Sonntag, 22. Februar 2015

Öl im Überfluß?

Mengen und Sorten

Rund 80 Millionen Fass Öl verbraucht die Erdbevölkerung - an jedem Tag!
Mit 2,5 Prozent ist daran die Bundesrepublik Deutschland beteiligt.

Erdöl ist keine seltene Ressource, sondern wird in mehr als drei Dutzend Ländern gefunden. Am häufigsten in Saudi-Arabien, wo jeden Tag um die 11,5 Millionen Barrel (zu je 159 Litern) gefördert werden. Es folgen Russland mit 11,3 Mio b und die USA mit 11,1 Mio b. Die nächste Liga bilden Länder wie der Iran (6 Mio b), China (4,1), Irak (3,4), Venezuela (3,9), Kanada (3,7), Katar (1,9) etc. In Großbritannien (0,9) und Norwegen (1,9) fällt die Förderung seit Jahren ab. Die wichtigste Rohölsorte Europas kommt aus dem Nordseefeld "Brent" zwischen Schottland und Norwegen. Es ist ein "süßes" Öl mit niedrigem Schwefelgehalt, das zudem viele niedrigsiedende Bestandteile besitzt.

Der Rohstoff Erdöl wird in den Raffinerien durch Destillation in Fraktionen mit definierten Siedebereichen überführt. Dabei entstehen höherwertige Produkte, wie Benzin, Diesel, Heizöl und Kerosin. Für die chemische Industrie fällt u.a. Flüssiggas und Naphtha an. Die weitaus meisten Raffinerien befinden sich in den USA, wo täglich 18 Millionen Barrel Erdöl verarbeitet werden. Aus wirtschaftlichen Gründen platziert man die Raffinerien in die Nähe großer Verbrauchszentren. Über große Distanzen wird das Rohöl per Schiff oder Pipelines angeliefert, während die Endprodukte, wie Benzin, nur über kürzere Strecken transportiert werden.

Die Mineralölraffinerie Oberrhein (MiRO) in Karlsruhe ist heute der größte Benzinerzeuger Deutschlands und eine der modernsten Anlagen in Europa. Sie verarbeitet etwa 15 Millionen Tonnen  Rohöl pro Jahr und wird über zwei Pipelines von Marseille und Triest nach Karlsruhe versorgt. Vom Jahr 2000 bis heute wurde in diesen Industriekomplex mehr als eine Milliarde Euro investiert.

Preisbildung und Preispoker

Erdöl ist der wichtigste Energieträger der Weltwirtschaft. Sein Anteil am globalen Energieverbrauch lag im Jahr 2011 bei 33,1 Prozent. Es folgten Kohle (30,3 %), und Erdgas (23,7 %); weit abgeschlagen waren Wasserkraft (6,4 %) und Kernenergie (4,9 %). Im Idealfall wird der Preis über Angebot und Nachfrage ermittelt. Aber das Angebot reduzierte sich in den vergangenen Jahrzehnten recht häufig aufgrund politischer Interventionen, wodurch es zu drastischen Preissprüngen kam. Rückblickend war das der Fall im Jahr 1973 wegen des arabischen Ölboykotts, 1979 wegen der Revolution im Iran, 1990 wegen des irakischen Überfalls auf Kuweit, 2001 wegen des Terrorangriffs auf New York und 2008 wegen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise.


Mit ausschlaggebend für diese Preissprünge nach oben war auch das Ölpreiskartell OPEC, das seit dem Jahr 1965 in Wien dirigiert wird. In der Opec sind - unter der weitgehenden Lenkung durch Saudi-Arabien - etwa ein Dutzend arabischer, afrikanischer und südamerikanischer Staaten zusammengeschlossen, die ca. 40 Prozent der weltweiten Ölförderung kontrollieren. Das Ziel der Opec ist es, die Erdölförderquoten so weit festzulegen, dass der Ölmarkt stabilisiert wird und sichere Gewinne garantiert. Dieses Geschäftsmodell erbrachte jahrelang erkleckliche Profite - bis zum 28. November 2014. Damals kündigte der Ministerrat der Opec bei seiner Sitzung in Wien überraschend an, dass er (trotz fallender Preise) das Ölangebot nicht verknappen werde. Die unmittelbare Folge war der ungebremste Absturz der Ölpreise auf unter 50 US-Dollar für ein Barrel Erdöl der Sorte Brent.

Was war geschehen? Nun, die USA sind, durch die Nutzung des Fracking-Verfahrens, innerhalb weniger Jahre zum größten Ölproduzenten der Welt aufgestiegen. Bei dieser Technologie wird ein Gemisch aus Chemikalien und Wasser in Schiefergestein gepresst, wodurch sich auf relativ einfache und billige Weise große Mengen an Erdöl (und Erdgas) an die Oberfläche holen lassen. Das Angebot des fossilen Öl und Gas hat sich also drastisch erhöht. Da gleichzeitig die Weltwirtschaft immer noch schwächelt, reduziert sich auch die Ölnachfrage, was den Preis nach unten treibt. Die Opec konnte mit ihren Mitteln der Angebotsverknappung nicht mehr ausreichend gegenhalten. Im Gegenteil: die traditionellen Ölländer steigerten sogar ihr Fördervolumen, nur um keine Marktanteile zu verlieren und um ihre Haushalte einigermaßen finanzieren zu können. Inzwischen werden sogar große Tanker gechartert, mit Öl beladen und auf Reede gelegt - in Erwartung besserer Zeiten.

