Samstag, 10. März 2012

Soll die WAK dicht machen?

Im Hardtwald, zwischen den Gemeinden Linkenheim-Hochstetten und Eggenstein-Leopoldshafen, ist eine vertrackte Situation entstanden. Das Institut Transurane (ITU), eine Forschungseinrichtung der Europäischen Kommission in Brüssel, will einen Lagerbunker für radioaktive Materialien auf dem Gebiet der Gemeinde Linkenheim-Hochstetten errichten lassen. Dessen Bürgermeister Günther Johs, ein strammer Kernenergiegegner, hatte das Projekt über viele Monate hinweg vehement abgelehnt. Als die grün-rote Landesregierung im Frühjahr 2011 (im Gefolge von Fukushima) an die Regierung kam, musste er jedoch zurück rudern. Der Grüne Umweltminister Franz Untersteller hatte sehr bald erkannt, dass die Genehmigungsanträge des ITU auf soliden vertraglichen Fundamenten basierten und nicht so einfach abgelehnt werden konnten. Er liess eine sog. "Mediation" veranstalten, worauf der Bürgermeister Johs seine Einwände gegen den Bunker weitgehend fallen liess. ( Mehr aus Gesichtswahrungsgründen veranlasste man das ITU auf einige Kilo Spaltmaterial zu verzichten, die sie vermutlich ohnehin nicht benötigt hätten.)

Beschlüsse zu Lasten Dritter

Nun konnte man von der Gemeinde Linkenheim-Hochstetten erwarten, dass sie ihren Bebauungsplan so abändern würde, damit der Neubau des ITU-Bunkers auf der Linkenheimer Gemarkung möglich sein wird. Aber Gemeindvorsteher Johs genügte das nicht. Er wollte - so ganz nebenbei - auch noch sicherstellen, dass kein anderes Unternehmen auf seinen Gemeindegrundstücken eine neue kerntechnische Anlage errichtet. Aber ein solches Unternehmen gibt es längst, es ist die WAK GmbH, die ehemalige Fabrik für die Wiederaufarbeitung von Brennelementen. Sie war ca. 20 Jahre ganz erfolgreich in Betrieb und wird seit 1994 zurück gebaut; um das Jahre 2025 herum soll anstelle der vielen Gebäude eine grüne Wiese spriessen. Bürgermeister Johs will darauf (angeblich) ein Kongress- und Wellnesshotel bauen lassen, wobei man ihm nur wünschen kann, dass in diese idyllisch abgelegene Gegend auch Gäste kommen. Die WAK war bei der genannten Mediation kein offizieller Partner; die dortigen Beschlüsse, insbesondere zur künftigen Nichtbebauung, gingen also zu ihren Lasten.

Wie es bei einem Rückbau kerntechnischer Anlagen eben so ist: es entsteht radioaktiver Schrott, zumeist Beton und Stahl. Eigentlich sollte dieser nur schwach strahlende Atommüll im Endlager Konrad bei der niedersächsischen Stadt Salzgitter deponiert werden, aber deren Lagergenehmigung wird seit Jahren aus politischen Gründen blockiert. Frühestens 2019 ist mit der Inbetriebnahme von Schacht Konrad zu rechnen. Frühestens! Vielleicht auch erst 2031 oder 2041, wenn man das Tempo deutscher Genehmigungsverfahren zugrunde legt.



Schacht Konrad mit Fördergerüst

Von Anbeginn an haben die fleissigen WAK-Demonteure ihren Schrott im Zwischenlager des ehemaligen Kernforschungszentrums abgelagert, das nun den schönen Namen KIT -Campus Nord führt. Mehr als 4000 Forscher arbeiten in unmittelbarer Nähe, sind aber - nach behördlicher Feststellung - nicht in ihrer Gesundheit gefährdet. Nun, das Zwischenlager des KIT ist zwar riesig, aber trotzdem schon fast voll; etwa 60.000 Kubikmeter an radioaktiven Stoffen sollen dort lagern.

Hi  Zwischenlager,  hi  Pufferlager

Inzwischen haben die WAK-Ingenieure eine Abfallerhebung gemacht und zu ihren Schrecken festgestellt, dass aller Wahrscheinlichkeit nach der noch freie Platz im oben genannten Zwischenlager nicht ausreicht, um die restlichen Gebäude der WAK zu entsorgen. Die erste Idee war: ein zweites Zwischenlager - oder zumindest ein Pufferlager - muss her. Praktischererweise, um Transporte zu sparen, sollte das Pufferlager auf dem Gelände der WAK platziert werden. Als Bürgermeister Johs dies erfuhr, wurde er abwechselnd blass und rot vor Zorn und stoppte die Baugenehmigung für das arme ITU. Auch bei der atomrechtlichen Genehmigungsbehörde im fernen Stuttgart war man schockiert; der schön eingefädelte Plan mit der Mediation etc. war schiefgelaufen.

Der Chef selbst, Minister Untersteller, war nun gefordert. Als echter Politiker gab er erst mal eine Presseerklärung heraus,  der er als Kernsatz voranstellte: "Es gibt keine konkreten Pläne für den Bau eines Zwischenlagers". Dann nahm er das Tempo aus dem Geschehen, indem er die Ingenieure aufforderte, noch einmal gaaanz gründlich den zukünftigen Lagerbedarf zu berechnen. Das tun sie, nach 5 Wochen, auch heute immer noch. Und dann - ein besonderer Gag - philosophierte er im Internet ausführlich und maximal undeutlich über die "Pufferlagerung" auf dem Gelände der WAK. Dabei würde es sich, so sagte er, " nicht um eine neue kerntechnische Aktivität handeln, welche nach dem Mediationsverfahren ohnehin ausgeschlossen war".

