, spielten die 120 Millionen Kosten für eine brandneues Stadion keine große Rolle mehr. Auch die Tatsache, dass vergleichbare Erstligavereine für ihre Stadien weitaus weniger bezahlen, wurden nur in den Leserbriefen der regionalen Zeitung zur Kenntnis genommen. So zum Beispiel Ingolstadt (20 Millionen Euro), Mainz (55 Mio) und Hoffenheim/Sinsheim (60 Mio). Die Verträge für das KSC-Stadion sehen eine Rückzahlung der Investition in 33 Jahren (if ever) vor - sofern der Verein hinreichend lange in der 1. Bundesliga spielt.

In wenigen Wochen beginnt der KSC seine Saison in der 3. Liga. Für den Spielbetrieb konnte nur ein Etat von 5 Millionen Euro aufgebracht werden. Zum Vergleich: der Erstligist Werden Bremen kann über ein Budget von 40 Millionen verfügen und der absolute Krösus FC Bayern München über 250 Millionen Euro.

Pro Jahr!





Sonntag, 15. November 2015

Der Bretschneider Salto

Der Sport ist in diesen Tagen in die Krise geraten. Überall scheint es Korruption, Drogenprobleme und andere Abscheulichkeiten zu geben. Selbst die Magie des "Sommermärchens" ist am Welken. Aber Halt! Bei den kürzlichen Weltmeisterschaften im Geräteturnen im schottischen Glasgow gab es ein Ereignis, das uns Deutsche wieder stolz machen könnte: Einem Turner unserer Nationalmannschaft, dem 26-jährigen Chemnitzer Andreas Bretschneider ist am Reck ein überragender Übungsteil gelungen. Dieses turnerische Kunststück ist so kompliziert, dass selbst die Chinesen, Japaner und Russen, welche derzeit das Geräteturnen beherrschen, vor Neid erblassen. Alle wollten sie diesen Salto kopieren, aber keinem ist es gelungen. Reihenweise purzelten sie vom Reck.

Das internationale Kampfgericht honorierte die Leistung des deutschen Turners, indem es diesen Salto als "Bretschneider Salto" im vergangenen Jahr in seine Punktetabelle (genannt: "Code de Pointage") aufnahm. Gleichzeitig verlieh es diesem Übungsteil die Wertigkeit von 0,8 Punkten, was derzeit den höchsten Schwierigkeitsgrad am Reck darstellt. Bislang gab es am Reck (und auch an den fünf anderen olympischen Geräten, nämlich Barren, Ringe, Seitpferd, Sprung und Boden) als Höchstnote für Einzelelemente nur die Wertung 0,6 Punkte.

Der Bretschneider Salto ist, fachmännisch gesprochen, ein doppelter gehockter Salto mit doppelter ganzer Schraube oberhalb der Reckstange. Über ein Standphoto ist er nur schemenhaft darstellbar; ich füge deshalb zum Schluss ein Video an. Ich will trotzdem versuchen, diese Weltschwierigkeit im Rahmen eines Blogs "verbal" zu erläutern. Dabei beziehe ich mich auf meine eigenen Erfahrungen im Reckturnen, das ich - vor 60(!) Jahren - etwa zehn Jahre lang betrieb und wo ich zu einigen bescheidenen Erfolgen kam. (Oftmaliger Münchener Studentenmeister und Bayerischer Mehrkampfmeister).

Aller Anfang ist schwer

Der Ausgangspunkt für Flugteile am Reck ist immer die sogenannte Riesenwelle. Hier schwingt der gestreckte Körper um die Reckstange, was sehr ästhetisch aussieht, aber immerhin zwei bis drei Jahre intensives Üben voraussetzt. Dabei müssen die Hände die Reckstange sicher umfassen, denn auf Grund der Fliehkraft im unteren Übungsteil wächst das Körpergewicht dort um das Sechsfache an. Ein schmächtiger 60-Kilogramm-Turner wiegt also beim Durchgang in der Lotrechten für Sekundenbruchteile 360 Kilogramm. Damit man einerseits fest zugreifen kann, andererseits dabei keine zu starke Reibung verursacht, stäubt man sich die Hände mit "Magnesia" ein, einem weißen Pulver.


