Mittwoch, 9. Juli 2008

Wie gottesgläubig sind Naturwissenschaftler?

"Sire, diese Hypothese brauche ich nicht", sagte Laplace, als Napoleon sich erkundigte, wie der berühmte Mathematiker ein Buch schreiben konnte, ohne Gott zu erwähnen. Demgegenüber ist bekannt, dass Newton, der Entdecker der Schwerkraft, tief religiös war, ebenso wie Kepler - und auch Galilei. Bei Darwin ist das eher zu bezweifeln, denn Evolution und biblische Genesis sind ziemlich diskrepant.

Die Fachzeitschrift "Nature" veröffentlichte 1998 eine Umfrage unter den Mitgliedern der US-National Academy of Science zu deren religiöser Einstellung. Demnach glaubten nur 7 % der Befragten an einen "persönlichen Gott". Das ist fast das genaue Gegenteil vom Profil der amerikanischen Bevölkerung, die mit über 90 % an ein übernatürliches Wesen glauben. Amerikanische Naturwissenschaftler sind also weitaus weniger gottgläubig als der übrige Teil der Bevölkerung.

Ähnlich ist die Situation in Grossbritannien. Bei einer vergleichbaren Umfrage der Royal Society bekannten sich nur 3,3 % der Fellows zu der Aussage: "Ich glaube an einen persönlichen Gott"; 78,8 % lehnten diese These ab. Interessanterweise gab es unter den Biologen noch mehr Atheisten als unter den Physikern.

Erwähnenswert ist auch die Recherche des "Mensa Magazine". ("Mensa" ist eine Vereinigung von Menschen mit hohen Intelligenzquotienten.) Es kam zu dem Ergebnis: "Je höher die Intelligenz oder das Bildungsniveau, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand religiös ist oder irgend eine Form von Glaubensüberzeugung hat".

Obwohl es eine Vielzahl noch lebender Astrophysiker gibt, sind nur ganz wenige ausserhalb ihrer wissenschaftlichen Community bekannt. Stephan Hawking, der britische Kosmologe, ist wohl einer von ihnen. Das hängt zum Teil mit seiner extremen körperlichen Behinderung zusammen, zum Teil auch mit seinen regelmässig erscheinenden populär-wissenschaftlichen Büchern, welche für Laien aber keineswegs so leicht zu lesen sind. Ganz besonders ist sein Name verknüpft mit der Erforschung der esoterisch anmutenden "Schwarzen Löcher", womit er sich seit mehr als dreissig Jahren beschäftigt. Der Nobelpreis konnte ihm noch nicht verliehen werden, denn die experimentelle Verifikation seiner Gedankenwelt ist sehr schwierig.

Hawking wird gelegentlich unterstellt, er sei gottgläubig; das ist aber sicherlich nicht der Fall. Meist bezieht man sich auf sein Buch "Eine kurze Geschichte der Zeit - die Suche nach dem Ursprung des Universums". Es endet mit der dramatischen (oder hinterlistigen?) Formulierung: "...denn dann würden wir Gottes Plan kennen" und wird deshalb ständig falsch interpretiert .
Wer jedoch die sieben weiteren Textstellen in diesem Buch genau liest, bei dem auf "Gott" Bezugzgenommen wird, kann nicht zu der Überzeugung kommen, dass Hawking wirklich religiös im Sinne der Bibel ist.

Der Physiker par excellence ist Albert Einstein. Obwohl bereits 1955 verstorben, scheint ihn heute noch jedes Kind zu kennen - wenn auch nur wenige Erwachsene seine Theorien vom Universum verstehen. Mit der frech herausgestreckten Zunge hat er es sogar bis zur Pop-Ikone geschafft. Zeit seines Lebens und sogar noch danach versuchten die bekannt aggressiven Vertreter der verschiedenen Religionen und Sekten in Nordamerika ihn für sich zu reklamieren. Das hing zum Teil damit zusammen, dass Einstein das Wort "Gott" immer wieder mal in seinen Vorträgen und Publikationen verwendete. Berühmte Einstein-Zitate sind zum Beispiel: "Gott würfelt nicht" oder "Hatte Gott eine Wahl, als er das Universum schuf?", oder "Gott ist raffiniert, aber boshaft ist er nicht".

Übersehen wurde dabei, dass Einstein den Begriff Gott in einem eher metaphorischen, bisweilen poetischen Sinn verwandte. Im Grunde war er Pantheist wie Goethe oder Spinoza, dessen Philosophie er offen bewunderte: "Ich glaube an Spinozas Gott, der sich in der gesetzlichen Harmonie des Seienden offenbart und nicht an einen Gott , der sich mit den Schicksalen und Handlungen der Menschen abgibt."

Trotzden liessen die amerikanischen, werbeerprobten Glaubensfunktionäre nicht locker in ihrem Bemühen, Einstein als einen der Ihren zu gewinnen. Schliesslich riss ihm die Geduld und er tat den weithin publizierten Ausspruch: "Der Gedanke an einen persönlichen Gott ist mir völlig fremd und kommt mir sogar naiv vor." Damit war Einstein bei den allermeisten Amerikanern "unten durch". Ein Rechtsanwalt schrieb ihm, dass er jetzt verstehe, warum Hitler die Juden aus Deutschland vertrieben habe. Und der Gründer einer biblischen Sekte in Oklahoma setzte noch eins drauf, indem er Einstein empfahl: "Gehen Sie dorthin, wo Sie hergekommen sind."

Beenden möchte ich diesen Blog (und damit auch die ganze Blog-Serie über das Universum) mit einem unsterblichen Satz des britischen Mathematikers und Philosophen Bertrand Russel. Als dieser einmal gefragt wurde, was er sagen würde, wenn er nach seinem Tod tatsächlich Gott gegenüber stünde und erklären müsse, warum er nicht an ihn geglaubt habe, lautete seine Antwort:

"Keine ausreichenden Anhaltspunkte, Gott, keine ausreichenden Anhaltspunkte."

2 Kommentare:

  1. Einen Artikel den man nur voll und ganz unterschreiben kann, weiter so.

    Allerdings wäre es beim nächsten Mal wünschenswert, wenn die Absätze, Studien und Zitate Dawkins auch ihm und seinem Buch God Delusion zugeordnet werden würden ;-)

    Gruß,
    Alynn

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  2. Sind die Gotter nicht eine wunderbare Erfindung, die uns eine grossartige Kultur bescherten?
    Ottmar

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