Wie lange diese Ölschwemme noch andauern wird, ist schwer zu sagen. Die Experten halten niedrige Ölpreise noch bis ins Jahr 2016 für wahrscheinlich, möglicherweise werden sie noch länger andauern, denn auch die Iraner und Iraker könnten ihr Ölangebot noch beträchtlich erhöhen. Mehrjährige Niedrigpreise wären dann keine Phantasie mehr. Hinzu kommen die Wirtschaftssanktionen gegen Russland im Gefolge der Krise in der Ukraine, welche in der Tendenz die russischen Ölpreise tief halten. Gesamtwirtschaftlich gesehen ist der Absturz der Ölpreise gleichbedeutend mit einem riesigen globalen Konjunkturprogramm und für viele hochwillkommen.


"Peak-Oil" und andere Theorien.

Wie lange reicht das Öl noch? Eine einfache Frage, auf die bislang niemand eine schlüssige Antwort geben konnte. Der US-Geologe Marion King Hubbert hat es schon in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts probiert. Nach seinen Vorstellungen entsprach die Ausbeutung eines Ölfeldes stets einer Glockenkurve: erst steigt die Förderung an, erreicht dann ein Plateau, worauf sie allmählich wieder auf Null abfällt. Die Peak-Oil-Theorie war geboren. Aber die Wirklichkeit ist weitaus komplizierter. Steigt der Ölpreis durch irgend einen Umstand, so lohnt sich der Aufwand auch in entlegenen Gebieten (der Arktis oder der Tiefsee) nach diesem Rohstoff zu suchen - und schon erhöht sich wiederum das Ölangebot! Die Ausbeute hängt von der Höhe der Investition ab und die Investition orientiert sich an den Gewinnchancen.


Die Ausbeutung eines Ölfeldes mit mehreren Quellen


Nahezu unausrottbar ist die Vorstellung, eine Ölquelle sei wie ein Bassin, das zwangsläufig irgendwann leer sein muss. Richtiger ist das Bild von einem Schwamm, den man immer wieder auspressen kann - und das umso mehr, je besser die Technologie entwickelt ist. Und diese schreitet in Riesenschritten fort: Supercomputer schaffen heute mehr als 2 Billiarden Rechenoperationen in der Sekunde. Sie zeichnen so ein präzises Bild des Untergrunds und spüren selbst versteckte Ölvorkommen auf. Eine Analyse, für die Geologen vor einem Jahrzehnt vier Jahre gebraucht hätten, erledigt der Computer heute in einem Tag.

Neuerdings bekommt die "abiotische Theorie" der Ölentstehung im Erdmantel immer mehr Zulauf. Sie besagt, dass Öl nicht durch biochemische Umwandlungsprozesse pflanzlicher Reste entsteht, sondern auf nicht-biologischem Weg durch hohen Druck aus anorganischem Gestein. Aus diesem Ansatz lässt sich ableiten, dass Öl nicht zwingend endlich ist, sondern ständig neu entsteht. Demnach füllen sich die geleerten Ölfelder immer wieder auf und das Öl geht der Menschheit nicht verloren. Die Erschöpfung eines Ölfeldes wäre nach dieser Theorie ein ebenso unbedeutendes Faktum wie es die Erschöpfung des Fischtrans im vorigen Jahrhundert war.

Ölschwemme und Energiewende

Die gegenwärtige Ölschwemme konterkariert die (deutschen) Bemühungen um eine Energiewende. Elektroautos verlieren an Attraktivität, denn der Strompreis sinkt nicht im gleichen Maße wie der von Diesel oder Benzin. Elektroautos waren bereits in der Hochpreisphase des Öls unwirtschaftlich, sodass die Automobilindustrie laut nach Subventionen gerufen hat.

Alarmiert sind auch die Klimaforscher. Günstige fossile Brennstoffe könnten - ihrer Meinung nach - zwar die Weltwirtschaft beflügeln, würden aber die Emission der Treibhausgase verstärken. Der Weltklimarat (IPCC) hat deshalb gefordert, dass alle Fabriken, Transportmittel und Kraftwerke bis zum Jahr 2050 nur noch insgesamt 1000 Milliarden Tonnen an CO2 ausstoßen dürfen, um den globalen Temperaturausstieg unter 2 Grad Celsius zu halten. Um den Verbrauch auf die angestrebte Höchstmenge zu begrenzen, wäre es notwendig 35 % der (heutigen) Ölreserven , 52 % des Erdgases und volle 88 % der Kohle im Boden zu belassen. Dazu wird es wohl kaum kommen, denn der Ruf des IPCC ist beträchtlich angekratzt, weil er die nunmehr 18 Jahre andauernde Pause in der globalen Erwärmung nicht mit seinen Computerprogrammen erklären kann.

Erdöl wird - insbesondere im Verkehrssektor - wohl noch lange verfügbar sein und auch genutzt werden. Es ist anzunehmen, dass auch unsere Kinder noch Autos mit Benzin- und Dieselmotoren fahren werden.

Vielleicht sogar unsere Enkel.

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