Riesenwelle mit Kehre als Abgang
(Münchener Studentenmeisterschaft)

Bevor man sich an einen Salto heranwagt, beendet der turnerische "Anfänger" seine Übung zumeist mit einer sogenannten Kehre. Dafür lässt man kurz vor dem oberen Punkt der Riesenwelle die Reckstange mit einer Hand los und versucht sodann elegant abzuschwingen. Da dies aus dreieinhalb bis vier Metern Höhe geschieht, ist die Landung zum sicheren Stand nicht ganz einfach. Beim Wackeln - oder gar bei einem Sturz - gibt es die bekannten "Strafpunkte" als Abzug.


Salto vorwärts mit halber Schraube als Abgang aus der Riesenwelle
(Bayerische Meisterschaften, Turnfreunde geben Hilfestellung)

Die nächste Stufe des Fortschritts ist der sogenannte Abgangssalto. Man beendet die Gesamtübung - welche aus 6 bis 8 Elementen besteht - mit einem Salto aus der Riesenwelle heraus. Dies kann ein Vorwärts- oder ein Rückwärtssalto sein. Geübte Turner fügen noch eine "Schraube" an, was eine Drehung um die Längsachse darstellt. Mein Reckabgang war häufig ein gehockter Vorwärtssalto mit halber Schraube. Er wurde in der 50er Jahren durchaus noch hoch bewertet. Nicht selten misslang mir aber die Landung zum sicheren Stand, was auch mit lausigen Matten der damaligen Zeit zusammenhing.

Vom Kovacs zum Brettschneider

Das Turnen oberhalb der Reckstange begründete 1979 der ungarische Kunstturner Peter Kovacs mit dem von ihm erstmals vorgestellten "Kovacs-Salto". Dieser, nach ihm benannte Flugteil ist ein Doppelsalto rückwärts gehockt über der Reckstange u.zw. aus der Riesenwelle heraus. Man kann sich die Abfolge der Griffe am besten vorstellen, wenn man die Ziffern einer Wanduhr zur Hilfe nimmt. Die Ausgangsposition ist "12 Uhr": der Turner steht im Handstand über der Reckstange. Er vollführt eine Riesenwelle, indem er die Ziffern 11, 10, 9 etc. durchläuft. Bei "1 Uhr" löst er seinen Griff, der Schwung treibt ihn hoch über die Reckstange, beim Herunterfallen auf der anderen Seite könnte er um ca. 11 Uhr wieder die Stange greifen. Diese (relativ einfache) Übung vollführt er jedoch nicht. Sondern, nach Lösen des Griffs um 1 Uhr, zieht er die Beine zur Hocke an und vollführt einen doppelten Rückwärtssalto hoch über der Reckstange. Danach streckt den Körper wieder, fasst um 11 Uhr wieder die Reckstange und setzt die Riesenwelle mit den folgenden turnerischen Elementen fort. Dieser Kovacs-Salto war damals eine Höchstschwierigkeit und erbrachte 0,6 Wertungspunkte. Heute wird er von einer ganzen Reihe von Turnern vorgeführt und nur mehr mit 0,4 Punkten belohnt.

Andreas Bretschneider turnt den Kovacs-Salto natürlich "im Schlaf". Deswegen kam ihm, vor etwa zwei Jahren, auch die Idee, diesen Doppelsalto rückwärts mit einer Doppelschraube um die Längsachse zu kombinieren. Nach eigenen Angaben gelang ihm dieses Kunststück anfangs nur achtmal - bei fast tausend Versuchen. Das Problem dabei ist, dass man bei der Durchführung der zweifachen Querdrehung - und der zweifachen Längsdrehung - zumeist die Orientierung verliert und diese Übungsteile irgendwie "vermanscht und verschwurbelt". Schlimmstenfalls kann man mit dem Gesicht auch auf die Reckstange fallen, was heftige Schmerzen verursacht. Das Trainingsziel von Bretschneider war also, seine Flugkurve so zu stabilisieren, dass jeder Versuch identisch ist und er - ohne zu schauen - stets die Reckstange in den Griff bekommt. Die Flugdauer vom Lösen von der Reckstange bis zum Wiederfassen beträgt nur 0,9 Sekunden. Schließlich, bei einem internationalen Wettkampf 2014 im chinesischen Nanning, funktionierte der "Bretschneider" tadellos, sodass er vom anwesenden Kampfgericht offiziell anerkannt und mit 0,8 Punkten bewertet wurde. Seitdem gelingt dem Turner Bretschneider "sein Bretschneider" in 80 Prozent der Fälle.