Aha, Zwischenlager nein, Pufferlager vielleicht. Dabei muss man wissen, dass beide Lagerarten im Grunde den gleichen Vorgang umschreiben, nämlich die Aufbewahrung von radioaktiven Abfällen über einen nicht definierten Zeitraum. Bei beiden Lagerformen müssen die Lagerräume und -flächen Mindestanforderungen entsprechen. In der Praxis des allgemeinen Sprachgebrauchs wird der Begriff Pufferlager allerdings meist dann verwendet, wenn eine vergleichsweise kurze Lagerzeit vorgesehen ist.

Die WAK hält im Moment die Option für eine Pufferlagerung ihrer Abfälle offen, da sie nicht sicher ist, ob die Überführung ihrer Abfälle in das Zwischenlager mit dem Rückbau der WAK Schritt halten kann. Die Alternative wäre, den Rückbau der Anlage auf Jahre hinaus auszusetzen und die 500 Mitarbeiter zu entlassen. Diese Zäsur würde den Abriss der WAK mindestens um zehn Jahre verlängern mit entsprechenden Mehrkosten. Will das der Bürgermeister?  Und was hätte er mit seiner Intransigenz gewonnen? Den Hotelbau könnte er sich auf alle Fälle abschminken

Meine Prognose: die Ministerialen werden Schulze Johs weichklopfen.

3 Kommentare:

  1. warum eigentlich nicht?

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  2. @Herr Anonym:
    wer lesen kann, ist klar im Vorteil

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  3. Informationen zur Gemeinderatsitzung in Linkenheim:

    Am Freitag, dem 23.3.2012 um 18:00 Uhr wird der Gemeinderat von Linkenheim-Hochstetten über den Bebauungsplan und damit auch über die Fläche für einen beantragten Neubau des Atomforschungsinstituts "ITU" auf dem Gelände des KIT Campus Nord in einer öffentlichen Sitzung abstimmen. Das ITU ist eines von 7 europ. Atomforschungsinstituten - diese haben als Aufgabe u.a. die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und die Förderung der Akzeptanz der Atomenergie.
    Monatelang war der Neubau in einer vom Land Baden-Württemberg initiierten Mediation öffentlich diskutiert worden. Das ITU will auf der Gemarkung Linkenheim-Hochstetten im Hardtwald nördlich von Karlsruhe ein neues Gebäude bauen und dort unter dem Deckmantel „Sicherheitsforschung“ und trotz des deutschen Atomausstiegs u.a. an Brennstoffen für die nächste Generation von Atomanlagen forschen.
    Die schon vorhandenen Forschungsgebäude des ITU seien zwar „nicht unsicher“, aber man brauche ein „sichereres“ Gebäude (Zitat: Prof. Dr. Fanghänel, ITU-Vertreter bei der Mediation). Der Gemeinderat Linkenheim will einen eigenen Bebauungsplan auf dem Gelände der WAK nach deren Abriss, und keine neuen Atomanlagen.
    Erst nach Abschluss! der Mediation wurde von der WAK angedeutet, dass die vorhandene Lagerkapazität für die radioaktiven Abfälle aus dem Abriss der WAK nicht ausreichen würde und deshalb ein weiteres Atommülllager, genannt "Pufferlager", neu auf Linkenheimer Gelände gebaut werden müsse.
    Zwischenlager sind keine Lösung für das Atomproblem.
    Seit 1990 weiß man, dass die WAK zurückgebaut werden muss - und die Fachleute sind bislang nicht in der Lage gewesen, die Menge des anfallenden radioaktiven Mülls einzuschätzen?

    Plutonium in der Umwelt
    Als Folge der Aktivitäten des ITU werden - nicht nur über die Kamine - radioaktive Substanzen, auch Plutonium in die Umwelt (in genehmigten Mengen) abgegeben. Medizinisch gibt es keine Grenzwerte für Plutonium : Ein einziges Plutoniumteilchen kann Krebs auslösen.

    ITU forscht für Zukunft der Atomkraft.
    Bei der Mediation wurde übrigens von Seiten des ITU immer wieder darauf hingewiesen, dass das ITU auch in weiteren Forschungsgebieten, z.B. Medizin tätig ist.
    Dagegen hat niemand etwas. Dass dem ITU aber vor allem die Forschung für neue, künftige Atomanlagen wichtig ist, war offensichtlich. Prof. Dr. Fanghänel sprach im Falle einer Ablehnung des Neubaus und Behinderung der Forschung für künftige Atomanlagen von einem eventuellen Standortwechsel des ITU ins Ausland, und beschwor einen damit verbundenen Image-, Arbeitsplätze- und Wissensverlust für die Region und Deutschland.

    Für unsere Gesundheit und für die von Hunderten von Generationen nach uns können wir auf das Image eines „Atomforschungsstandortes“ gern verzichten.

    Nicht die weitere Verstrahlung der Erde über viele tausend Jahre darf das Resultat von Forschung sein.
    Die Wissenschaft muss alle Mittel, alles Wissen und alles Können in die Forschung für erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Speichertechnologien einbringen.

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