Sonntag, 22. Februar 2009

Energiesparen um jeden Preis?

Wer kennt schon auf Anhieb die geografische Lage Lettlands? Dieses EU-Land liegt im Baltikum zwischen Estland (im Norden) und Litauen (im Süden). Und wer kennt den lettischen Staatsbürger Andries Piebalgs? Er ist Lehrer für Mathematik und Physik - und seit wenigen Jahren allgewaltiger "Energiekommissar" der Europäischen Union mit Sitz in Brüssel. Dort brachte er, kurz vor Weihnachten, eine Richtlinie auf den Weg, die für alle 300 Millionen EU-Bewohner von einschneidender Bedeutung ist.

Der Kommissar hat nämlich verfügt - auf Veranlassung der Mitgliedsstaaten, welche diese "Drecksarbeit" nicht selbst leisten wollten - dass zwischen 2009 und 2012 alle herkömmlichen Glühlampen vom Markt zu nehmen sind, zugunsten sogenannter "Energiesparlampen". Kein Wunder, dass die Siemenstochter Osram dies in einer Presseerklärung sogleich euphorisch begrüsste. Fast vier Milliarden Glühlampen müssen in kurzer Zeit ersetzt werden - welch ein Konjunkturprogramm für die Lampenhersteller! Herkömmliche Birnen sind von nun an als Stromfresser verpönt, weil sie angeblich die CO2-Ziele der EU gefährden würden. Auch, wenn sie zum Stromverbrauch im Haushalt nur magere vier Prozent beitragen. (Von Geschirrspülern und Wäschetrocknern spricht da keiner.) Im zeitlichen Ablauf trifft es zuerst die 100 Watt-Birnen mit milchigem Glas. Glühbirnen mit durchsichtigem Kolben und kleiner Wattzahl dürfen noch bis zum September 2012 verkauft werden.

Als Alternativen zur herkömmlichen Glühbirne werden kompakte fluoreszierende Lampen (CFL) angeboten sowie Halogenstrahler; in der Entwicklung für den Hausgebrauch sind Leuchtdioden. Die Variante CFL ist deutlich teurer als die Halogenlampe, hat aber weitaus geringeren Energieverbrauch und eine längere Lebensdauer. Leuchtdioden, im Automobilbereich und als Taschenlampen bereits verfügbar, liefern zumeist nur kaltes, monochromatisches Licht und sind für Wohnräume noch nicht geeignet.

Und da setzt auch die Kritik bei den Alternativlampen an. Ihnen fehlt der "Warmton", an den sich der Mensch gewöhnt hat, seit Meister Edison vor 125 Jahren den glühenden Kohlefaden unter Luftabschluss zur Beleuchtung erfand. Die heute verwendete Wolframbirne ist ein Symbol häuslicher Behaglichkeit. Dieses Licht, mit starken Rot- und Gelbanteilen ist eine kulturelle Eigenart nördlicher Länder. (Im Mittelmeerraum und in den Tropen werden kältere Lichtfarben mit höheren Blau- und Grünanteilen bevorzugt). Glühlampen geben, wie die Sonne, ein weitgehend kontinuierliches Farbspektrum ab; die Gasentladungslampen und Leuchtstoffröhren - ganz zu schweigen von den LED-Funzeln - eher ein Linienspektrum. Deshalb sehen viele Dinge im Lichte solcher Lampen ziemlich unnatürlich aus.

Aber es existieren noch weitere, eher technische Nachteile. Energiesparlampen brauchen in der Regel einige Minuten bis sie ihre volle Lichtstärke erreichen; selbst gute (und teuere) Modelle leuchten erst nach 25 Sekunden "Aufstartzeit" mit 80 Prozent ihrer Helligkeit. Es ist also nicht zweckmässig sie dort zu benutzen, wo das Licht nur einige Minuten brennen soll, z. B. im Treppenhaus oder vor der Haustür. Auch eignet sich bei weitem nicht jede Sparlampe zum dimmen.

Ein weiteres Manko der Gasentladungslampen ist ihre Quecksilberbelastung. Dieses Material ist nötig, um über Elektronenbeschuss, die Ultraviolettstrahlung zu erzeugen. Nach derzeitigen Beobachtungen landen diese Lampen praktisch samt und sonders im Hausmüll, was damit zusammen hängt, dass kein landesweites Recycling-System existiert. Für zarte Gemüter kommt noch hinzu, dass Sparlampen Elektrosmog produzieren. Dies alles ist für mich Grund genug, meine Schreibtischlampe von Artemide vorerst noch nicht in die Ecke zu stellen, sondern Birnen der gewöhnlichen Bauart zu bunkern - über das Jahr 2012 hinaus.

Aber vielleicht kommt auch alles ganz anders. Ganz überraschend wollen nämlich Teile des EU-Parlaments die Verordnung des Letten Piebalgs nicht akzeptieren. Vielleicht aus der (spät gewonnenen) Überzeugung, dass hier am falschen Ende CO2 gespart wird.

Oder weil die Europawahl für die Abgeordneten im Mai bevorsteht?

2 Kommentare:

  1. Nicht traurig sein! Auch die schönen Öllampen von Nofretete will heute kein Mensch mehr, weil sie übel riechen und das Olivenöl lässt sich besser im Salat verwenden. Es gibt aber auch LED Lampen! Die sind noch nicht verboten.

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  2. Zum Glück sind diese Energie-Spar-Funzeln nicht das einzige, was man unternehmen kann.....In unserem Haus zum Beispiel habe ich vor,selten benutzte Lampen (Keller,Treppenhaus etc.) über Bewegungsmelder zu steuern. Meine Kinder vergessen nämlich fast immer,diese Lampen wieder auszuschalten. Und gekocht wird bei uns nur noch per Induktion und in hochwertigen Töpfen,die extrem gut Wärme speichern - sehr zu empfehlen.
    An der Stelle kann ich mit Stolz verkünden, dass wir in 2009 nur ca. 2800kWh an Strom verbraucht haben - mit 4 Personen im Haushalt!

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