Die Weltmeisterschaft in Glasgow

Derart vorbereitet, konnte Andreas Bretschneider im Oktober 2015 frohen Mutes zur Turnweltmeisterschaft ins schottische Glasgow reisen. Er durfte sich zwar immer noch nicht mit Fabian Hambüchen, seinem deutschen Turnfreund, vergleichen, der eleganter turnt, technisch gut ausgebildet ist und viel Ausstrahlung besitzt. Aber mit seinem Supersalto lag der technische Wert seiner Reckübung bei 7,3 , was ihn aufs Treppchen bringen sollte. Jedoch nur, wenn sein Bretschneider Salto auch gelang.

Und der Bretschneider gelang! Am Anfang turnte Andreas den "echten" Bretschneider, danach noch zwei Mal mit nur einer Längsdrehung. Die Kampfrichter notierten schon den Bonus von 0,8 Punkten und alle folgende Elemente waren ebenfalls gut geturnt und von beträchtlicher Schwierigkeit. Aber beim Abgang vom Reck passierte das Unglück. Andreas hatte durch den Drehschwung zu viel Vorlage und musste zwei deutlich erkennbare Schritte machen, um in den sicheren Stand zu kommen. Das kostete ihm mindestens einen Haltungspunkt und der Bretschneider war dadurch "für die Katz". Auf dem Video sind diese Sequenzen gut erkennbar.

Andreas Bretschneider landete auf dem 4. Platz. Für eine Medaille muss er nun bis zu den olympischen Spielen in Rio warten.

Video zu Bretschneiders Reckübung bei der Weltmeisterschaft in Glasgow

Sonntag, 25. November 2012

A Star is born

Deutschlands Sportler haben bei der Sommerolympiade 2012 in London 19 Silbermedaillen gewonnen. Wenn mich jemand danach fragen würde, welche dieser Medaillen die wertvollste ist, dann wäre meine Antwort klar: es ist die Silbermedaille im Mehrkampf der Turner, welche Marcel Nguyen errungen hat.

Marcel wohnt seit 20 Jahren im bayerischen Unterhaching, sein Vater stammt aus Vietnam, wo der Name Nguyen etwa so verbreitet ist wie Müller, Meier, Schmidt in Deutschland. Nguyen wird wie "Nujen" ausgesprochen, man lässt also einfach das g weg. Der heute 24-jährige wurde schon als Vierjähriger an das Geräteturnen herangeführt. Im Schatten von Fabian Hambüchen und Philipp Boy arbeitete er sich Schritt für Schritt an diese grossen Vorbilder heran. Seit dem Abitur im Jahr 2007 trainiert er in Stuttgart bei dem ehemaligen russischen Weltklasseturner Walerie Belenki, der ihm dort die letzten Feinheiten der Turnkunst vermittelt.


