Dienstag, 15. September 2015

In memoriam: Professor Lothar Köster

Kurz vor seinem 93. Geburtstag ist Professor Dr. Lothar Köster am 7. September 2015 in Garching verstorben. Er war 29 Jahre lang - von 1958 bis 1987 - Technischer Direktor des ersten deutschen Forschungsreaktors FRM in München-Garching. Unter Kösters Leitung entstand eine effektive Betriebs- und Organisationsform am FRM, die sowohl die hohen Sicherheitsanforderungen als auch die Wünsche der Forscher nach möglichst viel wissenschaftliche Freiheit erfüllte. Der Verfasser dieses Nachrufs hatte die Ehre und das Vergnügen unter Professor Köster die Anlagen zur Bestrahlungstechnik am FRM mit aufbauen zu dürfen.

Lothar Köster wurde am 9. Oktober 1922 in Essen geboren und studierte Physik an der Universität Heidelberg. Nach seiner Promotion 1953 bei Heinz-Maier-Leibnitz und Walter Bothe ging er für kurze Zeit als Abteilungsleiter zum Isotopenlabor der damaligen Farbenfabrik Bayer. Professor Maier-Leibnitz berief ihn später als Chef  für den Reaktor FRM. Köster gelang es mit einer kleinen, von ihm ausgewählten Mannschaft und mit geringen Kosten alle TÜV-Anforderungen zur Erhöhung der Reaktorleistung von 1 Megawatt auf 2,5 MW und schließlich auf 4 MW zu erfüllen.


Professor Dr. Lothar Köster (1922 - 2015)

Köster organisierte in Garching nicht nur den Betrieb, sondern baute auch selbst große Experimente auf. Zu nennen ist das Schwerkraftrefraktometer, das weltweit die genaueste Bestimmung der Wechselwirkungen zwischen Neutronen und Protonen erlaubte. Weitere Versuche waren die Präzisionsmessungen zu kohärenten Streulängen. Schließlich entstand in den 80er Jahren unter Kösters Leitung die Konverteranlage am FRM, welche die Strahlentherapie von oberflächennahen Tumoren mit schnellen Neutronen ermöglichte. Dazwischen habilitierte er und hielt Physik-Vorlesungen an der Technischen Universität München. Für seine vielfältigen technischen und wissenschaftlichen Leistungen erhielt Lothar Köster 1987 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.

Köster war ein typischer Vertreter der Kriegsgeneration. Noch während des Abiturs wurde er zum sogenannten Reichsarbeitsdienst einberufen und 1942, als 19-jähriger, musste er als Infanterist an die Ostfront. Bei einem Meldegang riss ihn 1943 eine Granate von den Füßen. Zahlreiche Granatsplitter drangen in beide Beine ein und verwundeten ihn lebensgefährlich. Sein ganzes weiteres Leben hatte Köster unter den Spätfolgen dieser Verwundung zu leiden; mit zunehmendem Alter war das Gehen schmerzhaft und eingeschränkt. Kurz vor Kriegsende, im April 1945 wurde er gefangen genommen. Die Bedingungen im Lager waren grausam: die Soldaten lagen wochenlang bei Kälte und Nässe (ohne Unterlage und Decke) auf dem blanken Erdboden.

Als größtes Glück seines Lebens bezeichnete Lothar Köster die Eheschließung mit Frau Dr. Hertha Müller, die er schon seit der Schulzeit kannte. Sie schenkte ihm drei wohlgeratene Kinder (Karin, Dora und Ludwig), die bis zu ihrem Tod im Oktober 2011 ein ständiger Quell der Freude und Kraft waren und fortan den Vater während seiner letzten vier Jahre rührend betreuten.

Professor Lothar Köster hat in seinem langen Leben viel geleistet und viel erlitten. Für seine Angehörigen, seine Freunde und Mitarbeiter wird er in steter Erinnerung bleiben.

Dr. Willy Marth, Karlsruhe

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