Montag, 6. April 2015

Kunst rezykliert man nicht

Vor kurzem fand wiederum die Karlsruher Kunstmesse, die "art Karlsruhe 2015", statt. Mehr als 50.000 Besucher pilgerten während der fünf Tage zu den weitläufigen Hallen in Rheinstetten, wo 210 Galerien aus elf Ländern ihre Kunstprodukte feilhielten. Auch im zwölften Jahr ihres Bestehens erweist sich diese Kunstausstellung immer noch als Besuchermagnet. Dank Ewald Karl Schrade, dem künstlerischen Leiter der art und ihrem Initiator, ist der Stadt Karlsruhe ein kulturelles Großereignis gleichsam in den Schoß gefallen, das manche mühsam gepäppelte Veranstaltung in den Schatten stellt.

Auch Ihre Hoheit, der Prinz Bernhard von Baden, weilte unter den erlauchten Besuchern. Er kündigte sogar ein Geschenk zum diesjährigen 300. Geburtstag der Stadt Karlsruhe an. Im Sommer will Durchlaucht im Schlossgarten ein Bronzeskulptur enthüllen lassen. Sicherlich wird es kein Reiterstandbild des Stadtgründers Karl-Wilhelm, weiland Markgraf von Baden-Durlach, sein. Dafür wird schon der damit beauftragte Künstler Stefan Strumbel sorgen. Er ist bekennender Liebhaber des Schwarzwaldes und offeriert in seiner Galerie bei der art 15 die berühmte Kirschtorte. Allerdings ist dort diese Süßware, statt mit einer Kirsche, mit einem giftgrünen Totenkopf garniert. Passend dazu serviert der Offenbacher Künstler eine Blutwurst mit Schlagring. Die Karlsruher dürfen sich also auf das angedrohte Geschenk des Prinzen freuen.



Bild: Logo der art Karlsruhe 2015

Die Ministerin zieht vom Leder

Die Eröffnungsrede zur art Karlsruhe 15 hielt diesmal die Staatsministerin Monika Grütters, in der Berliner Bundesregierung zuständig für das Ressort Kultur. Nach einigen philosophischen Einleitungssätzen zum Unterschied von Wert und Preis eines Kunstwerks, leitete sie schnell zu den Kunstverkäufen im Land Nordrhein-Westfalen über. Dort sei "ein Dammbruch" eingeleitet worden, indem man "zwei Warhols verscherbelt" habe. Der NRW- Finanzminister Norbert Walter-Borjans, habe ungeniert die beiden Warhol-Bilder "Triple Elvis" und "Four Marlons"  bei Christie´s in New York für zusammen 151,5 Millionen Dollar versteigern lassen - nur um die Schulden des landeseigenen Casinobetreibers Westspiel decken zu können.

Aber das ist erst der Anfang. Die WestLB-Nachfolgerin Portigon will, mit dem Segen des NRW-Ministers, nun auch ihre hochkarätige Kunstsammlung, die einst von der Landesbank angekauft wurde, zur Tilgung der 25 Milliarden Euro Schulden meistbietend auf den Markt bringen. Diese Sammlung besteht aus 400  altmeisterlichen und modernen Werken. Für den Portigon-Chef gibt es aufgrund der prekären Finanzlage keine Alternative zum Verkauf; die nordrhein-westfälischen Museumsleiter kritisieren das als "Durchlauferhitzer für den Kunstmarkt". Der Finanzminister deckt die Verkäufe in hemdsärmeliger Weise, indem er sagt: "Ein Kunstwerk hat einen Wert, wenn es zu veräussern ist". Basta.

Die weltbekannten Auktionshäuser Sotheby und Christie´s würden jubeln, wenn sich mehr Museen in Deutschland dazu entschließen könnten, einen Teil ihrer Bestände dem Kunstmarkt zu überlassen. Aber dies widerspräche einer ehernen Regel: ein Museum im Besitze des Staates verkauft nichts; seine Kunstwerke werden nicht rezykliert. Museen im Privatbesitz sind von dieser Auflage natürlich entbunden; sie können nach eigenem Gusto kaufen und verkaufen und damit ihre Sammlungen immer wieder thematisch neu arrondieren.

Kunst auf Lager

Während die Besucher durch große Sonderschauen und repräsentative Ausstellungssäle der Museen strömen, lagern zwischen 40 und 90 Prozent der Bestände öffentlicher Sammlungen verborgen in Keller und Depots. Und nicht immer sind die Lagerbedingungen dort ideal; bedeutende Kunstwerke sind gar, wegen ihres fragilen Erhaltungszustands gar nicht mehr ausstellbar. Häufig fehlt es an Personal, Zeit und Geld, die umfangreichen Sammlungsbestände zu erforschen und wertvolle Objekte für eine Präsentation zu restaurieren. Ganz schlimm ist der Zustand bei vielen Sammlungen im Bereich der Musikinstrumente und der Videokunst, wo Fachleute und Abspielgeräte dringend gesucht werden. Auch die Papyrussammlungen, beispielweise an der Universität Heidelberg, sollten intensiver betreut werden.




Bild 2: Gestapelte Kunst (Foto: Silke Lachmund)


Mittlerweile hat sich die "VolkswagenStiftung" der Depotprobleme angenommen und unterstützt die Museen dabei finanziell. Zum Beispiel die Staatsgalerie in Stuttgart, wo bislang wesentliche Werke des Konzeptkünstlers Marcel Duchamp (1887 - 1968) der Aufarbeitung harren. Die seit Mitte der 1970er Jahre kontinuierlich erweiterte grafische Sammlung zählt mit 300 Werken zu den größten im deutschsprachigen Bereich und wurde 1993 durch den Erwerb des Serge-Stauffer-Archivs um nochmals 500 Werke erweitert. Die Erforschung des Bestands, eine anschließende Ausstellung und begleitende wissenschaftliche Publikationen sollen das Vorhaben von VW abrunden.

Inzwischen gibt es sogar mit ART KNOX ein privatwirtschaftliches Unternehmen, welches sich mit der Lagerung von Kunst befasst. Es wirbt als Europas erstes Kunstlager mit einer Stickstofflöschanlage, mit EDV-gestützten Brandmeldern, mit zertifiziertem Versicherungsschutz und vielem anderen mehr.

Wie sagte doch Monika Grütters bei ihrem Besuch in Karlsruhe:
"Mir ist die Unterscheidung zwischen dem Wert eines Kunstwerks und seinem Preis ganz wichtig.
Denn: Ein Maler ist ein Mann der malt, was er verkauft. Ein Künstler hingegen ist ein Mann, der verkauft, was er malt".
Womit sie nur Pablo Picasso zitiert hat.

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