Marcel Nguyen freut sich über seine Silbermedaile

Turnen: ein schwieriger Sport

Turnen ist vorallem deswegen ein schwieriger Sport, weil man gleich an sechs Geräten antreten muss, von denen jedes "sperrig" ist und die zudem untereinander total verschieden sind. Der klassische turnerische Wettkampf ist an folgenden Geräten zu absolvieren:  Boden - Seitpferd - Ringe - Sprung - Barren - Reck. Gefürchtet ist insbesondere das Seitpferd. Man kann sich an ihm zwar kaum verletzen, aber bei der geringsten Unachtsamkeit gerät man aus dem Schwung und macht dabei Fehler, die selbst jeder Laie auf den ersten Blick als solche erkennen kann. Ein anderes Problemgerät sind die Ringe, an denen ohne Bärenkräfte nichts geht. Die verschiedenen Hangwaagen, bezeichnenderweise "Christushang" genannt, sind dafür ein Beispiel. Viele schlanke und biegsame Bodenturner kommen mit den Ringen überhaupt nicht zurecht. Der Barren ist vorallem technisch sehr anspruchsvoll, während beim Sprung über einen Tisch Mut und Bewegungsgefühl gefordert ist. (Der Cottbuser Ronny Ziesmer fiel 2004 bei einem kombinierten Doppelsalto rückwärts/vorwärts unglücklich mit dem Kopf auf dem Boden auf und ist seitdem querschnittsgelähmt). Bleibt das Reck, welches als die "Königsdisziplin" gilt. Hier muss die Riesenwelle in verschiedenen Varianten geturnt werden; dazwischen erwartet man von den Besten noch die sogenannten Flugteile oberhalb der Reckstange. Zum Schluss ist ein Mehrfachsalto mit Mehrfach-Twist der angemessene Abgang, wobei man - ohne Wackler - zum sicheren Stand kommen sollte.

Logischerweise muss man für den olympischen Mehrkampf viel mehr trainieren als für ein einzelnes Gerät, wofür es auch Medaillen gibt, die aber in geringerem Ansehen stehen. Der Mehrkampf ist die Krone der turnerischen Disziplinen. In allen Geräten "top" zu sein, verlangt jahrelanges, ausdauerndes Üben.

Nguyen ist der bessere Hambüchen

Da nur zwei Turner je Nation am Mehrkampffinale der Londoner Olpmpiade teilnehmen durften, waren die beiden, bis dahin besten deutschen Turner - Fabian Hambüchen und Philipp Boy - naturgemäss gesetzt. Marcel Nguyen war nur als Drittstärkster eingeordnet. Aber es kam anders. Philipp Boy verletzte sich vor dem Wettkampf beim Einturnen in der Nebenhalle. An seinem Paradegerät, dem Reck, griff er bei einem hochriskanten Flugteil daneben und schlug hart auf dem Boden auf. Er konnte den Wettkampf nicht aufnehmen, sodass Marcel Nguyen in die deutsche Zweiermannschaft kam.

Der Wettkampf lief anfangs nicht gut für Marcel. Am Seitpferd verturnte er die Schere in den Handstand und patzte ausserdem beim Abgang. Damit lag er nach dem ersten Gerät auf dem letzten Platz im Feld der 24 Teilnehmer. Was danach kam war eine grandiose Aufholjagd. An den Ringen turnte er fehlerfrei, beim Sprung machte er nur einen winzigen Sidestep. Als er eine spektakuläre Übung am Reck sicher in den Stand gebracht hatte, wusste er: Das kann etwas werden, eine Medaille ist jetzt drin. Sein Paradegerät, den Barren, turnte er mit Mut und Schwung, sodass nur noch die Bodenübung anstand. Auch hier brachte er die verschiedenen Salti in den sicheren Stand, womit er sich vom 24. auf den 2. Platz vorgearbeitet hatte. Die Silbermedaille im olympischen Mehrkampf gehörte ihm.

Vergleichbares war in der Nachkriegsgeschichte noch keinem deutschen Turner gelungen. Die letzte Mehrkampfmedaille, allerdings in Gold, hatte Alfred Schwarzmann bei der Olympiade 1936 in Berlin gewonnen. Die Goldmedaille in London erhielt der Japaner Kohei Uchimura, der alle sechs Geräte fehlerfrei turnte.

