Mittwoch, 11. Februar 2009

Lauter Exzellenzen bei KIT

Es sollte der erste Schritt der Verwaltung in Richtung KIT sein, der Fusion der Universität mit dem Forschungszentrum Karlsruhe (FZK) - und er ging kräftig daneben. Die Uni wollte für ihre Buchhaltung das SAP-System einführen, etwas das bei der FZK schon seit Jahrzehnten gang und gäbe ist. Trotz vorheriger Ankündigung durch Magnifizenz H. stand das System nicht, wie geplant, zum Jahreswechsel zur Verfügung. Die Folgen waren sehr unangenehm für die Lieferanten, deren Rechnungen nicht termingemäss bezahlt werden konnten. Einige scheuten sich nicht, mit dem Gerichtsvollzieher zu drohen. Mittlerweile wird "per Hand" ausgezahlt. Besonders hart betroffen waren die vielen studentischen Mini-Jobber ("HiWis"), die zum Teil sogar noch heute auf ihr karges Entgeld warten. Kein Wunder, dass diese Fehlleistung einer Eliteuniversität in den Zeitungen genüsslich breit getreten wurde.

Das sog. KIT-Gesetz, seit über zwei Jahren in Aussicht gestellt, verzögert sich weiter; es wird nun im Sommer 2009 erwartet. Gleich zwei "Präsidenten" und drei weitere "Vizepräsidenten" sollen das KIT in der Übergangszeit dirigieren (no ladies, übrigens!). Im Endstadium wird das Präsidium einen Präsidenten und fünf Vizepräsidenten umfassen. Ein "Präsidiumsrat" soll das Präsidium beraten. Darunter sind im Organigramm mindestens fünf "Vorstandsbereiche" ausgewiesen, sodass auch noch die Ernennung einer grösseren Anzahl von Vorständen befürchtet werden muss. Ein angemessenes Ambiente für diese Herrschaften ist eine Selbstverständlichkeit; so wird der Präsident nicht ein popeliges Sekretariat haben, nein, er gebietet über ein "Präsidialbüro". Namen für all diese Präsidenten und Vorstände werden natürlich auch schon gehandelt. Stochastische Analysen lassen vermuten, dass die Mitgliedschaft beim "Club der Rotarier" für eine Karriere bei KIT zumindest nicht hinderlich ist.

Die wissenschaftlichen Institute, in denen die wirkliche Arbeit geleistet wird, sacken im KIT-Organigramm auf die dritte Ebene ab. Dort sind auch - auf gerade mal zwei Quadratzentimeter im Organigramm zusammengepresst - die elf Fakultäten samt ihren Dekanen und Studiendekanen zu finden. Möglicherweise ein schwer verdaulicher Brocken für die Präsidentschaft. Die Stimmung bei den Professoren ist nämlich schlecht, seit die Politiker deren Gehälter von C4 auf W3 abgesenkt haben. Auch die radikale Abschaffung ihres "Premienproduktes" - des weltweit hoch geachteten deutschen Diploms - zugunsten der Allerweltstitel Bachelor und Master, haben sie innerlich noch nicht akzeptiert. Mit Mühe konnten die Lehrstuhlinhaber erreichen, dass ihr altehrwürdiges Gremium, der Senat, beibehalten wurde; der Wissenschaftlich-Technische Rat, einst Organ des Forschungszentrums und Beschlussgremium für das F&E-Programm, scheint wohl über die Wupper zu gehen.

Ein Rückblick auf die Titulatur beim oberen Management des Forschungszentrums ist im historischen Verlauf sehr aufschlussreich. Bekanntlich wurde das FZK im Jahre 1956 als "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" gegründet (Bund 90 %, Land 10 % der Anteile). Entsprechend dem GmbH-Gesetz bestellte man zwei "Geschäftsführer", wie es eben das deutsche Handelsgesetzbuch (HGB) für solche Gesellschaften vorsah (§ 6 GmbHG). Das ging 18 Jahre lang in der arbeitsreichen Gründerphase gut, bis im Jahr 1974 eine Umorganisation erfolgte. Nun wurde der in etwa gleiche Arbeitsumfang auf fünf Manager aufgeteilt, die sich fortan "Vorstände" und "Vorstandsvorsitzende" nennen durften. Und das, obwohl die Bezeichnung "Vorstand" im HGB eigentlich nur für die Leitung der - zumeist grösseren - Aktiengesellschaften vorgesehen ist (§ 70 AktG).

In Zukunft wird die GmbH des Forschungszentrum zusammen mit der Uni in eine "Anstalt des öffentlichen Rechts" (AöR) überführt. Das ist trotz des anspruchsvoll klingenden Namens juristisch eine relativ inferiore Vereinigung, die im HGB noch nicht einmal zu finden ist. Nach gängiger Definition ist eine AöR lediglich ein "Bestand an sächlichen und persönlichen Mitteln, welche in der Hand eines Trägers der öffentlichen Verwaltung einem öffentlichen Zweck zu dienen hat."

Wegen dieses niedrigen legalen Ranges genügt bereits eine Satzung zur Festlegung ihres Tätigkeitsgebietes. Und die Chefs einer solchen AöR dürfen sich "Leiter" - oder eben auch "Präsidenten" nennen. Notfalls sogar Kanzler. (Nur nicht Bundeskanzler!) "Neues aus der Anstalt" darf also auch in Zukunft erwartet werden.

Wer im Rahmen einer solchen AöR nicht zumindest Präsident oder Vorstand ist, der ist wahrlich ein armer Hund. Das veranlasste wohl auch den Leiter des "Freundeskreis der FZK" - eine Art akademischer Stammtisch, aber bei weitem nicht so lustig wie meiner auf der Insel Rott - sich den Titel "Präsident" zuzulegen. Und er hat recht. Warum sollte er zurückstehen?

Wenn demnächst ein "Tatort"-Kommissar sich dazu aufschwingt (ranghöchster deutscher) Präsident zu werden.

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