Fabian Hambüchen, der mit grossen Erwartungen in den Wettkampf gegangen war, wurde bitter enttäuscht und war am Ende den Tränen nahe. Auch er hatte einen schweren Patzer am Seitpferd zu beklagen, dazu auch noch am Boden und am Reck, wo er immerhin einmal Weltmeister war. Zum Schluss reichte es bei ihm nur zu Platz 15.  Philipp Boy versuchte es nocheinmal im Mannschaftswettbewerb, aber auch dort griff er mehrfach daneben. Nach vier Jahren intensiven Trainings musste er aus London ohne eine einzige Medaille heimfahren. Noch heute leidet er unter Prellungen am ganzen Körper; die Stürze von seinem Lieblingsgerät, dem Reck, haben bei ihm ein Trauma hinterlassen. Mit 25 Jahren denkt er ernsthaft ans Aufhören und die Wiederaufnahme seiner Bankausbildung. Noch vor Weihnachten will er sich entscheiden.

Zur Benotung der Turnübungen

Die Benotung der turnerischen Übungen geschieht durch zwei Gruppen von Kampfrichtern. Die eine Gruppe wertet den Schwierigkeitsgrad der Übung, die andere ist für die Beurteilung der Ausführung, also die Haltung, zuständig. Der D-Wert (für "Difficulty") und der E-Wert (für "Execution") werden zusammengezählt und bilden den endgültigen Notenwert der vorgeführten Übung.

Die Übungsteile sind in Schwierigkeitsstufen eingeteilt. Am Boden bringt beispielsweise ein Hocksalto 0,1 Punkte, ein gestreckter Salto 0,2 und ein Doppelsalto rückwärts mit Dreifachschraube 0,6 Punkte. Von jeder Übung werden die 10 schwierigsten Übungsteile gewertet und aufaddiert. Des weiteren gibt es am Reck noch Bonifikationen, sofern zwei Höchstschwierigkeiten unmittelbar hintereinander geturnt werden. Der D-Wert ist theoretisch nach oben offen. In London brauchte man für den Olympiasieg im Gerätefinale einen D-Wert von rund 7 Punkten.




Nguyen bei der Hangwaage waagrecht


Hangwaage senkrecht (Blogger W.M. 1956)

Beim E-Wert für die Ausführung gehen die Kampfrichter von der "Traumnote" 10,0 aus. Hiervon werden für schlechte Haltung, technische Mängel, zu kurz gehaltene Kraftteile etc. 0,1 bis o,5 Punkte abgezogen. Stürze vom Gerät oder ein verpatzter Abgang werden sogar mit 1 Punkt Abzug bestraft. Taktisch handelt ein Turner also unklug, wenn er einen eben erst gelernten Übungsteil unsauber turnt. In der Praxis ist es besser, einen Übungsteil erst dann im Wettkampf zu zeigen, wenn man ihn auch voll beherrscht. Nehmen wir an, einem Turner werden wegen verschiedener Haltungsmängel 1,8 Punkte abgezogen, so kommt er auf einen E-Wert von 8,2. Zusammen mit dem D-Wert von 7 (siehe oben) ergibt das also eine Gesamtnote von 15,2 Punkten.

Verstanden?
Wenn nicht, dann trösten Sie sich mit dem alten Turnerspruch:
Wenn Turnen einfach wäre, dann hiesse es Fussball.

Montag, 28. Mai 2012

Der KSC im freien Fall

Die Saison 2011/12 war grottenschlecht; der Karlsruher Sport Club (KSC) spielte miserabel. Und so waren seine Anhänger bereits froh, dass ihr Club wenigstens die sogenannte Relegation erreichte. Als Drittletzter der 2. Bundesliga durfte er sich in zwei Spielen mit dem Drittbesten der 3. Liga, also Jahn Regensburg, messen. Die Fans und alle Experten waren siegessicher, denn beim Hinspiel in Regensburg war Karlsruhe ein 1:1 gelungen. Und in der Liga hatte der KSC die letzten vier Heimspiele ohne Gegentore(!) gewonnen. Der Karlsruher Manager Oliver Kreuzer brachte es in einem Zeitungsinterview auf den Punkt: "Wir gewinnen das Spiel. Aus die Maus. Ich verschwende keinen Gedanken an den Abstieg."

Um so härter war die Pleite am Montag, dem 14. Mai, beim Spiel im heimischen Wildparkstadion. Der KSC musste einem frühen Tor der Regensburger hinterher laufen, führte dann zwar zeitweise nochmal 2:1, aber im Endspurt gelang den auswärtsstarken Domstädtern aus einer Ecke heraus der Ausgleich zum 2:2. Das bedeutete - wegen der doppelt so wertvollen Auswärtstore - den Aufstieg der Regensburger und den Abstieg des KSC in die Regionalliga.

Das konnten eine ultraextreme Gruppe von ca. 200 Fans nicht ertragen. Sie machten Randale, warfen Leuchtmunition und Böller, stürmten das Spielfeld, belagerten stundenlang die Geschäftsstelle und plünderten sowie verwüsteten das Vereinsheim. Selbst 210 Polizeibeamte und 350 Ordner konnten den Mob erst nach zwei Uhr nachts in den Griff kriegen. Karlsruhe war geschockt; die Sanktionen des DFB werden nicht auf sich warten lassen.

Eine durchwachsene Vergangenheit

Der Karlsruher Sport Club war 1952 durch Fusion der beiden Ortsvereine Phönix und Mühlburg entstanden und gehörte zu den spielstärksten Mannschaften der damaligen Oberliga Süd. Mehrfach gewann er den Deutschen Fussballpokal und zwei Mal stand er sogar im Enspiel um die nationale Meisterschaft. So war es kein Wunder, dass der Traditionsverein KSC mit mehr als 6000 Mitgliedern 1963 sogar Gründungsmitglied der Fussballbundesliga wurde. Dort hielt er sich fünf Jahre und erzielte damals sogar zwei Rekordergebnisse, die heute noch Bestand haben: 1964 gewann er bei Eintracht Frankfurt 7:0 und einige Monate später verlor er bei 1860 München mit 0:9.

Danach kam eine wechselvolle Periode, welche dem KSC den Spitznamen "Fahrstuhlmannschaft" eintrug. Zwischen 1967 und 1987 stieg der Club vier Mal in die zweite Liga ab und drei Mal in die erste auf. Mit der Verpflichtung des ehemaligen Mönchengladbacher Spielers Winfried Schäfer als Trainer änderte sich das: zwischen 1987 und 1998 lagen die "goldenen Jahre" des KSC. Der blondgelockte "Winnie" und sein Manager Carl-Heinz Rühl bewirkten die zehn erfolgreichsten Jahre des Vereins. Aus jungen, namenlosen (aber hungrigen) Spielern formte Schäfer eine Mannschaft, die drei Mal den 6. Platz (1993, 1994, 1997) in der 1. Bundesliga erreichte. Auch in den UEFA-Runden schlugen sich die jungen Spieler wacker. Unvergessen ist der 7:0 - Sieg über Valencia, ein Ereignis, das heute noch als "Wunder im Wildpark" bezeichnet wird und dem vierfachen Torschützen Edgar Schmitt den Ehrennahmen "Euro-Eddy" zukommen liess.

Eine ganze Nationalmannschaft hätte man aus (den damaligen) Karlsruher Spielern bestücken können. Ich nenne nur die wichtigsten Namen: Oliver Kahn, Michael Sternkopf, Jens Nowotny, Mehmet Scholl, Thorsten Fink, Michael Tarnat, Oliver Kreuzer u.a.m. Leider hat sie der damalige Präsident Roland Schmider (zumeist) an Bayern München verkauft. Oft zu relativ niedrigem Preisen und dafür teuere Nobodys geholt, die nicht eingeschlagen haben. Im März 1998 wurde Trainer Schäfer entlassen, nach Saisonende war der KSC in die zweite Liga abgestiegen. Aber auch das war noch nicht das Ende. Nach zwei Spielzeiten in der 2. Liga sah sich der KSC im Jahr 2000 in der 3. Liga wieder. Der Trainer, mit dem es nach unten ging, hiess übrigens Jogi Löw, derzeit Coach der deutschen Nationalmannschaft.

Eine triste Gegenwart

Die Fehler, welche damals gemacht wurden, wirken bis zum heutigen Tag nach, insbesondere weil die finanzielle Basis des Clubs zerstört worden war. Roland Schmider, seit 26 Jahren Vereinsvorstand, musste zurücktreten. Gerhard Seiler, ehemals Oberbürgermeister wurde Notvorstand und konnte (mit Hilfe der Stadt) die drohende Insolvenz abwenden. Sein Nachfolger war der Steuerberater Hubert Raase mit Manager Rolf Dohmen. Diesen gelang es, den KSC einigermassen zu konsolidieren, sodass er nochmals zwei Spielzeiten  im Oberhaus mitspielen durfte. Ede Becker war der verdienstvolle Trainer. Danach kam als Vorstand der ex-Bürgermeister der Kleinstadt Bretten - ein begnadeter Populist und Spalter. Mit ihm ging es nicht lange gut: Ingo Wellenreuther, ein Bundestagsabgeordneter der CDU, wurde 2010 in einer stürmischenVersammlung zum Vorstand des KSC gewählt.



Ligazugehörigkeit und Platzierungen des KSC seit 1963


Dem KSC hat es wenig genützt. Er ist trotzdem - siehe oben - in die Regionalliga abgestiegen. Wellenreuther versuchte alles. Vier Trainer sind allein in seiner kurzen Amtszeit in die Wüste geschickt worden: Schupp, Rapolder, Scharinger und Andersen. Der jetzige, Markus Kauczinski, darf bleiben; vielleicht auch, weil man sich einen fünften Rauswurf nicht mehr leisten kann. Von den 33 Spielern des KSC besitzen nur vier einen Vertrag für die 3. Liga. Viel Arbeit für den Manager Kreuzer, der offenbar bleiben soll, aber auch keine Fortüne hatte.

Der KSC war in den letzten Jahren weitgehend ein Söldnerverein. Einige Namen der Spieler deuten darauf hin:  Luis Robles, Bakary Soumare, Elias Charalambous, Giuseppe Aquaro, Ionut Rada, Aleksandre Iaschwili, Delron Buckley, Marco Terrazino, Makhtar Thioune, Boubacar Fofana, Moses Lamidi, Andrei Cristea, Louis Ngawat-Mahop, Klemen Lavric etc. Die Karawane zieht weiter, mit der Region fühlt sich kaum einer verbunden.

Eine dunkle Zukunft

Die finanziellen und personellen Sorgen werden den KSC auch in die Zukunft begleiten. Der Verein hat kein finanzielles Polster. Stattdessen sind alle Kreditlinien der Banken bis zum Limit beansprucht. Darüberhinaus drücken noch Schulden aus der Vergangenheit, insbesondere bei Medienfirmen (Kölmel!), die bedient werden müssen. Für ein Jahr hat der wohlhabende Vizepräsident Günter Pilarsky noch seine private Unterstützung zugesagt; er ist in der Recyclingindustrie tätig und ausserdem Honorarkonsul der Republik Armenien. Der Energiekonzern EnBW (mit Hauptsitz in Karlsruhe) ist als Trikotsponsor schon ausgeschieden.

Der Präsident Ingo Wellenreuther will sich im Herbst nochmals zur Wahl stellen. Man weiss nicht, ob man darüber froh sein soll. Wellenreuther ist der typische Multifunktionär. Im Hauptberuf ist er Bundestagsabgeordneter der CDU in Berlin und dort auch in Ausschüssen tätig. Daneben ist er auch Gemeinderat der Stadt Karlsruhe sowie Parteivorsitzender des Kreises. Hinzu kommen noch eine Reihe von Ehrenämtern. Zum Jahresende steht die Wahl des Oberbürgermeisters der Stadt Karlsruhe an, die für ihn kein Selbstläufer werden wird. Woher soll Wellenreuther die Zeit für den KSC nehmen? Aber vielleicht denkt er an eine Werbekampagne mit Aufklebern aus den Restbeständen seines Vorgängers Roland Schmider.



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